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Ein Eigenheimen im Speckgürtel. Längst nicht mehr für jeden erschwinglich.

© DPA

Wohnungsmarkt Berlin: Die Hauptstadt verjagt ihre Mieter

Doch das Umland ist nicht immer eine Alternative. Die Angebotspreise zeigen kräftige Steigerungen.

Der Preiswahnsinn in Metropolen wie Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Hamburg, München und Stuttgart treibt immer mehr Menschen in die Städte der unmittelbaren Umgebung. Dies jedenfalls geht aus einer aktuellen Marktpreisanalyse für 2018 im Vergleich zu 2017 vor, die der Immobiliendienstleister McMakler erarbeitet hat. Demzufolge boomt die Nachfrage in den Mittel- und Kleinstädten. Die C- und D-Standorte sind beliebt, werden aber auch immer teurer. Die Analyse zeigt, dass Immobilienkäufer in kleinen, regionalen Städten teilweise tiefer in die Tasche greifen müssen als in einigen Großstädten.

Die Datenerhebung basiert auf einer Auswertung inserierter Kaufangebote für Häuser und Wohnungen (nur Bestandsbauten, Baujahr bis 2016) verschiedener Immobilienportale für 2017 und 2018.

Die Ausweichbewegung vollzieht sich nicht mehr nur in die Speckgürtel der Metropolen. Wir beobachten ein wachsendes Interesse an Immobilien in den kleineren und regionalen Städten in unmittelbarer Umgebung. Hier muss dann aber die Infrastruktur stimmen, gute Autobahnnetze oder Anbindungen an Regionalzüge spielen eine große Rolle. In der Regel arbeiten die Kaufinteressenten weiter in der Großstadt und pendeln. Zusätzlicher Stress, den aber immer mehr Menschen auf sich nehmen und nehmen müssen“, sagt Lukas Pieczonka, Gründer und Geschäftsführer von McMakler.

30 Minuten Fahrzeit

Wer ein Haus rund um die Bundeshauptstadt kaufen möchte, sollte sich die Gemeinden also genauer anschauen. Die Preise unterscheiden sich teils erheblich, selbst bei Umlandkommunen mit ähnlicher Distanz zu Berlin. Nach einer zweiten Untersuchung – in diesem Falle vom Immobilienportal immowelt.de. – kann im Vergleich zum Stadtgebiet deutlich sparen, wer zweimal am Tag rund 30 Minuten Fahrtzeit in Kauf nimmt. Ein Haus in der Gemeinde Mühlenbecker Land – am nördlichen Rand Berlins – kostet im Mittel 300 000 Euro. Das seien dann vierzig Prozent weniger als vergleichbare Immobilien in Berlin, stellt Immowelt fest.

Wer jedoch ein Haus in Kleinmachnow erwerben will, das auch 30 Minuten entfernt von der Hauptstadt liegt, zahlt mit 697 000 Euro sogar rund 41 Prozent mehr als im Berliner Stadtgebiet. Der Villenort in bester Lage zwischen Berlin und Potsdam und in unmittelbarer Nähe zum Wannsee hat sich seit der Wiedervereinigung zu einem der beliebtesten Immobilienspots im Berliner Umland entwickelt. In beiden Fällen sind die Preise in den vergangenen fünf Jahren etwa um die Hälfte gestiegen.

Teure Gemeinden sind hauptsächlich im Südwesten Berlins zu finden, die günstigen eher im Norden und im Osten: Die Preise für Häuser in der brandenburgischen Landeshauptstadt Potsdam rangieren im Mittel bei 529 000 Euro. In Potsdam gab es 2018 auch mit 8,7 Prozent auf 3629 Euro pro Quadratmeter Angebotspreis die höchste Preissteigerung bei den C-Standorten. Zum eher teureren Pflaster gehört mit einem mittleren Hauspreis von 425 000 Euro auch Falkensee, das in der 50-Minuten-Zone liegt. Käufer sparen dort nur 14 Prozent gegenüber Berlin. In der Gemeinde Velten, die wie Potsdam in der 40-Minuten-Zone liegt, werden im Schnitt rund 255 000 Euro für Häuser aufgerufen.

Die meisten Pendler kommen täglich aus Potsdam und Falkensee in die Bundeshauptstadt. Doch auch Bernau, Blankenfelde-Mahlow und Oranienburg sind bei Pendlern besonders beliebt und im Gegensatz zu den beiden Top-Pendel-Städten ist das Einsparpotenzial dort deutlich höher. Häuser in Oranienburg kosten im Median rund 271 000 Euro und somit 45 Prozent weniger als in Berlin. In Bernau und Blankenfelde-Mahlow liegen die Preise bei 320 000 Euro und somit immer noch 35 Prozent unter denen in Berlin.

Billig war einmal

Betreiber der Immobilienportale im Internet rechnen damit, dass die Quadratmeterkaufpreise bei Eigentumswohnungen 2020 in Berlin über 4000 Euro liegen werden. Die Hauptstadt ist nach Einschätzung der Deutschen Bank (Deutschland-Monitor: Ausblick auf den deutschen Immobilienmarkt 2019) unter den aktuellen Vorzeichen eines Superzyklus auf dem Weg „zu einer der teuersten deutschen und auch europäischen Metropolen (zu) werden“.

Der Zyklus könnte aufgrund der niedrigen Zinsen und der Arbeitsmarktdaten angesichts des Missverhältnisses von Baugenehmigungen und Fertigstellungen „bis weit über das Jahr 2020 andauern“. Die Stadt erwartet bis zum Jahr 2030 einen Zuwachs von mehr als 260 000 Einwohnern. Die Deutsche Bank sieht Leipzig („Klein-Berlin“) aufgrund der relativ guten Anbindung auf der Gewinnerstraße. Die Stadt dürfte mit Wohnungspreisen im mittleren Preissegment bei nahezu 2000 Euro (3000 Euro im oberen Preissegment) aufgrund seiner Standortvorteile – siebzig Bahnminuten von Berlin entfernt – der derzeit interessanteste Immobilienmarkt in Ostdeutschland sein.

Vergleicht man die im Jahr 2018 tatsächlich bezahlten Preise für Wohnungen und Häuser mit denen vor fünf Jahren, so sieht man, dass Käufer in Berlin im Schnitt fast 50 Prozent weniger für ihr Eigenheim gezahlt haben. Das gilt auch für das Umland, so Finanzdienstleister Dr. Klein in einer Mitteilung: Brandenburger gaben fünf Jahre zuvor sogar rund 70 Prozent weniger für Wohnungen aus.

„Berlin wurde lange unterschätzt und Immobilien waren günstig. Nun boomt die Hauptstadt und zieht andere mit: zuerst Potsdam und mittlerweile viele weitere Gebiete in Brandenburg“, sagt André Greschkowiak, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Potsdam.

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