zum Hauptinhalt
Der Bundestag hatte vor mehr als zehn Jahren beschlossen, auf der Westseite des Berliner Schlosses das Einheits- und Freiheitsdenkmal zu errichten.

© AFP

Denkmal der Deutschen Einheit: Hohe Betriebskosten für die Einheitswippe

Bund rechnet mit mindestens 200 000 Euro im Jahr, das geht aus der aktuellen Kostenvorlage der Kulturstaatsministerin Monika Grütters an den Haushaltsausschuss hervor.

Die Kosten zur Errichtung des Freiheits- und Einheitsdenkmals in Berlin sind gegenüber der Unterrichtung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages im April 2016 von 14,583 Millionen Euro auf nunmehr 17,120 Millionen Euro gestiegen. Zugleich rechnet die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), mit jährlichen Betriebskosten in Höhe von „ca. 150 000 Euro“ sowie Unterhaltungskosten von jährlich rund 40 000 Euro. Dies geht aus dem Finanzierungskonzept Grütters für den nächsten Bundeshaushalt hervor, das dem Tagesspiegel vorliegt. Danach betragen die Nebenkosten für das Grundstück 325 000 Euro. Die Kostenmiete für das Sockelgrundstück, das dem Land Berlin gehört, wurde von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) auf der Grundlage der Grunderwerbskosten mit rund 7000 Euro pro Jahr kalkuliert.

Der Vertrag zwischen Bund und dem Land Berlin über das Grundstück wurde indessen noch nicht unterzeichnet – infolgedessen hat sich der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Bereinigungssitzung zum Haushaltsgesetz in dieser Woche noch nicht erneut mit dem Projekt beschäftigt: Der Bau hängt weiterhin in der Luft. Das umstrittene Projekt stand am vergangenen Mittwoch nicht auf der Tagesordnung.

Der Deutsche Bundestag hatte sich am 1. Juni 2017 nach mehrfachem Hin und Her in einem dritten Plenumsbeschluss für das schon 2007 beschlossene Projekt am Standort vor dem Berliner Schloss ausgesprochen. Es solle so rasch als möglich realisiert werden. Doch gegen das Denkmal in Form einer begehbaren Waage („Bürger in Bewegung“) gibt es in der Bevölkerung und auch im Deutschen Bundestag Vorbehalte – wegen der Kosten, wegen des Standortes und wegen der Gestaltung. Der Entwurf von Milla & Partner soll an die friedliche Revolution in der DDR und die Wiedergewinnung der Deutschen Einheit erinnern.

Der Koalitionsvertrag nennt auch Leipzig als Standort des Denkmals

Wie aus der Grütters-Vorlage weiter hervorgeht, wird das in Leipzig vorgesehene Einheitsdenkmal haushaltstechnisch erst einmal auf Eis gelegt. Im aktuellen Haushaltsansatz sind dafür nunmehr 355 000 Euro als Gesamtausgaben vorgesehen, die bereits („bis 2016“) verausgabt wurden. Dabei dürfte es sich um Planungskosten handeln. Knapp 80 Prozent der Leipziger und 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger bundesweit befürworten einer aktuellen repräsentativen Umfrage zufolge das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal für die Bundesrepublik am Standort Leipzig.

Das Hitschfeld Büro für strategische Beratung GmbH hatte im Auftrag der Stiftung Friedliche Revolution in der Messestadt einen repräsentativen Querschnitt der Leipziger Bevölkerung und zum Vergleich einen repräsentativen Querschnitt der Gesamtbevölkerung der Bundesrepublik befragt.

Zuvor war die Stiftung Friedliche Revolution vom Stadtrat der Stadt Leipzig beauftragt worden, einen Verfahrensvorschlag zur Bürgerbeteiligung für das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig zu erarbeiten, dessen Realisierung – wie die der „Einheitswippe“ in Berlin – noch in der Ferne liegt. Zwar nennt der Koalitionsvertrag auch Leipzig als Standort eines Freiheits- und Einheitsdenkmals, „um an die positiven Momente deutscher Demokratiegeschichte zu erinnern“, wie es in der Grütters-Vorlage heißt. Indes: „Ein konkreter Vorschlag für ein Denkmal in Leipzig liegt allerdings gegenwärtig nicht vor.“ Die Stadt beschäftigt sich gemeinsam mit der Stiftung Friedliche Revolution noch mit Verfahrensfragen.

Man muss davon ausgehen, dass keines der beiden Projekte zum 30. Jahrestag des Mauerfalls am 9. November 2019 fertiggestellt sein wird.

Der Bund übernimmt Mehrkosten für die Sockelsanierung

Zum Stand der Verhandlungen zwischen Bund und Land zum Berliner Projekt schreibt Grütters, das „Freizeichnungsverfahren“ sei „eingeleitet“ worden. Ein Gremienvorbehalt seitens des Landes Berlin sei von der Senatsverwaltung für Finanzen am 12. Juni für gegenstandslos erklärt worden. Aus Grütters Sicht sind nunmehr „sämtliche nach derzeitigem Planungsstand erforderlichen Errichtungskosten für das Denkmal im Wege von Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen etaisiert.“ Auch die Frage der Erschließungskosten für eine barrierefreie Rampe im öffentlichen Straßenland sei inzwischen geklärt, „da der betreffende Grundstücksanteil beim Kauf durch Bima miterworben wird“.

Die steigenden Gesamtkosten begründet die Beauftragte für Kultur und Medien zum einen mit Kosten für die Wiederaufnahme des Projekts und „Generalübernehmer- und Generalplanzuschlägen“. Zum anderen übernimmt der Bund Mehrkosten für die Sockelsanierung in Höhe von 940 000 Euro. Das Land Berlin habe sich im Gegenzug bereit erklärt, für die Neuverlegung der eingelagerten Mosaike des Denkmalsockels an einem Ersatzstandort Sorge zu tragen.

Die "Einheitswippe" könnte auch vor dem Reichstag stehen

Ob der Standort der „Einheitswippe“ vor dem Berliner Schloss indessen der richtige ist, bezweifelt öffentlich – neben dem Verein Berliner Historische Mitte – auch Hartmut Ebbing, kulturpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Der gebürtige Berliner findet vor allem, dass das Denkmal den Sichtachsen des wiederaufgebauten Stadtschlosses im Wege steht. Einen Fraktionsbeschluss gibt es zu dieser Frage allerdings noch nicht. Darauf verwies anlässlich einer Begehung der Baustelle des Humboldt-Forums am vergangenen Mittwoch auf Anfrage auch FDP-Generalsekretärin Nicola Beer.

Die Berliner SPD-Politikerin und Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Eva Högl, befürwortet eine neue Debatte über den Standort, der auch vor dem Reichstag sein könnte. In ihrer Partei gibt es auch Kräfte, die das Freiheits- und Einheitsdenkmal lieber in der sächsischen Messestadt beheimatet sehen würden. Wie zum Beispiel der in Leipzig geborene Baustaatssekretär im Innenministerium, Gunther Adler.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false