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Isabella Heuser ist Hochschulprofessorin und Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité.

© Thilo Rckeis HF

Glücksspiel: "Dieses wohlige Gefühl möchte er öfters haben"

In Deutschland wird weniger gezockt. Wenn aber jemand süchtig ist, kann das schlimme Folgen für ihn haben. Ein Experteninterview

Frau Heuser, warum wird jemand spielsüchtig?

Die Gründe können ganz verschiedene sein. Manche Menschen haben eine höhere Vulnerabilität und sind gefährdeter als andere, abhängig zu werden. Der Auslöser ist dann meist das Spiel selbst. Vielleicht gewinnt jemand eine Partie. Das setzt eine Ausschüttung des Hormons "Dopamin" in Gang, das sogenannte "Glückshormon", sein inneres Belohnungssystem wird aktiviert. Dieses angenehme, wohlige Gefühl, möchte er öfters haben. Er spielt wieder, will die Klingeltöne hören und sich gut fühlen - und so nimmt sein Verlangen stetig zu. Es wird konditioniert.

Was können die Folgen sein?

Bei Menschen, die nicht außerordentlich reich sind, folgt bei einer schweren Sucht oft der soziale Abstieg. Der Abhängige verliert Geld, leiht sich etwas, verschuldet sich. Die Konsequenzen gehen hin zur Beschaffungskriminalität, zu Überfällen und Betrug. Außerdem isoliert sich der Betroffene.

Wie kann eine Spielsucht behandelt werden?

In Deutschland gibt es zwei Spezialkliniken. Letztlich geht es darum, sein Verlangen managen zu können. Es gibt keinen Trick, keine einfache Methode. Ein Abhängiger muss Spielhallen, Casinos, Automaten erst einmal meiden, wie ein Alkoholiker eine Bar meiden muss. Mit der Zeit geht es darum, den Reizen, die es gibt, zu widerstehen. Eine Sucht hat nichts mit einem schwachen, willenlosen Charakter zu tun. Wir erinnern uns nur gern an angenehme Erlebnisse zurück - und das Suchtgedächtnis ist ziemlich stark. Was zusätzlich hilft, sind Gruppensitzungen und Verhaltenstherapien.

Und was wäre sinnvoll, damit es gar nicht soweit kommt?

Nehmen wir einmal Berlin. Ich verstehe nicht, warum es hier so viele Spielautomaten und Spielhallen gibt. Die sind zum Teil so eng aneinander gebaut. Und gerade in problematischen Bezirken wie Neukölln gibt es besonders viele. Das ist heikel. Ich habe kein Verständnis dafür, dass die Politik das zulässt.

Isabella Heuser ist Hochschulprofessorin und Direktorin der Klinik und Hochschulambulanz für Psychiatrie und Psychotherapie an der Charité.

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