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Einkaufen wird teurer: Das Ifo-Institut rechnet mit einem Preisanstieg von sieben Prozent in diesem Jahr.

© Fabian Sommer/dpa

Getreidepreis steigt um 30 Prozent: Lebensmittel werden zum Inflationstreiber

Die Erzeugerpreise schnellen in die Höhe, Lebensmittel werden deutlich teurer. Das trifft vor allem einkommensschwache Haushalte.

Lebensmittel dürften in Deutschland bald noch teurer und damit zu einem der großen Inflationstreiber werden. Neben steigenden Kosten für Energie und Personal verteuern nun auch Preissteigerungen für Getreide, Öl und andere landwirtschaftliche Erzeugnisse die Lebensmittelproduktion.

Im Jahresschnitt konnten die Erzeuger im vergangenen Jahr 8,8 Prozent höhere Preise als 2020 durchsetzen, teilte das Statistische Bundesamt am Montag mit. Während der Preisanstieg bei tierischen Produkten im Jahresschnitt mit einem Plus von 2,8 Prozent eher übersichtlich ausfiel, wurden pflanzliche Erzeugnisse um 18,3 Prozent teurer. Raps, das als Speiseöl, Futtermittel und Treibstoff verwendet werden kann, verteuerte sich um 32,8 Prozent. Auch der Getreidepreis schnellte angesichts steigender Nachfrage und geringerer Erntemengen um 29,3 Prozent in die Höhe.

Weniger geerntet: Der Getreidepreis ist in die Höhe geschnellt.
Weniger geerntet: Der Getreidepreis ist in die Höhe geschnellt.

© Christoph Schmidt/dpa

Das sind die Preistreiber

Dass die Preise im Supermarkt schon bald weiter steigen dürften, liegt daran, dass es vor allem zum Jahresende noch einmal einen kräftigen Preisschub gegeben hat. Im Dezember kletterten die Erzeugerpreise landwirtschaftlicher Produkte verglichen mit dem Vorjahresmonat um 22,1 Prozent, das war der höchste Anstieg gegenüber einem Vorjahresmonat seit Juli 2011, betonten die Statistiker. Pflanzliche Erzeugnisse legten um 28,8 Prozent zu, Raps war 68,2 Prozent teurer. Aber auch für tierische Produkte zogen im Dezember die Preise an. Binnen Jahresfrist stiegen die Preise um 17,4 Prozent. Erstmals seit April 2020 konnten sich auch die Schweinemäster über höhere Preise (plus 4,5 Prozent) freuen. Im Jahresmittel waren die Schweinepreise dagegen um gut 14 Prozent gesunken, während Rindfleisch um 16,7 Prozent und Milch um rund zehn Prozent teurer wurden.

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Bauern sind trotzdem nicht glücklich

Grund zur Freude sehen die Bauern trotz der gestiegenen Erzeugerpreise nicht. „Die etwas höheren Erzeugerpreise werden durch den massiven Anstieg der Betriebsmittelkosten für Energie, Futter und Dünger aufgefressen“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied dem Tagesspiegel. Vor allem die Schweinehalter befänden sich nach wie vor in „einer existentiellen Krise“ und machten seit geraumer Zeit mit jedem verkauften Schwein und jedem verkauften Ferkel „schmerzhafte Verluste“.

Alles wird teurer: Energie, Rohstoffe und Lohnkosten - das dürfte sich auch im Brötchenpreis niederschlagen.
Alles wird teurer: Energie, Rohstoffe und Lohnkosten - das dürfte sich auch im Brötchenpreis niederschlagen.

© Kai-Uwe Heinrich

Die Erzeugerpreise sind nur ein Teil der Kostenkalkulation. Im Bäckerhandwerk entfallen etwa 50 Prozent der Kosten auf Ausgaben für das Personal, heißt es beim Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks. Hier macht sich neben der teuren Energie und dem Preisanstieg für das Getreide besonders der höhere Mindestlohn bemerkbar, Brot und Brötchen dürften daher 2022 wohl teurer werden.

Ifo-Institut: Lebensmittel werden Inflationstreiber

Auch der Konjunkturexperte des Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser, rechnet mit einer Verteuerung bei Lebensmitteln. Die Weltmarktpreise für Nahrungs- und Genussmittel seien seit dem Spätsommer 2020 um 50 Prozent gestiegen, betont er. Diesen Kostenschub hätten die Erzeuger seit spätestens Jahresbeginn 2021 an den Handel weitergegeben. Einer Ifo-Umfrage zufolge planen in den kommenden Monaten mehr als zwei Drittel der Nahrungsmittelhersteller weitere Preisanhebungen. Wollmershäuser schätzt, dass die Preise für Nahrungsmittel in diesem Jahr um etwa sieben Prozent steigen und damit stärker als die Gesamtinflation, die das Ifo-Institut bei vier Prozent sieht. „Somit dürften die Nahrungsmittelpreise nach unserer Prognose und unter der Annahme, dass die Weltmarktpreise für Nahrungs- und Genussmittel nicht sinken, in diesem Jahr ein maßgeblicher Inflationstreiber werden“, prognostiziert der Konjunkturexperte.

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Auch die Ernährungsbranche erwartet Preiserhöhungen

Auch die Ernährungsindustrie stimmt die Verbraucher auf steigende Preise ein. In einer Blitzumfrage der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) sagen 77 Prozent der Befragten eine Steigerung der Verkaufspreise in diesem Jahr voraus. „97 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass der Kostendruck 2022 ansteigen wird“, betont ein BVE-Sprecher. Allerdings basiert die Befragung nur auf 71 Antworten, ist also eher als Stimmungsbild zu verstehen. BVE-Chef Christian von Boetticher warnt vor der „größten Rohstoffkrise seit dem zweiten. Weltkrieg“. „Viele Dinge, die wir gewohnt sind – ob das Verpackung oder Logistik ist oder ganz normale Rohstoffe, die wir an den Weltmärkten einkaufen müssen –, sind nur zu einem sehr hohen Preis verfügbar oder überhaupt nicht verfügbar“, sagte von Boetticher kürzlich.

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Sozialverbände fordern Entlastungen

Wenn Lebensmittel teurer werden, trifft das Haushalte mit schmalem Budget überdurchchnittlich hart. Denn sie geben einen vergleichweise großen Teil ihres Einkommens für Essen, Wohnen und Strom aus. „Die Kosten für Ernährung, Strom und Heizung steigen gerade alle gleichzeitig. Menschen mit niedrigen Einkommen und in Grundsicherung müssen daher sofort entlastet werden“, sagte die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, dem Tagesspiegel.

Bentele fordert einen Heizkostenzuschlag, einen Kinderzuschuss und die Aufstockung der Grundsicherung. „Die Regierung muss die Regelsätze für Hartz IV und in der Grundsicherung sofort erhöhen“, sagte Bentele „Die knapp fünf Euro für Lebensmittel reichen hinten und vorne nicht. Die Mehrwertsteuer auf frische und gesunde Lebensmittel muss gesenkt werden, um Menschen mit niedrigen Einkommen und Familien finanziell zu entlasten."

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