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Geflüchtete in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Peine.

© Moritz Frankenberg/dpa

Exklusiv

Bund-Länder-Streit um Kostenteilung: Geflüchtete sofort bei den Jobcentern?

Der Bund ist offenbar bereit, Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine direkt in die Grundsicherung zu übernehmen. Aber er stellt Bedingungen.

Der Bund ist offenkundig bereit, den Ländern und Kommunen bei der Kostenteilung für die Ukraine-Flüchtlinge weiter entgegenzukommen. Nach Informationen des Tagesspiegels hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) den Ministerpräsidenten am Freitag in Aussicht gestellt, diese Gruppe von Flüchtlingen nicht erst nach drei Monaten (so der bisherige Zwischenstand), sondern sofort in die Grundsicherung zu übernehmen.

Damit würden Ukraine-Flüchtlinge, die sich bei deutschen Behörden melden, nicht mehr nach dem Asylbewerberleistungsgesetz behandelt, sondern nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuches II. Damit hätten sie auch mehr Möglichkeiten, schnell Integrationsangebote zu nutzen, auch mit Blick auf den Arbeitsmarkt.

Erwerbsfähige Geflüchtete aus der Ukraine (bisher weitgehend Frauen) kämen damit in die Obhut der Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit und nicht der kommunalen Sozialbehörden oder der Länder, wie beim Asylbewerberleistungsgesetz. Sie kämen dann auch in den Genuss etwas höherer Geldleistungen. Hintergrund dürfte sein, dass viele der nun Geflüchteten gut qualifiziert sind und am Arbeitsmarkt relativ schnell Chancen haben.

Bund würde Kosten weitgehend allein tragen

Für die finanzielle Frage würde das bedeuten, dass der Bund nicht erst nach drei Monaten den großen Teil der Kosten übernimmt, sondern sofort. Das würde Länder und Kommunen entlasten. Der Bund ist weiterhin bereit, den Kommunen bei den Kosten der Unterkunft 75 Prozent zu erstatten, nicht aber in voller Höhe, wie von den Ländern gefordert.

Allerdings ist das Angebot der Bundesseite mit einer Bedingung verbunden: Es soll nur für Ukraine-Flüchtlinge gelten, nicht aber für andere Flüchtlingsgruppen. Die Länder die Frage der Kostenteilung bei den Kriegsflüchtlingen mit Forderungen verbunden, auch zu einer dauerhaften Lösung für weitere Flüchtlinge jetzt und in Zukunft zu kommen.

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Hier hat der Bund nach Tagesspiegel-Informationen aber bisher nicht nachgegeben. Lindner teilt offenbar die Haltung der Länder, die bei einem generellen Wechsel der Flüchtlinge in die Grundsicherung einen „Pull-Effekt“ befürchten. Offenbar sollen nun beide Fragen getrennt werden – das Vorgehen bei der akuten Herausforderung durch den Ukraine-Krieg und die Vereinbarung über eine generelle Regelung.

Länder haben weitergehende Vorstellungen

Wie weit die Länder auf die Offerte des Bundes eingehen werden, ist noch unklar. Allerdings scheint der Bund nicht bereit zu sein, über die Ukraine-Flüchtlinge hinaus schon zur Runde von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit der Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Donnerstag weitere Zugeständnisse zu machen. Dabei geht es vor allem um die Weiterzahlung einer monatlichen Integrationspauschale an die Länder. Die war 2015 im Rahmen der Vereinbarungen zum Umgang mit den Geflüchteten aus Syrien eingeführt worden, in Höhe von 670 Euro pro Kopf. Diese Regelung lief allerdings 2021 aus.

[Lesen Sie dazu auf Tagesspiegel Plus: Geflüchtete erster und zweiter Klasse?]

Länder und Kommunen dringen seither auf eine Anschlussregelung. Dafür ist die Bundesregierung zwar offen – aber eben nicht ohne vorherige Zustimmung zu der Sonderregelung für die Ukraine-Flüchtlinge. Ob es danach zu einer ähnlich gelagerten Lösung für alle Geflüchteten kommt, ist unklar. Dieser generelle „Systemwechsel“ vom Asylbewerberleistungsgesetz in die Grundsicherung ist weiterhin umstritten. Zu den noch zu klärenden Fragen gehört die, wie die Kosten geteilt werden für die hohe Zahl der Kinder und Jugendlichen aus der Ukraine, die nun in Kitas und Schulen betreut werden. Etwa die Hälfte der mittlerweile nahezu 300000 registrierten Ankömmlinge aus der Ukraine sind unter 18 Jahre alt. Dazu kommen auch Ältere und Menschen mit Behinderungen

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