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Eine Industrieanlage am Standort in Godorf im Rheinland.

© IMAGO/Future Image/ C. Hardt

Update

Russland droht mit Vergeltung: G7 wollen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen

Das russische Ölgeschäft soll durch die Strategie empfindlich geschwächt werden. Der Kreml warnt vor Vergeltung und Lieferungstopps.

Die Finanzminister der sieben führenden Industrienationen (G7) wollen einen Preisdeckel auf russisches Öl durchsetzen. In einer gemeinsamen Erklärung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, forderten sie am Freitag zudem alle Länder, die russisches Öl importieren, auf, sich dieser Maßnahme anzuschließen. „Wir streben eine breite Koalition an, um die Effektivität zu maximieren“, heißt es in dem Papier.

Im Kern will man Russland dazu zwingen, Öl künftig für einen deutlich niedrigeren Preis an große Abnehmer wie Indien zu verkaufen. Die Hoffnung ist, dass das zum einen die globalen Ölmärkte entspannt und die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Energiepreise abfedert. Zugleich würde Russland dadurch nicht mehr von Preisanstiegen für Öl profitieren und damit seine Kriegskasse füllen können.

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Der Seetransport von Rohöl und Erdölprodukten russischen Ursprungs soll weltweit nur noch möglich sein, wenn das Öl unter einem bestimmten Preis gekauft wurde. Funktionieren könnte der Preisdeckel, indem der Westen wichtige Dienstleistungen wie Versicherungen für Öltransporte an die Einhaltung der Regelung knüpft. Diese sind weitgehend in westlicher Hand.

Die G7 selbst - Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien, die USA, Kanada und Japan - verpflichteten sich mit der Erklärung, den Preisdeckel in ihren eigenen Staaten rasch umzusetzen.

In der EU, wo bereits ein Öl-Embargo gegen Russland beschlossen wurde, sollen zuvor alle Mitgliedsstaaten zustimmen. Angestrebt werde eine Umsetzung im zeitlichen Rahmen des sechsten EU-Sanktionspakets, hieß es.

Russland droht mit Lieferstopps

Zuvor hatte es aus Insiderkreisen geheißen, die G7 werden sich für eine Obergrenze aussprechen, ohne die genaue Höhe schon festzulegen. Danach werde versucht, weitere Partner für das Vorhaben zu finden.

Russland warnt im Falle einer Preisobergrenze auf seine Öl-Exporte mit Vergeltungsmaßnahmen. „Unternehmen, die Preisobergrenzen verhängen, werden nicht zu den Empfängern von russischem Öl gehören“, sagte Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow am Freitag und bestätigte damit Äußerungen des stellvertretenden Ministerpräsidenten Alexander Nowak vom Donnerstag. „Eine Sache kann mit Selbstbewusstsein gesagt werden: So eine Entscheidung würde zu einer signifikanten Destabilisierung der Ölmärkte führen.“

Lindner: Ölpreisdeckel könnte Inflation deutlich eindämmen

Finanzminister Christian Lindner rechnet damit, dass ein Preisdeckel auf russisches Öl direkte Auswirkungen auf die Energiepreise haben könnte. In Verbindung mit einer Ausweitung der Produktion in den Erdöl exportierenden Ländern könne er „wirklich die Inflation sehr deutlich eindämmen“, sagte der FDP-Politiker am Freitag in Berlin.

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„Russland erzielt gegenwärtig hohe Gewinne aus dem Export von Rohstoffen wie Öl und dem wollen wir entschieden entgegentreten“, sagte Lindner.

Weltweites Netzwerk beim Öl ist groß

US-Vorstellungen zufolge sollen Finanzdienstleistungen, Versicherungen und der Transport von Öl-Ladungen zusammengefasst werden. Ein Cargo-Unternehmen oder Importeur soll diese Dienstleistungen dann nur noch bekommen, wenn sie sich an eine noch zu bestimmende Obergrenze für russisches Öl halten.

Schiffsversicherungen werden vor allem am Finanzplatz London ausgehandelt. Analysten zufolge können aber Alternativen hierzu gefunden werden, so dass sich die Maßnahmen des Westens am Ende als ineffizient erweisen könnten.

Selbst G7-Vertreter räumen ein, dass idealerweise die wichtigen Öl-Abnehmer China und Indien an Bord sein müssten. Das gilt aber nicht als übermäßig wahrscheinlich.

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„Wir wollen den Preisdeckel über die Ziellinie kriegen“, sagte der britische Finanzminister Nadhim Zahawi diese Woche in Washington bei einer Veranstaltung, einen Tag nach Beratungen mit US-Finanzministerin Janet Yellen, die die treibende Kraft hinter den Plänen ist.

Obwohl das Volumen russischer Öl-Exporte zuletzt zurückgegangen ist, waren die Einnahmen daraus im Juni im Vergleich zum Mai um 700 Millionen Dollar gestiegen.

Von der Leyen will ebenfalls Preise deckeln

Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will, dass in der EU angesichts der drastisch gestiegenen Energiepreise weniger für russisches Gas gezahlt wird. „Ich bin der festen Überzeugung, dass es jetzt Zeit ist für einen Preis-Deckel auf russischem Pipeline-Gas nach Europa“, sagte von der Leyen am Freitag auf einer Klausur der Unions-Bundestagsfraktionsspitze im oberbayerischen Murnau.

Ein solcher Gaspreis-Deckel kann nach Worten von der Leyens auf europäischer Ebene vorgeschlagen werden.

Zuvor hatte die EU-Kommission in einem Entwurf von einem Preisdeckel am Großhandelsmarkt innerhalb der EU als Notfallmaßnahme abgeraten, da dies Angebot und Nachfrage verzerren könnte. Von der Leyen fordert hingegen, die Preise für Gasimporte über Pipelines aus Russland zu deckeln.

Dies könnte auch zu niedrigeren Preisen in der EU führen. Es besteht jedoch das Risiko, dass Russland zu dem niedrigeren Preis kein Gas mehr liefert.

Dmitri Medwedew bei einem Interview mit einem britischen Journalisten.

© IMAGO/SNA/ Ekaterina Shtukina

Russland wird nach den Worten von Ex-Präsident Dmitri Medwedew Gaslieferungen nach Europa einstellen, wenn die EU eine Preisobergrenze für russisches Gas durchsetzt. "Es wird einfach kein russisches Gas in Europa geben", schreibt der Vizechef des russischen Sicherheitsrates in der Messaging-App Telegram.

Energiesparen hat weiter Priorität

Von der Leyen betonte, das oberste Gebot sei Energiesparen. „Es gibt global zu wenig Energie. Putin fackelt lieber das Gas ab, als dass er es vertragsgemäß nach Europa liefert oder in andere Regionen. Also: Energie sparen, und zwar klug sparen, vor allen Dingen in den Spitzenzeiten, damit wir dann kein Gas brauchen“, sagte sie.

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Zum zweiten müsse man dafür sorgen, „dass wir die überbordenden Gewinne, die die Stromerzeuger heute haben, mit denen sie niemals gerechnet haben und die sie auch gar nicht so schnell reinvestieren können, dass wir die teilweise abschöpfen“.

Damit sollten in der Krise nun gezielt kleine Einkommen und verletzliche Unternehmen unterstützt werden. „Die Abschöpfung von Gewinnen als Notfallinstrument kurzfristig in der Krisenzeit, auch dafür gibt es eine gesetzliche Grundlage auf europäischer Ebene“, sagte sie.

Als dritten kurzfristigen Punkt nannte die Kommissionspräsidentin die Forderung nach einem Preis-Deckel auf russisches Pipeline-Gas. Mittelfristig müsse man auch das Strommarkt-Design betrachten, und wichtig seien zudem „massive Investitionen“ in erneuerbare Energien. (dpa, Reuters)

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