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Ein Flüchtling aus Afghanistan konjugiert während einer Unterrichtseinheit eines Deutschkurses für Flüchtlinge. Die Sprachkenntnisse sind das größte Integrationshindernis.

© dpa

Flüchtlinge: Die Großen wollen helfen

Eine Gewerkschaftsstudie bescheinigt Konzernen Engagement bei der Integration von Flüchtlingen, doch deren Sprachprobleme sind enorm.

Vor ein paar Wochen sorgte eine Ziffer für Aufsehen, die augenscheinlich auf das Versagen der Konzerne bei der Integration der Flüchtlinge hinwies: Die 30 im Deutschen Aktienindex (Dax) notierten Unternehmen hatten gerade mal 54 Geflüchtete eingestellt, allein 50 davon bei der Post. Ausgerechnet die Böckler-Stiftung des DGB kommt nun zu einer anderen Einschätzung: Gerade die Anstrengungen von Großunternehmen seien „bemerkenswert“ und gingen weit über ihr Eigeninteresse hinaus, teilte die Stiftung am Montag mit. In ihrem Auftrag untersuchte das Tübinger Institut für Arbeit, Technik und Kultur „Qualifizierungsinitiativen in Großunternehmen“. Die Soziologen sprachen mit Personalmanagern, Arbeitsdirektoren, Ausbildern und Betriebsräten. Ergebnis: „Die neue Zielgruppe der Flüchtlinge stellt sie vor besondere Herausforderungen.“

Konzerne sind auf zwei Ebenen engagiert

Besonders zäh ist das Erlernen der Sprache. Die staatlichen Integrationskurse würden nur Kenntnisse auf dem Sprachlevel B 1 vermitteln, „das reicht aber nicht aus, um einen Aufnahmetest zu bestehen oder eine Ausbildung mit Aussicht auf Erfolg zu absolvieren“. Grundsätzlich seien die Konzerne auf zwei Ebenen engagiert. Gesellschaftlich durch die Förderung von Verbänden, Kommunen und Initiativen, durch Spenden, die Bereitstellung von Werkswohnungen oder die Freistellung von Mitarbeitern für ehrenamtliche Hilfen. Die andere Ebene ist die berufliche Integration durch Praktika, Einstiegsqualifizierungen, Sprachkurse und Ausbildungsplätze. Dass Flüchtlinge direkt einen Job bekommen, sei die Ausnahme. Und zwar vor allem deshalb, weil einfache Tätigkeiten mit geringen sprachlichen und fachlichen Anforderungen kaum vorhanden sind „und langfristig wegen der Digitalisierung“ noch weniger werden. Das betrifft vor allem Ältere, die eine Familie versorgen müssen und für die eine Ausbildung kaum infrage kommt.

Kleinbetriebe tun sich schwer

Dieser „Einstiegspfad“ zur Berufsausbildung gehe zumeist über ein Berufsvorbereitungsjahr inklusive Sprachkurse. Und auch dieser Weg ist steinig: Die Tübinger Soziologen haben einen „Mangel an geeigneten Bewerbern“ ausgemacht, der „Prozess der Kompetenzerfassung“ komme nur schleppend voran, weil auch die Sprachkenntnisse nach dem Besuch von Integrationskursen noch immer unzureichend seien. Zudem bemühten sich die Konzerne, nicht nur Flüchtlinge, sondern auch andere benachteiligte Jugendliche zu fördern, „um Akzeptanzprobleme zu vermeiden“. Für diesen Personenkreis gibt es seit Jahren die Möglichkeit mit Brückenpraktika oder geförderten Einstiegsqualifizierungen Defizite vor dem Beginn einer beruflichen Ausbildung abzubauen. Vor allem in Großbetrieben werden diese Mittel eingesetzt.

Kleinere Unternehmen, die eher vom Fachkräftemangel betroffen sind als große, „dürften kaum in der Lage sein, umfangreiche Berufsvorbereitungsmaßnahmen einschließlich Sprachkursen zu stemmen“. Für diese Unternehmen schlagen die Autoren der Böckler-Studie neben finanzieller Förderung „überbetriebliche Qualifizierungs- und Ausbildungsverbünde“ vor.

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