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ANLEGER Frage: Es droht Deflation, nicht Inflation

Mit billionenschweren Hilfspaketen versuchen die Industrienationen ihre Volkswirtschaften zu stützen und den Finanzmarkt zu stabilisieren. Wie groß ist die Gefahr, dass die Rettungsmaßnahmen zu einem massiven Anstieg der Inflation führen?

Frage an <i>an Helmut Kaiser</i> Chefinvestmentstratege für Privatkunden der Deutschen Bank

Die Weltwirtschaft befindet sich in einer tiefen Rezession. Entsprechend wird das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern in den nächsten zwei Jahren deutlich schwächer ausfallen. Die Zentralbanken haben global die Zinsen in Richtung Null gesenkt. Und neben den geldpolitischen Initiativen hat auch die Fiskalpolitik in aller Welt mit bisher einmaligen Programmen zur Konjunkturstabilisierung reagiert, deren Umfang weltweit mehr als zwei Billionen US-Dollar ausmacht.

Der Inflationsausblick bleibt trotz dieser expansiven Geldpolitik moderat. Vorübergehend könnten die Inflationsraten sogar weiter sinken, wenn im Sommer dieses Jahres starke Basiseffekte greifen werden, weil viele Preise ein Jahr zuvor sehr hoch waren. Als Beispiel hierfür ist der Ölpreis zu nennen, der im Sommer 2008 weit über 100 US-Dollar je Barrel stand und derzeit bei unter 50 US-Dollar je Barrel notiert. Auch die Kerninflationsraten, die Energie- und Lebensmittelpreise ausklammern und ohnehin relativ stabil geblieben sind, dürften weiter sinken, so dass bis einschließlich 2010 die Inflationsraten komfortabel innerhalb der Zentralbankzielzonen liegen werden, in der Euro-Zone also unter zwei Prozent.

Die stark steigende Staatsverschuldung führt per se nicht zur Inflation – vor allem nicht in Zeiten einer Rezession. Gefahr besteht nur dann, wenn die zusätzlichen Staatsausgaben direkt über die Notenbankpresse finanziert werden und der Kreditmultiplikator funktioniert, also die Geschäftsbanken das frische Geld auch an Unternehmen und Verbraucher weiterreichen. Beides ist aber nur bedingt der Fall: Zwar druckt insbesondere die Fed seit der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers in zunehmendem Ausmaß Geld, der Kreditmultiplikator ist aber kollabiert und somit der klassische Transmissionsmechanismus stark gestört.

Wir sehen daher – vor allem auf kurze Frist – eher die Deflation als Risikoszenario denn eine wieder stark steigende Inflation. Allerdings besteht ein Restrisiko, dass die Inflation wieder schnell ansteigen könnte. Sobald eine Konjunkturstabilisierung erreicht ist, muss durch restriktive Maßnahmen seitens der Zentralbanken die Überschussliquidität aus den Märkten genommen werden. Geschieht dies nicht, wird die Inflation wieder rasch ansteigen.

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