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Wirtschaft: Euro: EZB erhofft Aufschwung

Die Einführung des Euro wird die Konjunktur in Europa beflügeln. Diese Ansicht vertreten Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg.

Die Einführung des Euro wird die Konjunktur in Europa beflügeln. Diese Ansicht vertreten Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) und der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Wim Duisenberg. Wirtschaftsforscher erwarten indes nur mäßige Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, hoffen aber auf eine Erholung des Euro-Wechselkurses zum US-Dollar. Die Umstellung auf das Euro-Bargeld wird nach Einschätzung des deutschen Handels schneller gehen als erwartet. "Alles deutet darauf hin, dass in zwei Wochen die Mark keine Rolle mehr spielen wird", sagte Hubertus Pellengahr vom Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE), am Dienstag in Berlin.

"Mit dem Euro einher gehen Deregulierung und Liberalisierung. Der Euro ist insofern ein Wachstumsprogramm", erklärte Finanzminister Eichel am Neujahrstag in Berlin. Das neue Geld "wird den Wettbewerbsdruck erhöhen", sagte er. Der Sozialdemokrat wies darauf hin, dass zum Wegfall der Gebühren für den Bargeldumtausch europaweite Preistransparenz komme. Der Minister nannte die Gemeinschaftswährung die Antwort der Europäer auf die Globalisierung. Der Euro habe seine Qualitäten seit seiner Einführung als Buchgeld vor drei Jahren bewiesen.

Zum Thema OnlineSpezial: Der Euro kommt! Euro-Countdown: Die Serie im Tagesspiegel Euro-Memory: Passende Euro-Pärchen finden Ted: Der Euro - mehr Vor- oder mehr Nachteile? EZB-Chef Duisenberg prognostizierte ein um einen Prozentpunkt höheres Wachstum durch das einheitliche Bargeld. In Frankfurt (Main) sagte er, dies hätten wissenschaftliche Gutachten belegt. "Und wenn sie nur zur Hälfte Recht behielten, wäre dies schon eine riesige Leistung." Die Einführung der neuen Scheine und Münzen wird laut Duisenberg in großem Ausmaß zu mehr Transparenz auf den innereuropäischen, aber auch auf den weltweiten Märkten beitragen. Zudem werde der Handel mit Waren erheblich erleichtert.

Die erfreulichen Effekte der europäischen Einheitswährung werden allerdings noch auf sich warten lassen. Erst "in sechs bis sieben Jahren wird der Euro uns rund einen Prozentpunkt zusätzliches Wirtschaftwachstum bringen," schätzt Martin Hüfner, Chefvolkswirt der Hypo-Vereinsbank. Kurzfristig sehen viele Ökonomen in der Banknoten-Umtauschaktion lediglich eine technische Prozedur. Der eigentliche Start der Einheitswährung liege schon drei Jahre zurück, sagt Joachim Scheide, Konjunkturchef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft. "Ich erwarte gar keine Auswirkungen auf die Konjunktur. Die Leute werden nicht mehr konsumieren, bloß weil sie jetzt den Euro in der Hand haben".

Dagegen unterstreicht Hüfner von der Hypo-Vereinsbank trotzdem das Positive der Umstellung. Die Einführung der neuen Scheine und Münzen sei für die Entwicklung in Deutschland günstig. "Die Verteilung des neuen Geldes und die Entsorgung der alten Scheine ist eine gewaltige logistische Leistung, die nur mit zusätzlichen Investitionen und Arbeitskräften zu bewältigen ist", erklärt er. Außerdem habe der Abschied von der D-Mark viele Konsumenten dazu veranlasst, ihre Bargeldbestände aufzulösen. Davon profitiere die Luxusbranche, sagt Hüfner. Dies helfe der Konjunktur aber nur kurzfristig und in mäßigem Ausmaß. Hüfner: "Im vierten Quartal 2001 und im ersten Quartal 2002 bringt uns der Übergang zum Euro-Bargeld einen Viertelprozentpunkt mehr Wachstum."

Der Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung in München (Ifo), HansWerner Sinn, rechnet indessen mit Folgen für den Wechselkurs. "Nach der Bargeld-Umstellung wird für den Euro eine Periode der Stärke beginnen", meint Sinn. Grund: Steuerhinterzieher hätten große Mengen Schwarzgeld in US-Dollar angelegt, damit sie beim Euro-Umtausch nicht vom Finanzamt erwischt werden. Zudem hätten viele Osteuropäer Mark in Dollar getauscht, weil sie dem Euro noch misstrauten. Wenn die Währung physisch vorhanden sei, werde das Vertrauen aber wachsen, sagt Sinn. Deshalb werde Kapital bald in die Euro-Zone zurückkehren.

Auch Joachim Volz vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) glaubt, dass der Euro an Wert zulegen wird - wenn auch aus anderen Gründen. Sobald der Aufschwung in den USA nächstes Jahr einsetze, werde das ohnehin hohe US-Leistungsbilanzdefizit weiter steigen, sagt Volz. Darunter könne das Vertrauen der Anleger in den Dollar leiden. Die Folge: Der Euro wird attraktiver, sein Wechselkurs zum Dollar steigt.

Uneins sind die Ökonomen über den Zusammenhang zwischen Euro-Bargeld, Preisen und Konsumnachfrage "Der Einzelhandel könnte die Umstellung auf das Euro-Bargeld zu versteckten Preiserhöhungen nutzen", warnt Roland Döhrn vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Dies könne die Nachfrage vorübergehend dämpfen.

HVB-Chefvolkswirt Hüfner glaubt das nicht. "Die Euro-bedingten Preiserhöhungen haben wir längst hinter uns", sagt er. Bereits im Sommer habe der Einzelhandel heimlich Produkte verteuert und damit die Inflationsrate hochgetrieben. "Der Durchschnittspreis für ein halbes Pfund Butter ist binnen Jahresfrist von 1,69 Mark auf 1,89 Mark gestiegen", weiß Hüfner. Die zusätzliche Gewinnspanne werde der Handel Anfang 2002 aber wieder einbüßen. "Wenn das Euro-Bargeld kommt, werden alle Verbraucher ganz genau die Preise vergleichen. Dann wird der Handel erheblich unter Preissenkungsdruck geraten", erwartet Hüfner. Das Euro-Bargeld werde die Konsumnachfrage also tendenziell stabilisieren.

rut, HB

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