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Das große Rad. EU-Kommissar Günther Oettinger profiliert sich derzeit als Vermittler im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine.

© REUTERS

Schulden der Ukraine: EU will Ukraines Gasrechnung zahlen

Insgesamt fordert Russland 2,2 Milliarden Dollar. Die Verhandlungen in Berlin bringen aber Fortschritte.

Die westlichen Industrieländer wollen den Ukraine-Konflikt offenbar mit neuen Kreditzahlungen in Milliardenhöhe entschärfen. Die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF) wollten „die Ukraine ertüchtigen, ihren Verpflichtungen nachzukommen“, erklärte EU-Energiekommissar Günther Oettinger am Montag in Berlin mit Blick auf den seit Monaten andauernden Streit zwischen Russland und der Ukraine um nicht bezahlte Gasrechnungen.

Zuvor hatte er sich mit dem russischen Energiewirtschaftsminister Alexander Nowak und dem stellvertretenden Chef des Gasexportmonopolisten Gazprom, Alexander Medwedew, beraten. Mit den Vertretern der Ukraine hatte sich Oettinger bereits vor einer Woche zusammengesetzt. Beide Sitzungen dienten einem trilateralen Gespräch zwischen Spitzenvertretern der EU, Russlands und der Ukraine. Dieses soll am kommenden Montag ebenfalls in der Berliner Vertretung der EU-Komission am Pariser Platz stattfinden. „Wir haben in den vergangenen Tagen eine Reihe von Fortschritten erreicht, aber noch keine Einigung“, sagte Oettinger nach dem Treffen mit den Russen auf einer Pressekonferenz, die auch von sehr vielen ausländischen Medienvertretern besucht wurde.

Immerhin habe man in den Verhandlungen Klarheit über die von Russland an die Ukraine gelieferten Gasmengen für die Monate November bis April herstellen können. Auch der zu zahlende Preis für Lieferungen im vergangenen November und Dezember sei unstrittig. Hier solle die Ukraine 268 Dollar je 1000 Kubikmeter zahlen, was im Vergleich mit den sonst fälligen Gaspreisen in Europa sehr günstig ist. Strittig sei aber noch die gelieferte Menge seit Jahresbeginn – und der künftig, ab Juni, zu zahlende Preis, sagte Oettinger.

Russlands Energieminister Nowak erklärte, dass sein Land künftig Vorauskasse von der Ukraine verlange und ab Juni einen Preis von 485 Dollar. Er begründete dies mit dem Umstand, dass die Ukrainer seit Beginn der Krise nicht einen Dollar oder Cent Schulden zurückgezahlt hätten – obwohl das Land ja bereits am 3. Mai die erste Tranche eines Kredits von EU und IWF erhalten hätte. Die Altschulden würden sich mittlerweile auf 2,2 Milliarden Dollar summieren. Man sei „in tiefer Sorge“, woher das Geld dafür kommen solle.

„Wir sind uns einig darüber geworden, dass die Ukraine Finanzierungshilfen braucht“, sagte Nowak. Er hoffe, dass man sich kommende Woche über die Modalitäten einigen könne. Er stellte bei der Gelegenheit klar, dass Russland auch gegenüber der Ukraine die Lieferverträge, die zuletzt vor fünf Jahren ausgehandelt worden waren, stets eingehalten habe.Was den deutlich höheren Preis von 485 statt bisher 268 Dollar je 1000 Kubikmeter angehe, stellte Nowak Rabattverhandlungen in Aussicht – sofern man sich in der Schuldenfrage einig werde.

Kommt es am Montag zu keiner Einigung unter der Vermittlung Oettingers, dürfte sich die Krise erneut zuspitzen. Gazprom hatte angekündigt, die Lieferungen ab Juni einzustellen, sollten die Schulden nicht beglichen werden. Die Sommermonate werden in der Gaswirtschaft genutzt, um die unterirdischen Speicher zu füllen. Rund ein Drittel des Gases, das die EU benötigt, strömt aus Russland über die Ukraine. Zuletzt hatte sich das Land während der Krise auch mit Gas versorgt, das Russland an andere osteuropäische Länder geliefert hatte – zu vergleichsweise hohen Preisen von im Schnitt 370 Dollar. Dagegen hatten die Russen zunächst protestiert, wollen dies aber nun tolerieren, zumal es sich dabei um recht kleine Mengen handelt.

Auf die Frage eines britischen Reporters, ob Russland Erdgas als Mittel der Außenpolitik einsetze, antwortete Gazprom-Vize Medwedew auf der Pressekonferenz, das werde er seit Jahren immer wieder gefragt. Man solle sich aber die Fakten anschauen. „Ich denke, es sind die Ukrainer, nicht die Russen, die Gas als politische Waffe einsetzen.“

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