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Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB): Auch hier sollte man bald zum Entschluss kommen, die Zinsen steigen zu lassen.

© Frank Rumpenhorst/dpa

Treffen der Notenbanker: Es ist höchste Zeit für höhere Zinsen

Die Notenbanken haben sich in eine Lage manövriert, in der jeder Schritt negative Folgen hat. Doch die Inflation fordert klare Entscheidungen. Ein Kommentar.

Die Konjunkturdaten, die das Statistische Bundesamt am Donnerstag veröffentlichte, bieten eine trügerische Sicherheit. Um 0,1 Prozent ist die deutsche Wirtschaft im zweiten Quartal gewachsen. Ein Plus, trotz Krieg und Inflation – das ist doch etwas! Könnte man meinen. Ein Blick auf andere Makrodaten vermittelt allerdings einen anderen, einen realistischeren Eindruck.

Die Bundesbank rechnet mit einer Rezession im Herbst, die Geschäftserwartungen der Manager fallen seit Monaten und Deutschlands Exportüberschuss – das Rückgrat des hiesigen Wohlstands – ist Geschichte. Die Inflation, die zugleich Folge, Ursache und Verstärker der Krise ist, verschlimmert all das.

Der private Konsum, der die Wirtschaft im Frühling auf Kurs gehalten hat, dürfte deshalb nicht mehr lange als Stabilisator dienen, da die Rücklagen der Bundesbürger langsam aber sicher aufgebraucht sind. In den vergangenen Tagen ist der Strompreis erneut in ungeahnte Höhen geschnellt, und der Gaspreis hat die Marke von 300 Euro wieder geknackt. Der wahre Kostenschub für Verbraucher und Wirtschaft steht noch bevor.

Die Notenbanken unter Druck wie selten

In dieser Situation treffen sich die Notenbanker zu ihrem wichtigsten regelmäßigen Treffen in amerikanischen Jackson Hole, und sie stehen unter enormem Druck. Denn die Ausgangslage ist klar: Die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank (EZB) haben über Jahre hinweg durch Anleihekäufe und niedrige Zinsen Geld immer billiger werden lassen und damit den Grundstein für die Inflation gelegt.

Lange Zeit hatte das keine Konsequenzen. Doch dann zogen die Preise an. Statt das Problem anzuerkennen, leugneten die Notenbanker es und setzten ihre Politik fort. Als nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine Energie rasant teurer wurde, war es zu spät. Das Ziel von einer Inflation um zwei Prozent ist in weite Ferne gerückt.

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Es stellt sich die Frage, welche Mittel die Notenbanken haben, um die Preise wieder zu senken, vielmehr: wie schnell diese wirken und welche unerwünschten Folgen drohen. Das Mittel des Wahl ist die Zinsschraube. Während die Fed sie zuletzt bereits zwei Mal entschieden um 0,75 Prozentpunkte gedreht hat, bleibt die EZB zögerlich. Zur groß ist die Sorge vor dem Schuldenstand vieler Euro-Länder. Zur zeitlichen Wirkung kann man sagen, dass es Monate dauern wird, bis die Zinserhöhung die Verbraucherpreisen erreicht. Immerhin haben viele Banken die Verwahrentgelte bereits gestrichen.

Es gibt keine guten Entscheidungen mehr

Die Währungshüter haben sich unter Nichtbeachtung aller Kritik in eine Lage manövriert, in der es keine guten Entscheidungen mehr gibt. Straffen sie die Geldpolitik weiter, schadet das der ohnehin schwachen Konjunktur. Arbeitslosigkeit und Wohlstandsverluste wären die Folge. Dafür dürfte die Inflation mit der Zeit sinken. Halten sie die Geldpolitik allerdings locker, dürften die Teuerungsraten kaum zu bändigen sein, auch wenn die Wirtschaft sich über leichteren Zugang zu Geld und dringend notwendigen Investitionen freuen würde. Es ist eine Wahl zwischen zwei Übeln.

Am Ende der Abwägung der Notenbanker sollte jedoch die Erkenntnis stehen, dass nichts an einer härteren Geldpolitik vorbei führt. Zum einen ist der Arbeitsmarkt sowohl in den USA als auch in der EU relativ stabil. Vor allem aber ist keine Stabilisierung möglich, solange nicht auch die Preise stabil sind. Das gilt indes besonders für die EZB. Denn das niedrige Zinsniveau der Euro-Zone schwächt den Euro und zieht zusätzlich noch Kapital ab. Alle in Dollar abgerechneten Importe für die Euro-Wirtschaft werden somit noch teurer und steigern die Inflation umso mehr.

Mit Spannung wird die Rede von Fed-Chef Jerome Powell am Freitag erwartet. Jede Silbe seiner Worte wird an den Märkten auf die Goldwaage gelegt werden, jede Andeutung kann die Kurse verändern. Dabei ist jetzt Klarheit angebracht. Von diesem Treffen muss die Botschaft ausgehen: Es braucht eine strengere Geldpolitik. Daran sollte sich dann auch die EZB orientieren.

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