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Wieder Ausgang. Nur noch in wenigen Regionen Deutschlands herrscht Stallpflicht.

© Bernd Wüstneck/dpa

Update

Gute Nachrichten zu Ostern: Es gibt wieder Freilandeier

Die Vogelgrippe geht zurück, die Hühner dürfen wieder ins Freie - auch in Brandenburg. Nur Berlin wartet weiter ab.

Auch Hühner haben Charakter. So wie die Hennen von Ökobauer Roland von Schmeling. Wochenlang waren seine Tiere eingesperrt, eine für sie höchst ungewohnte Situation. Denn normalerweise halten sich die Hühner auf dem Biohof in Werder an der frischen Luft auf, sie scharren in der Erde, picken Würmer und nehmen Sandbäder. Doch die Vogelgrippe hatte die 180 Tiere in die Ställe gezwungen. Gefallen hat ihnen das nicht. „Die Hühner sind übellaunig geworden“, erzählt Schmeling. Zum Glück ist das jetzt vorbei. Vor wenigen Tagen hat das Landratsamt die Stallpflicht aufgehoben, die Tiere dürfen endlich wieder ins Freie. Von Schmeling hat davon allerdings eher zufällig erfahren. „Wir sind nicht informiert worden“, wundert sich der Landwirt.

Stallpflicht nur noch in wenigen Regionen

Dennoch atmet er jetzt auf – wie viele seiner Kollegen. In Brandenburg herrscht nur noch für wenige Regionen Stallpflicht, auch in Niedersachsen, das 40 Prozent der deutschen Eier liefert, können 80 bis 90 Prozent der Betriebe ihre Tiere wieder an die frische Luft lassen. Von Entwarnung will Klaus Jongebloed, Sprecher des Agrarministeriums in Hannover, aber noch nicht sprechen. Denn für Betriebe mit Massentierhaltung gelten weiter die strengen Auflagen. „80 bis 90 Prozent der Tiere stehen deshalb weiter im Stall“, berichtet Jongebloed.

Agrarministerium: Über ein Million Tiere getötet

Die Stallpflicht soll Hühner, Puten, Gänse und Enten vor dem tödlichen Virus schützen, das Wildvögel auf ihrem Vogelzug einschleppen. Die Epidemie hatte im Herbst begonnen. Bundesweit hatten die Behörden das Geflügel zum Hausarrest verdonnert. Über eine Million Tiere sind nach Angaben des Bundesagrarministeriums bislang geschlachtet worden, davon allein in Niedersachsen 600.000. Ob mit dem Frühling, den steigenden Temperaturen und dem Ende des Vogelzugs die Epidemie vorbei ist, will das Friedrich-Loeffler-Institut nicht vorhersagen. Nur eines scheint nach wie vor gewiss zu sein: „Für den Menschen ist das Virus nicht ansteckend“, betont Sprecherin Kristin Schalkowski.

Eier aus Freilandhaltung? Fehlanzeige

Dennoch haben auch die Verbraucher die Folgen der Vogelgrippe zu spüren bekommen. Zumindest das Viertel der Kunden, das Eier aus Freilandhaltung bevorzugt. Wegen der Stallpflicht waren Freilandeier in den vergangenen Wochen in Berlin praktisch nicht mehr zu bekommen. Denn nur für eine Frist von zwölf Wochen dürfen Bauern die Eier ihrer Hennen, die normalerweise draußen leben, nun aber im Stall bleiben mussten, noch als Freilandeier verkaufen, danach ist – unwiderruflich – Schluss. Im Bio-Segment gelten zwar andere Regeln. Dennoch waren auch Bio-Eier vielerorts ausverkauft. Als Ersatz für Freilandeier würden viele Kunden zu Bio greifen, sagt Rewe-Sprecher Raimund Esser, das führe dazu, dass Bio-Eier in einigen Märkten vorübergehend ausverkauft waren.

„Eine Eierknappheit zu Ostern droht aber nicht“, versichert Esser. Aus Thüringen, Bayern oder Mecklenburg-Vorpommern könne man schon jetzt Freilandeier anbieten. Auch in Berlin dürfte das bald wieder der Fall sein, schätzt man beim Zentralverband der Geflügelwirtschaft. Bereits ein, zwei Tage nach Aufhebung der Stallpflicht kehren die Freilandeier in den Handel zurück. Für die Landwirte ist das eine große Entlastung: Für ein Ei aus Bodenhaltung bekommen sie nämlich nur sieben bis acht Cent, für Freilandware elf bis zwölf.

40 Millionen Euro Schaden

Wie hoch der Schaden ist, den die Legehennenhalter allein durch die Zwangsunterbringung ihrer Tiere im Stall erlitten haben, kann der Verband nicht sagen. Insgesamt schätzt man die bisher aufgelaufenen Verluste auf 40 Millionen Euro – Umsatzverluste aus dem Eierverkauf, Notschlachtungen, Aufwendungen für Hygienemaßnahmen auf den Höfen. In Niedersachsen müssen Großbetriebe, die einen Fall von Vogelgrippe hatten, ihre Ställe bis zu vier Wochen leer lassen. Für die getöteten Tiere bekommen die Landwirte jedoch Schadensersatz von der Tierseuchenkasse, allein in Niedersachsen sind es bislang 14 Millionen Euro. Die EU-Kommission wäre bereit, auch den Legehennenbetrieben zu helfen, die ihre Eier notgedrungen als Ware aus Bodenhaltung verkaufen müssen. Finanzielle Hilfen sind möglich, sollte ein Mitgliedstaat das beantragen. Allerdings ist das bisher noch nicht geschehen. Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU) hat auch nicht vor, die Brüsseler Kassen anzuzapfen. „Eine Entschädigung nach Marktordnung ist derzeit nicht vorgesehen“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Das Ministerium behalte sich einen solchen Schritt jedoch vor, wenn das Ausmaß der Schäden klarer sei, ergänzte am Sonntagnachmittag ein Sprecher.

Solidarität des Handels

Dass sich der Schaden in Grenzen halten dürfte, liegt an der Solidarität der großen Handelsketten. Sie haben Eier aus Freilandbetrieben, deren Tiere vorübergehend nicht ins Freie durften, besonders gekennzeichnet. Für Eier aus „Bodenhaltung mit Wintergartenauslauf“ haben Edeka, Rewe und Aldi ihren Lieferanten den Vier-Cent-Aufschlag für Freilandware weiter gezahlt.

Berlin wartet ab

In Berlin ist man, was die Vogelgrippe betrifft, noch vorsichtig. 60 Fälle hat es hier bislang bei Wildvögeln gegeben, das Aufstallungsgebot gilt weiter. Allerdings prüft man auch an der Spree, ob die Stallpflicht beendet werden kann. Und auch die Sperrbezirke in Mitte, Pankow, Tempelhof-Schöneberg und Treptow-Köpenick sollen in Kürze aufgehoben werden, sagt Sebastian Brux, Sprecher der Senatsverwaltung für Verbraucherschutz. Aber man bleibt wachsam: Bis zum 6. April gilt die gesamte Landesfläche als Beobachtungsgebiet.

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