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Autokrise: Es bleibt bei Old Opel

Die Entscheidung gegen den Verkauf an Magna überrascht – auch wegen des Verzichts der Belegschaft.

Bis zuletzt hatte alles darauf hingedeutet, dass das russisch-kanadische Konsortium um den Zulieferer Magna nach monatelangen Verhandlungen ans Ziel kommt und die Mehrheit bei Opel endlich übernehmen darf. Am Dienstag, keine zwölf Stunden vor der Absage aus Detroit, machten auch die Arbeitnehmer den Weg dafür frei. Ein Lohnverzicht von jährlich 265 Millionen Euro sollte ihnen zehn Prozent der Anteile an New Opel geben und sie zu stimmberechtigten Investoren machen. GM sollte 35 Prozent an Opel behalten, Magna und die Sberbank wollten jeweils 27,5 Prozent.

Die Zugeständnisse der Arbeitnehmer für diese Lösung waren weitreichend: Auf Teile des Weihnachts- und Urlaubsgeldes bis 2011 sowie vorübergehend auf Tariferhöhungen und Einzahlungen in die Betriebsrentenkasse wollten sie verzichten. „Die Einschnitte sind schmerzhaft für uns alle, doch wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen“, sagte der Vorsitzende des europäischen Betriebsrats, Klaus Franz. „Die Belegschaft wird erstmals stimmberechtigter Investor an ihrem Unternehmen, mit gleichen Rechten und Pflichten wie die anderen Eigner – das ist ein Novum.“

Doch so kommt es nun offenbar nicht – es bleibt bei Old Opel, also dem Eigentümer GM, der das Unternehmen vor 80 Jahren erwarb. Opel-Aufsichtsratschef Carl-Peter Forster, der von 2001 bis 2004 bereits Opel-Chef war und zuletzt das Europageschäft von GM leitete, warb bis zuletzt für den Verkauf an Magna, obwohl er offenbar bei einem Verkauf doch nicht den angestrebten Posten des neuen Vorstandschefs bekommen hätte. Eine zügige Vertragsunterzeichnung stellte er noch am Dienstag in Aussicht, ein „friedliches Weihnachtsfest“, und er argumentierte mit dem aufstrebenden russischen Markt für die Magna-Variante.

Doch es war gerade das russische Engagement, das in Detroit von Anfang Zweifel ausgelöst hatte. GM-Vize John Smith hatte in seinem Blog immer wieder darauf hingewiesen. Im September hatte der GM-Verwaltungsrat gleichwohl die Empfehlung abgegeben, Opel mehrheitlich an das Magna-Konsortium verkaufen zu wollen. Doch schon damals war in dem Gremium Kritik laut geworden. Hinzu kommt, dass die EU-Kommission inzwischen erhebliche Bedenken geäußert hatte. Magna fordert für die Opel-Sanierung Staatshilfen von 4,5 Milliarden Euro, die von der EU-Kommission genehmigt werden müssen. Weil aber die Bundesregierung die deutschen Standorte bevorzugt hat, regt sich grundsätzlicher Widerstand in Brüssel. Im Bundestagswahlkampf hatte der SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier fast so etwas wie eine Standortgarantie für die vier Opel-Werke abgegeben und sich frühzeitig für Magna ausgesprochen. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich derzeit in der US-Hauptstadt Washington aufhält, schwenkte auf diesen Kurs ein.

Wenn nun GM Opel behält, besteht kein Anspruch mehr auf die deutschen Staatshilfen. Hinzu kommt, dass die bereits geflossenen 1,5 Milliarden Euro möglicherweise zurückgezahlt werden müssen. Das hatte die Opel-Treuhand, die mit Vertretern von Bund und Ländern besetzt ist, festgestellt.

Ob es allerdings nach dem Regierungswechsel bei dieser Auffassung bleibt, ist offen – der Opel-Treuhänder Dirk Pfeil, ein FDP-Politiker wie der neue Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle, hat bereits Staatshilfen für den Fall in Aussicht gestellt, dass GM Opel behält, allerdings in weit geringerem Umfang. Er schätzte den Finanzbedarf für diese Variante auf höchstens drei Milliarden Euro. Denn auch die neue Bundesregierung dürfte auf keinen Fall riskieren wollen, dass Zehntausende Opelaner ihre Arbeitsplätze verlieren.

So wird der Staat so oder so zur Kasse gebeten. Ähnlich ist es in den USA. Der Rechnungshof des US-Kongresses hat die staatlichen Hilfen für GM und Chrysler zumindest teilweise verloren gegeben. mit dpa/AFP

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