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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

© Kay Nietfeld/dpa

Update

Erwägungen der EU: Scholz will Ein- und Zwei-Cent-Stücke nicht abschaffen

Viele Bürger finden die Ein- und Zwei-Cent-Münzen lästig. Finanzmister Scholz aber möchte die Münzen behalten. Und auch die EU will doch lieber genau prüfen.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz hält wenig von der Idee, kleine Cent-Münzen aus dem Verkehr zu nehmen. "Ich bin nicht davon überzeugt, dass es richtig ist, dass wir jetzt unsere kleinen Cent-Münzen abschaffen", sagte der SPD-Politiker am Mittwoch in Berlin. Er glaube, "dass es immer möglich sein muss, dass man sein Geld vernünftig ausgeben kann, und dass, wenn es kleine Preise gibt, man auch mit kleinen Geldmünzen bezahlen können soll". Auch CSU-Generalsekretär Markus Blume betonte: "Wer den Cent nicht ehrt, dem ist Freiheit nichts wert! Hände weg von unserem Bargeld."

"Evaluation der Nutzung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen"

Ein Vorstoß zur Abschaffung der kleinen roten Münzen könnte aus Brüssel kommen, die EU-Kommission erwägt dies. Bei Barzahlung müsste dann auf- oder abgerundet werden. In einigen EU-Staaten wird das schon gemacht.

Scholz sagte aber auch, er habe Zweifel, dass der Vorschlag die EU-Staaten tatsächlich erreichen werde - und könnte Recht behalten. Jedenfalls will die EU-Kommission die Folgen zunächst genau prüfen. Noch sei nichts entschieden, sagte Kommissionsvize Maros Sefcovic in Brüssel. Wichtig seien vor allem einheitliche Regeln für das Runden bei krummen Preisen im Einzelhandel.

In einem wenige Tage alten Entwurf für ihr Arbeitsprogramm hatte die Kommission noch geschrieben, Ziel geplanter neuer Rundungsregeln sei "die Abschaffung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen". In der am Mittwoch veröffentlichten Endfassung ist nur noch die Rede von einer "Evaluation der Nutzung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen" mit der "Möglichkeit, gemeinsame Rundungsregeln einzuführen".

Kritik hatte es bereits nach ersten Meldungen über die EU-Pläne gegeben. Der CSU-Europa-Abgeordnete Markus Ferber sagte, diese Pläne müssten "alle Alarmglocken schrillen lassen". Es dürfe hier keinesfalls der Einstieg in den Bargeldausstieg vorbereitet werden. Linken-Fraktionschef Martin Schirdewan warnte: "So störend für viele die Ein- und Zwei-Cent-Münzen im Alltag sind, muss gerade für diejenigen, für die jeder einzelne Cent zählt, sichergestellt sein, dass die Verbraucherpreise durch die Abschaffung der Münzen nicht steigen werden." Nur unter der Bedingung könnte er einen solchen Vorschlag unterstützen.

Wird es die kleinen Cent-Münzen bald nicht mehr geben?
Wird es die kleinen Cent-Münzen bald nicht mehr geben?

©  Karlheinz-Schindler/dpa

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Oliver Krischer nannte den Vorstoß hingegen gut und überfällig. Die Kleinmünzen seien "eine riesige Ressourcenverschwendung an wertvollen Metallen". Jährlich präge allein die Bundesbank rund eine Milliarde Stück.

Viele Verbraucher aber finden vor allem die Ein- und Zwei-Cent-Münzen lästig, weil sie sich im Geldbeutel sammeln und diesen dick und schwer machen. Händler nutzen zwar gerne den psychologischen Effekt krummer Preise knapp unter dem vollen Euro, müssen dann aber an der Kasse Kleinstbeträge an Wechselgeld herausgeben.

Trotz der Kritik an dem verkupferten Kleingeld werden, gemessen an der Stückzahl, am häufigsten kleine Münzen produziert. Im Jahr 2018 gaben die Euro-Länder jeweils rund 3,4 Milliarden Ein-Cent-Münzen und Zwei-Cent-Stücke aus. Zum Vergleich: Ein-Euro-Münze und Zwei-Euro-Münze wurden jeweils etwa 1,5 Milliarden Mal geprägt.

In manchen EU-Staaten ist das Auf- und Abrunden bereits üblich

"Solange der Handel mit Preisen von 98 oder 99 Cent wirbt, werden die kleinen Münzen bleiben", sagt Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann. "Es gibt eine ganze Reihe von Menschen, die mit jedem Cent rechnen. Es ist also auch eine Frage der Wertschätzung."

In manchen Staaten ist das Auf- und Abrunden hingegen bereits üblich - etwa in den Niederlanden, Finnland und inzwischen auch in Belgien. Das Land hatte Rundungsregeln im Dezember eingeführt. Im Einzelhandel gelten nun Fünf-Cent-Schritte. Kommt die Rechnung zum Beispiel auf 2,93 Euro und man gibt 2,95 Euro, bekommt man kein Rückgeld. Bei einem Betrag von 2,92 Euro reicht es, 2,90 Euro auf den Tresen zu legen. Belgische Einzelhändler reagierten positiv. Die kleinen Geldstücke bleiben aber auch dort gesetzliches Zahlungsmittel.

Ein Versuch in Kleve scheiterte: Den Kunden war das Rundungsverfahren zu kompliziert.
Ein Versuch in Kleve scheiterte: Den Kunden war das Rundungsverfahren zu kompliziert.

© Armin Weigel/dpa

Die Abschaffung einzelner Münzen könnte nur auf europäischer Ebene beschlossen werden. Befürworter einer Abschaffung kleiner Münzen führen als Argument auch ins Feld, allein die Materialkosten zu Herstellung von Ein- und Zwei-Cent-Münzen übersteige deren Nennwert bei Weitem.

Deutschlands Einzelhändler gegen nationale Rundungsregeln

Deutschlands Einzelhändler halten nichts von freiwilligen Rundungsregeln im nationalen Alleingang. Das wäre erklärungsbedürftig und würde den Handel in den Verdacht einer Übervorteilung des Kunden bringen, argumentiert der Branchenverband HDE. Man würde sich allenfalls der Forderung nach einer europaweit verpflichtenden Regelung anschließen. Ein Versuch von Händlern in Kleve am Niederrhein, die Nutzung der Kleinstmünzen zurückzudrängen, lief vor einigen Jahren nicht wie erhofft. Das Problem: Die Händler mussten den Kunden das Rundungsverfahren immer wieder erklären.

In Deutschland ist Bargeld nach wie vor sehr beliebt

Bundesbank-Vorstand Beermann sieht es pragmatisch: "Wir finden auch kleines Bargeld gut. Zuständig für die Prägung oder Einführung einer nationalen Rundungsregel sind aber die einzelnen EU-Länder, bei denen das Recht für die Ausgabe von Münzen liegt." Für Regelungen für die gesamte Europäische Union sei die Kommission in Brüssel zuständig.

In Deutschland ist Bargeld nach wie vor sehr beliebt - auch wenn die Liebe etwas zu schwinden scheint. Kleinere Beträge werden beim Einkauf meist noch mit Scheinen und Münzen bezahlt, doch bei größeren Besorgungen dominiert einer Studie des Kölner Handelsforschungsinstituts EHI zufolge inzwischen die Zahlung per Karte. Im Jahr 2018 wurde im stationären Einzelhandel erstmals mehr Geld per Giro- und Kreditkarte ausgegeben als in bar. Das EHI spricht von einem Wendepunkt. Mehr als drei Viertel der rund 20 Milliarden Einkäufe wurden allerdings in bar abgewickelt.

Zugleich sind mobile Bezahlverfahren wie Apple Pay oder Google Pay auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Immer wieder flammt die Diskussion über die Zukunft von Banknoten und Münzen auf. Die Debatte über eine mögliche Abschaffung des Bargeldes ist aus Beermanns Sicht eine "Phantomdiskussion": "Sie wird vor allem von denjenigen geführt, die damit bestimmte Geschäftsmodelle verbinden", sagt Bundesbank-Vorstand. (AFP, dpa)

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