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asEin Bild aus besseren Zeiten. 2003 waren Peter Dussmann, seine Frau Catherine (l.) und seine Tochter Angela noch nicht zerstritten. Das Familiendrama begann mit dem Schwiegersohn.

© picture-alliance / dpa

Erbstreit vor Gericht: Dussmann gegen Dussmann

Die Tochter klagt gegen die Mutter im Streit um das Millionen-Erbe des Unternehmensgründers, der 2013 verstorben ist.

Es wurde eng am Mittwochmorgen im Saal 113 des Landgerichts Berlin. Auf der Seite der Beklagten fanden sich ein Dutzend Rechtsvertreter, Dolmetscher und Berater ein, darunter eine Rechtsanwältin aus den USA. Die Klägerin wiederum ließ sich von einer Handvoll Anwälte und Sachverständige vertreten in einem Rechtsstreit, der bis 2010 zurückreicht. Damals hatte der Unternehmer Peter Dussmann sein Testament zugunsten seiner Ehefrau Catherine und zulasten der Tochter Angela verändert. Aber konnte er das überhaupt? Dussmann war seit Längerem ein Pflegefall und womöglich fremdbestimmt.

Die Mutter sei erbunwürdig

So argumentiert jedenfalls die Klägerin, die Tochter Angela, und stellt die Testamentsänderung in Frage. Dazu wirft sie ihrer Mutter Erbunwürdigkeit vor, da sie das erste Testament durch ein mutmaßlich unkorrektes und auf Catherine Dussmanns Betreiben zustande gekommenes zweites Testament ersetzt habe. Der Streitwert ist erheblich: Es geht um den Einfluss im Konzern und um ein paar hundert Millionen Euro.

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Fast 30 Jahre galt das alte Testament

Peter Dussmann, 1938 im württembergischen Rottweil geboren, hatte aus einem Haushaltsservice für Junggesellen einen der größten Dienstleistungskonzerne des Landes mit zwei Milliarden Euro Umsatz und 60 000 Mitarbeitern geschaffen. 1981, kurz vor der Geburt der Tochter Angela verfügt er in einem handschriftlichen Testament, dass Ehefrau und Tochter ihn jeweils zur Hälfte beerben mögen. Dieses Testament sollte gültig bleiben bis zum 25. Mai 2010.

Der Arzt nahm sich das Leben

Dussmann war nach mehreren Schlaganfällen seit Ende 2008 ein Pflegefall. Er war teilweise gelähmt und konnte kaum noch sprechen. Im Krankenbett änderte er im Mai 2010 das Testament: Statt einer Erbquote von 50:50 für Mutter und Tochter gab es nun für die Ehefrau 75 Prozent am Milliardenkonzern und nur noch den Pflichtteil von 25 Prozent für die Tochter. Im September 2013 starb Peter Dussmann kurz vor dem 74. Geburtstag. Ein Jahr später nahm sich der Arzt, der Dussmann am 25. Mai 2010 die Testierfähigkeit bescheinigt hatte, das Leben.

Peter Dussmann ein Pflegefall

Der Notar Klaus Racky wiederum verließ sich auf die Expertise des Arztes. Dussmann wurde am 25. Mai der Text des Testaments vorgelesen, einzelne Passagen soll er mit Ja goutiert haben, am Ende unterschrieb der Arzt als Zeuge das Testament, was juristisch korrekt ist. Damit war die Testamentsänderung zulasten der Tochter Angela vollzogen. Und der Ärger ging so richtig los.

Zum Dussmann-Konzern gehört auch das Kulturkaufhaus in der Friedrichstraße.

© imago images/Iain Masterton

Der Vater, so die Argumentation der Tochter, deren Berater den Vorfall 2015 öffentlich machten, sei viel zu schwer beeinträchtigt gewesen, um eine Testamentsänderung nach eigenem Willen durchzuführen. Vielmehr habe die Mutter das veranlasst, und der Wille des Vaters sei entstellt worden.

Gutachten fällt zugunsten der Mutter aus

Die Tochter klagte und das Gericht beauftragte den Bochumer Neurologen Pedro Faustmann mit einem Gutachten, das Anfang 2018 vorlag. Aus neurologisch- psychiatrischer und medizinischer Sicht könne eine Testierunfähigkeit bei Peter Dussmann am 25. Mai 2010 nicht festgestellt werden, befand Faustmann. Auf 164 Seiten fasste der Neurologe zusammen, was ihm bei der Sichtung der 5000 Seiten Aktenmaterial relevant erschien. Faustmann war auf die Akten angewiesen, denn von den drei Personen, die am 25. Mai 2010 im Krankenzimmer zugegen waren, lebte nur noch der Notar.

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Die Anwälte der Tochter stellten das Gutachten in Frage, Faustmann arbeitete nach: Die „kommunikativen Fähigkeiten und Fertigkeiten“ reichten aus, schreibt Faustmann in einem zweiten Gutachten aus dem Sommer 2019, eine „adäquate Kommunikation mit Herrn Dussmann war möglich“. Nach mehrfachen Verschiebungen trafen sich die streitenden Parteien am Mittwoch erstmals vor Gericht. Mutter und Tochter waren nicht erschienen, aber natürlich Faustmann sowie der Notar Klaus Racky als einziger Zeuge des Geschehens am 25. Mai 2010.

Entscheidung im Spätsommer erwartet

Beide Parteien hatten den Ausschluss der Öffentlichkeit beantragt, um Peter Dussmann zu schützen, und das Gericht gab dem statt. Es sollten in der Verhandlung Pflegeaufzeichnungen vorgelegt werden, die eine Beurteilung des Zustands von Dussmann zum Zeitpunkt der Testamentsänderung ermöglichten. Am Nachmittag ging man auseinander, Faustmann und Racky bekräftigten ihre Aussagen, wie Prozessbeteiligte sagten. Bis Anfang August haben die Parteien nun Zeit, um schriftlich Stellung zu nehmen zu den Aussagen von Gutachter und Notar. Anschließend wird das Gericht urteilen.

"Ein Ozean zwischen Mutter und Tochter"

„Zwischen Mutter und Tochter liegt ein Ozean, über den man keine Brücke bauen kann“, sagte ein Anwalt dem Tagesspiegel. Angeblich nahm das Familiendrama seinen Lauf, als Angela 2006 Ronald Göthert heiratete. Ein Esoteriker, der sich mit feinstofflichen Ebenen und deren Bedeutung für den Menschen beschäftigte. Der Vater war entsetzt über die Wahl der Tochter und schuf eine Stiftung, damit nach seinem Tod das Ehepaar Göthert nur ja nicht direkt Einfluss nehmen könne auf die Firma. Und er änderte das Testament – allerdings erst vier Jahre nach der Heirat von Angela.

Die Mutter-Tochter-Konflikt eskalierte 2015, als die Tochter die Testierfähigkeit des Vaters infrage stellte. Öffentlich wurde aus Krankenakten zitiert, wonach Peter Dussmann bisweilen auf das Pflegepersonal losgegangen sein soll und überhaupt häufiger Aussetzer gehabt habe, die darauf schließen ließen, dass er nicht Herr seiner Sinne war. Catherine von Fürstenberg-Dussmann, 1951 in St.Louis geboren, hatte Dussmann in den USA kennengelernt und 1980 geheiratet. Die Witwe war entsetzt über die Veröffentlichung; der Bruch mit der Tochter war nicht mehr zu heilen.

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