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Passanten in einer Hamburger Einkaufsstraße: Der dortige Einzelhandel rechnet wegen der 2G-Regel mit Schlangen vor den Geschäften und ausbleibender Kundschaft.

© dpa

Einzelhandel klagt über 2G: „Es fehlt der vorweihnachtliche Schwung“

Der stationäre Handel leidet im Adventsgeschäft unter der 2G-Regel. Kunden sind abgeschreckt von Warteschlangen. Doch auch online gibt es Probleme.

Es war zumindest eine gute Nachricht zwischen all den schlechten der vergangenen Tage: 59 Prozent der Deutschen bevorzugen es auch im zweiten Jahr der Pandemie noch, im stationären Einzelhandel einzukaufen. Das will das Rabattportal Savoo in einer Umfrage herausgefunden haben. 47 Prozent der Befragten gaben sogar an, bei keinem einzigen Produkt vollständig aufs Onlineshopping umgestiegen zu sein – trotz Abstandsregeln und Maskenpflicht in den Geschäften.

Den Frust vieler Ladenbetreiber:innen dürfte das aber dennoch kaum lindern. „Das diesjährige Weihnachtsgeschäft ist schwach angelaufen. Der Einzelhandel bekommt die dramatische Verschärfung der Pandemie deutlich zu spüren“, sagt Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands HDE. Auch wenn er weiter mit einem Umsatzplus von zwei Prozent für das gesamte Weihnachtsgeschäft rechnet: Schon vor den 2G-Beschlüssen von Bund und Ländern war die Branche nur mäßig in ihr wichtigstes Quartal gestartet. Im Oktober wurden fast drei Prozent weniger Umsatz registriert als im Vorjahresmonat. „Der vorweihnachtliche Schwung fehlt bislang“, sagt Genth.

40 Prozent weniger Passanten als vor Corona

Das zeigen auch Daten aus den Fußgängerzonen. Durchschnittlich sieben Prozent weniger Passanten als in der Vorwoche verzeichnete das Analyseunternehmen Hystreet dort für die laufende Woche (Montag bis Donnerstag). Im gesamten November waren es bereits zehn Prozent weniger als im Oktober gewesen. Die Kölner Firma misst die Passantenfrequenz in den Einkaufsstraßen der 14 größten deutschen Städte mithilfe von Lasern. In der nun zu Ende gehenden ersten Dezemberwoche waren dort laut Hytsreet zwar 22 Prozent mehr Menschen unterwegs als zur gleichen Zeit im Vorjahr, aber immer noch 40 Prozent weniger als 2019.

Auch wenn der Adventssamstag und der verkaufsoffene Sonntag die Zahlen noch etwas verbessern dürften: „Die Corona-Maßnahmen sind ein herber Dämpfer für Umsatz und Frequenz im Handel“, sagt Genth. Nicht nur sei 2G für die Betriebe mit einem „massiven personellen und finanziellen Mehraufwand“ verbunden. Sich vor Geschäften in lange Schlangen einreihen und den Impfnachweis zeigen zu müssen, wirke auf Konsumenten außerdem oft abschreckend. Gerade kleinere Geschäfte würden über fehlende Kundinnen und Kunden klagen, sagte DIHK-Präsident Peter Adrian der „Rheinischen Post“. Der Handelsverband Textil Schuhe Lederwaren (BTE) fordert einfachere Lösungen für die 2G-Kontrollen: „Denkbar sind zentrale, gemeinschaftliche Prüfungen mit zum Beispiel Zugangsbändchen, wie sie bereits auf Weihnachtsmärkten oder in Einkaufszentren praktiziert werden“, meint Hauptgeschäftsführer Rolf Pangels. Damit würden teure und für den Kunden lästige Mehrfachprüfungen entfallen.

„Engpässe zehren an der Liquidität der Händler“

Doch nicht nur 2G verhagelt das traditionell umsatzstärkste Quartal. 77,8 Prozent der Einzelhändler klagten laut einer Ifo-Umfrage zuletzt, dass bestimmte Waren wegen der weltweiten Lieferkettenprobleme nicht erhältlich seien. Besonders schlimm ist die Lage bei Spielzeug, Fahrrädern und Computern. Um Geschenke müsse man sich deswegen im stationären Handel „frühzeitig kümmern und mit Einschränkungen in der Verfügbarkeit rechnen“, so Genth. Online sehe es besser aus, beteuert der E-Commerce-Verband BEVH, auch wenn er Engpässe bei Freizeitprodukten wie Spielzeug oder Sportartikeln einräumt: „Die meisten Onlinehändler arbeiten heute sehr datengetrieben und konnten ihre Bedarfe rechtzeitig einschätzen, um Warenmengen aufzustocken“, betont Verbandssprecher Frank Düssler. Hier fehlt es eher am Verpackungsmaterial.

„Aber auch wenn die Kunden weiterhin alles im Internet bekommen, zehren die Engpässe bereits stark an der Liquidität der Onlinehändler“, so Düssler. Die Branche rechne mit Lieferkettenproblemen bis weit ins kommende Jahr hinein. Viele Unternehmen würden deswegen Investitionen in Personal und Lagerflächen planen, um ihre Logistik zu verbessern und Waren bevorraten zu können.

Handelsverband: Fehlende Umsätze lassen sich nicht durch Online-Verkäufe kompensieren

Nach einem laut BEHV starken dritten E-Commerce-Quartal fiel der Schnäppchentag Black Friday in diesem Jahr laut dem Technologiedienstleister Criteo schwächer aus als 2020. Doch ein HDE-Sprecher prognostizierte am Freitag: „Es wird sicher weitere Umsatzverschiebungen hin zum Onlinehandel geben.“ Was nicht heißt, dass die Einnahmen dem stationären Handel ganz verloren gingen: „Unternehmen mit stationärer DNA, die sich nebenbei ein Online-Standbein aufgebaut haben, sind seit Pandemiebeginn die wachstumsstärkste Untergruppe im E-Commerce“, sagt Düssler.

HDE-Chef Genth beruhigt das nur bedingt: „Der vorweihnachtliche Bummel durch die Innenstadt und der Besuch des Weihnachtsmarktes tragen maßgeblich zum Erfolg des Weihnachtsgeschäfts bei. Die eng mit diesen Erlebnissen verbundenen Umsätze lassen sich nicht durch Online-Verkäufe kompensieren.“ (mit dpa)

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