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Ein Jahr Praktikum. Willis Omondi Ogutu und Lillian Kegera Mong'osi haben bereits in ihrem Heimatland Kenia Karriere gemacht. Nun haben sie bei Bayer und der Deutschen Bahn wichtige Auslandserfahrung gesammelt.

© GIZ

Afrika kommt!: Einmal Deutschland und zurück

Die Initiative "Afrika kommt!" bringt junge Führungskräfte von dem Kontinent in die Bundesrepublik.

Über die vielen Baukräne in Berlin freut sich Lillian Kegera Mong’osi besonders. „Hier gibt es so viele interessante Bauprojekte in der Stadt“, schwärmt die junge kenianische Bauingenieurin. Seit neun Monaten arbeitet die 36-Jährige bei der Deutschen Bahn am Potsdamer Platz, im Rahmen der Initiative „Afrika kommt!“. Das Projekt wurde 2008 von der deutschen Wirtschaft ins Leben gerufen, um jungen Führungsnachwuchs aus Afrika zu fördern und dadurch eine engere wirtschaftliche Verbindung zu dem Kontinent herzustellen.

Nach einem dreimonatigen Sprachkurs verbringen die Teilnehmer neun Monate in verschiedenen deutschen Unternehmen, darunter große Familienfirmen wie Adolf Würth und Dax-Konzerne wie SAP und die Deutsche Telekom. Zwischendurch nehmen die Stipendiaten an Trainings und Seminaren teil.

Lillian Mong’osi ist eine von 17 Teilnehmern aus verschiedenen afrikanischen Ländern, die das Programm absolviert haben und die nun in ihre Heimat zurückkehren. Bei der Deutschen Bahn arbeitete sie in der Sparte „Internationale Märkte“. Dort kümmerte sich die Kenianerin um die Projektabwicklung für die Regionen Afrika und Europa, um die Kundenbetreuung und die Akquise von Aufträgen. „In Deutschland wird sehr gründlich und effizient gearbeitet“, beschreibt Lillian Kegera Mong’osi. Das bestätige den guten Ruf, den die deutsche Industrie in ihrer Heimat habe. Auch die flachen Hierarchien haben ihr gefallen. „Wenn ich Fragen oder Anregungen hatte, konnte ich meinen Chef hier jederzeit ansprechen“, sagt sie. In Kenia, wo sie im Verkehrs- und Bauministerium öffentliche Bauvorhaben betreut, gehe es dagegen sehr förmlich zu.

Wenn Mong’osi nach Nairobi zurückkehrt, will sie auch Anregungen aus Deutschland mitbringen. „Hier sind alle Projekte hervorragend dokumentiert, man hat jederzeit genaue Daten zur Verfügung“, erzählt sie. Das sei in Kenia oft nicht der Fall. Bei der Deutschen Bahn hofft sie, ein differenzierteres Bild von Afrika vermittelt zu haben. „Viele denken immer noch, man könne ganz Afrika über einen Kamm scheren, aber die Länder und Kulturen sind höchst unterschiedlich.“

Die jungen afrikanischen Führungskräfte, die am vergangenen Mittwoch im Auswärtigen Amt feierlich verabschiedet wurden, waren schon der zweite Jahrgang der Initiative „Afrika kommt!“. Den Anstoß zu dem Projekt gab damals Tilman Todenhöfer, Geschäftsführender Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand. 2008 habe er mit dem damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler über seine Afrikareise gesprochen. „Wir waren uns damals einig, dass man dringend etwas tun muss für die Jugend dieses Kontinents“, sagt Todenhöfer. Er sprach Firmen, Stiftungen und Organisationen an, mit Erfolg: 17 Unternehmen unterstützen heute die Initiative. Sie betreuen die afrikanischen Fachkräfte in Deutschland und finanzieren ihren Lebensunterhalt im Rahmen eines Stipendiums.

Auch die Zeit-Stiftung und die Robert Bosch Stiftung unterstützen das Projekt. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kümmert sich um die Auswahlverfahren und die Organisation des Projektes, unter Beteiligung des Auswärtigen Amtes und der Deutschen Botschaften. Die Initiative ist langfristig angelegt: Auch nach dem Aufenthalt in Deutschland soll der Kontakt zwischen den Stipendiaten und den Unternehmen bestehen bleiben.

Für Willis Omondi Ogutu, der ebenfalls aus Kenia kommt, ist das sogar garantiert. Der 31-Jährige Betriebswirt fährt mit einem Vertrag in der Tasche zurück nach Hause. Neun Monate arbeitete Ogutu im Rahmen des Projektes bei der Berliner Pharmatochter von Bayer im Marketing für die Schwellenländer. Nach seiner Heimkehr wird er in Kenias Hauptstadt Nairobi für Bayer tätig sein, wo er Gesundheitsprojekte des Konzerns betreuen soll. Dabei geht es zum Beispiel um die Versorgung der ländlichen Bevölkerung mit Verhütungsmitteln, die Bayer unter anderem in Berlin herstellt.

Bevor der Betriebswirt nach Deutschland kam, arbeitete er für eine kenianische Nichtregierungsorganisation, die Gesundheitsprojekte im Land initiiert und betreut, etwa zur Prävention von HIV oder Malaria. Auch dort hatte er schon Kontakt mit deutschen Pharmaunternehmen. „Deutsche Marken wie Bayer sind sehr bekannt in meiner Heimat“, sagt Ogutu.

Als er bei Bayer in Berlin anfing, sei er erstaunt gewesen, wie international der deutsche Konzern sei. „In meiner Abteilung arbeiten Leute aus allen Regionen der Welt, und wir sprechen mehr Englisch als Deutsch“, sagt Ogutu. Besonders begeistert haben ihn die effizienten Strukturen und die gute Organisation im Unternehmen. „Aber in der Zusammenarbeit mit Partnern in Afrika könnten die deutschen Firmen manchmal etwas flexibler sein“, rät er.

Nun freuen sich beide Teilnehmer auf ihre Rückkehr nach Kenia. Was Mong’osi am meisten vermisst hat? „Meine beiden Kinder, die Sonne und das Essen“, sagt sie. Auch Ogutu freut sich auf zu Hause, wird aber die vielen Festivitäten in Deutschland vermissen. „Der Karneval, die Silvesterfeiern und die Weihnachtsmärkte haben mir gut gefallen.“

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