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Wirtschaft: „Eine Tischdeko ist wie ein Bühnenbild“ Gabriele Henkel über die Kunst, eine perfekte Gastgeberin zu sein

GABRIELE HENKEL ist die Frau des verstorbenen KonzernChefs Konrad Henkel. Sie ist berühmt für ihre Tischdekorationen und hat zu dem Thema ein Buch herausgegeben.

GABRIELE HENKEL

ist die Frau des verstorbenen KonzernChefs Konrad Henkel. Sie ist berühmt für ihre Tischdekorationen und hat zu dem Thema ein Buch herausgegeben.

Foto: privat

Frau Henkel. Sie gelten als perfekte Gastgeberin. Wo haben Sie das gelernt?

Nirgendwo. Ich habe mich bei unseren Empfängen und Abendessen häufig am Theater orientiert. Das heißt, ein Abend sollte organisiert werden wie ein Bühnenstück. Die Gastgeberin muss die richtigen Menschen zusammenbringen, das gilt insbesondere für die Tischordnung: Industrielle, Künstler, Politiker, Philosophen, junge und ältere Menschen, die sich niemals begegnen würden. So weist die Gastgeberin ihren Gästen eine Rolle zu und sorgt dafür, dass sie am Ende überrascht sind, wie gut sie sich unterhalten haben. Zu einem Bühnenstück gehört natürlich auch die passende Dekoration.

Gibt es Regeln für die richtige Dekoration?

Sie sollte stets von einer gewissen Zurückhaltung sein. Kein Prunk, kein Protz. Wir leben in einer Republik und nicht in Schlössern. Entscheidend ist, dass die Dekoration zum Anlass des Festes passt. Der Ehrengast sollte sich besonders angesprochen fühlen. Das kann man mit kleinen Aufmerksamkeiten erreichen: zum Beispiel, indem man Marzipan-Büchlein mit Initialen auf den Dessertteller legt, wenn das Essen für einen Schriftsteller stattfindet.

Und wenn jemand ganz bedeutend ist?

Als der frühere US-Außenminister Henry Kissinger und mein Mann Konrad ihren Geburtstag einmal zusammen feierten, habe ich die Oper La Traviata als Motto genommen. Alles war in dunkelrot gehalten, wie ein Opernhaus mit gemalten Vorhängen. Für Kissinger ist die Welt eine Bühne, auf der er sich als Politiker, Schriftsteller und Berater bewegt. Für den amerikanischen Künstler und Ferrari-Fan Frank Stella raste eine Carrera-Bahn über den Esstisch. Stella hat sich sehr amüsiert, vor allem, weil er in seinem Testarossa oft zu schnell fährt und das ein oder andere Strafmandat dafür bekommt.

Wer bringt Sie auf die Ideen?

Das ist Intuition, manchmal Zufall. Als Johannes Rau zum Bundespräsidenten gewählt worden war und Wolfgang Clement seinen Posten als Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen übernahm, haben wir einen Abschieds- und Willkommensabend gegeben. Kurz vorher fand ein Henkel-Pferderennen in Düsseldorf-Grafenberg statt. So waren Sättel, Körner und Boxen im Raum und Pferde auf der Wiese.

Was ist wichtig für ein gelungenes Fest?

Die Hauptsache ist, dass der Gast sich wohl fühlt, egal ob es ein Spagetti-Essen in der Küche mit einem Strauß Bauernblumen ist oder ein elegantes Diner. Man muss sich selbst einbringen, sich Gedanken machen, den Gästen das Gefühl geben, dass man sich diskret auf sie einstellt.

Muss das immer teuer sein?

Nein. Es kommt auf Geist und Hingabe an. Da muss es nicht immer edel sein. Und im Übrigen gibt es ja auch eine Menge Bücher, die bestimmt gute Anregungen geben, wie man auch im kleinen Rahmen ein guter Gastgeber ist.

Ist Tischdekoration für Sie Kunst?

In erster Linie ist sie das, was sie zeigt: Die Szene, auf der Menschen sich begegnen und wohlfühlen. Joseph Beuys hat einmal gesagt, ich solle meine Tische signieren. Bei anderer Gelegenheit sagte er: „Kümmern Sie sich um Ihre Begabungen!“ Und meine Künstlerfreunde meinen oft, die Dekoration sei zwar schön, aber sehr vergänglich. Nun: Ich mache Kunst mit Verfallsdatum.

Das Gespräch führte Silke Meßner.

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