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Daimler-Chef Dieter Zetsche.

© AFP/John MacDougall

Manipulationsverdacht bei Daimler: Die virtuelle Realität ist besser als die reale Realität

Daimler hat manipuliert. Und offenbar noch mehr manipuliert, als bislang bekannt war. Und hat die unbekannte Manipulation zurückmanipuliert. Eine Glosse. 

Eine Glosse von Richard Friebe

Es mag sein, dass es einigen noch nicht aufgefallen ist - den pedantischen Beamten beim Kraftfahrtbundesamt etwa, den Ökos, die meinen, dass ausgerechnet Feinstaub ungesund ist, oder all den Kommentatoren in den Medien, die jetzt wohlfeil den Konzern kritisieren. Aber tatsächlich hat man in Stuttgart - und hoffentlich auch in München, Wolfsburg, Ingolstadt und so – insgesamt beim Diesel alles super gemacht. Denn die Ingenieure und ihre Chefs haben genau das getan, was einst den Ruf der deutschen Ingenieurskunst begründete: wieder und wieder geniale Lösungen für echt schwierige Probleme gefunden. Und, ganz wichtig: implementiert! Auf die Straße gebracht! VW hat dafür sogar schon einen Anti-Nobelpreis bekommen.

Noch wichtiger: Sie zeigen, wenn die Meldungen neuer Manipulationen stimmen, mit diesen ihren aktuell publik werdenden Leistungen, dass sie dort, wo Deutschland angeblich so seine Anschlussschwierigkeiten hat - bei der Digitalisierung nämlich - ganz vorne sind. Sie können nicht nur komplizierte Codes coden, sondern auch wieder de-coden. Sie können manipulieren und entmanipulieren, indem sie noch mehr manipulieren. Das bedeutet doch: Nichts ist unmöglich. (Schade dass der Slogan als Autowerbespruch - immer diese Japaner - schon weg ist.) Sie schaffen digital nicht nur Lösungen für Probleme, sondern sogar Lösungen für Lösungen. Lösungen hoch zwei. Das ist Ingenieurskunst 4.0. Alles andere ist 20. Jahrhundert.

Für umweltfreundliche SUV brauchen wir Manipulation

Die Ingenieure haben es geschafft, mit virtueller Realität reale Realität wirklich zu ersetzen. Auch ein Novum. Dass damit ein bisschen Verlust von realer Realität einhergeht, ist nur zu logisch. Klar hat der Ansatz noch Kinderkrankheiten, das ist immer so, wenn eine neue Technologie kommt. Und klar, und typisch deutsch, dass wir da jetzt dran rummäkeln. Aber am Anfang hat auch kein Mensch geglaubt, dass sich das Auto durchsetzt, oder der Personal Computer, oder das Internet, oder Helene Fischer.

Die schiere Zahl von „Apps“ zur Reduzierung der gemessenen Schadstoffwerte – mindestens sechs sind es nun offenbar - zeigt zudem, dass es ohne Manipulation einfach nicht geht. Wenn wir uns im SUV umweltfreundlich fühlen wollen, brauchen wir sowas. Sonst dürften wir gar nicht SUV fahren. Und wo kämen wir da hin? Nicht weit, jedenfalls nicht mit SUV. Können wir das endlich mal akzeptieren und „move on“, wie der Engländer sagt?

Unsere Ingenieure und Manager, sie werden sich auch aus der aktuellen Misere wieder herausmanipulieren und -managen. Vielleicht geben sie aber auch entnervt auf und gehen nach China. Und das kann nun wirklich niemand wollen. Nicht nur, weil sie dort dann möglicherweise an allen möglichen Abschalteinrichtungen für die deutsche Wirtschaftskraft herumcoden würden. Sondern schon allein, weil da ja die Luft so schlecht ist.

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