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Graue Herren. Finanzfirmen müssen sich künftig an strengere Regeln halten.

© dpa

Grauer Kapitalmarkt: Die Regierung will Kleinanleger besser schützen

Der Fall Prokon hat gezeigt: Zu oft kaufen Anleger Finanzpapiere, deren Risiken sie nicht kennen. Die Regierung will jetzt ein Gesetz verabschieden, um Verbraucher besser zu schützen.

Von Carla Neuhaus

Erst waren es die Papiere der Windkraftfirma Prokon. Dann die Anleihen der MS Deutschland. Kleinanleger stecken ihr Geld immer wieder in Finanzpapiere, die sie für eine sichere Anlage halten – und sind geschockt, wenn ihr Erspartes plötzlich weg ist. Sie lassen sich täuschen von netten Werbeversprechen und erkennen viel zu spät, auf was für eine riskante Wette sie sich da eigentlich eingelassen haben.

Das soll in Zukunft anders werden. Die Bundesregierung will Anleger besser schützen – und stellt deshalb neue Regeln auf, an die sich Anbieter solcher Finanzprodukte künftig halten müssen. An diesem Mittwoch will das Kabinett das „Kleinanlegerschutzgesetz“ absegnen.

Im Fokus der Regulierung stehen diesmal nicht die Banken und Versicherer – sondern die Anbieter von Finanzprodukten, die bislang überhaupt nicht oder kaum reguliert wurden. Zum Beispiel Unternehmen wie Prokon, die sich über sogenannte Genussscheine, partiarische Darlehen oder Nachrangdarlehen Geld bei Privatanlegern leihen. Weil der Vertrieb dieser Produkte in der Vergangenheit kaum kontrolliert wurde, sprechen Experten vom Grauen Kapitalmarkt.

Mit dem neuen Gesetz kommt die Regierung einem Versprechen nach, das sie bereits im Mai gegeben hat. Damals hatten Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) einen Aktionsplan zum Verbraucherschutz auf dem Finanzmarkt vorgelegt – mit dem Ziel, Lücken in der Gesetzgebung zu schließen.

DIE PROSPEKTPFLICHT

Nach Angaben aus Regierungskreisen soll es künftig für so gut wie alle Finanzprodukte eine Prospektpflicht geben. Neu ist auch, dass der Anbieter diesen Prospekt regelmäßig aktualisieren muss. Spätestens nach einem Jahr verliert er seine Gültigkeit. Das Papier soll es Verbrauchern leichter machen, sich über das Unternehmen zu informieren, in das sie mit dem Finanzprodukt investieren. Sie erfahren, welche Vermögenswerte die Firma hat und wie hoch zuletzt die Gewinne oder Verluste waren. Solch ein Prospekt schafft zwar Transparenz für Verbraucher, schützt sie aber nicht vor Verlusten. Prokon hatte für seine Genussscheine zum Beispiel durchaus einen Prospekt herausgegeben – doch kaum ein Anleger dürfte ihn komplett durchgelesen, geschweige denn den Inhalt vollständig verstanden haben.

Und die Finanzaufsichtsbehörde Bafin prüft den Prospekt zwar – aber nur auf Vollständigkeit, nicht auf Inhalt. Das heißt, die Beamten schauen nur, ob in den Unterlagen alles drin steht, was drinstehen muss. Sie recherchieren nicht, ob die Angaben auch korrekt sind. Daran ändert auch das neue Gesetz nichts.

DIE KONTROLLE 

Immerhin soll die Bafin künftig aber eingreifen können, sobald sie Hinweise von außen erhält, dass etliche Anlegern auf ein dubioses Angebot hereingefallen sind. Die Bafin kann dann zum Beispiel Wirtschaftsprüfer in die Firma schicken oder ihr untersagen, das Finanzpapier weiterhin zu vertreiben. Auf diese Weise sollen schwarze Schafe frühzeitig aussortiert werden. Zuständig soll die Bafin allerdings ausschließlich für den „kollektiven Verbraucherschutz“ sein. Das heißt, sie kann nicht auf Beschwerden einzelner Anleger reagieren, sondern wird erst aktiv, wenn eine ganze Reihe von Verbrauchern betroffen ist.

DIE AUSNAHMEN

In ihrem Gesetzentwurf hat die Regierung Ausnahmen zugelassen. Das gilt vor allem für das Crowdfunding, bei dem junge Firmen übers Internet Wagniskapital bei Anlegern einsammeln. In Regierungskreisen heißt es, man habe die Verbraucher schützen, aber gleichzeitig die dynamische Entwicklung auf diesem neuen Markt nicht abwürgen wollen.

So müssen die Firmen keinen Prospekt veröffentlichen, wenn sie per Crowdfunding weniger als eine Million Euro einsammeln wollen. Kleinanleger dürfen dabei maximal 1000 Euro investieren, Anlegergruppen zusammen höchstens 10 000 Euro. Außerdem will der Gesetzgeber verhindern, dass sich Anleger verschulden, falls sie ihr eingesetztes Geld verlieren. Deshalb sollen sie per Crowdfunding maximal das Zweifache ihres Nettoeinkommens einsetzen können. Der Haken dabei: Der Kleinanleger muss dem Anbieter des Finanzproduktes Auskunft über seine finanziellen Verhältnisse geben, damit dieser von der Prospektpflicht befreit bleibt.

DIE WERBUNG 

Anbieter, die sich auf dem Grauen Kapitalmarkt tummeln, sollen es künftig schwerer haben, für ihre Produkte zu werben. Auf Bahnhöfen oder in U- und S-Bahnen dürfen die Firmen künftig nicht mehr auf sich aufmerksam machen. Im Fernsehen und im Radio dürfen sie nur noch im Umfeld von Sendungen Werbung buchen, in denen es um Wirtschaftsthemen geht. Und in Zeitungen und Zeitschriften müssen sie ihre Anzeigen mit einem Warnhinweis versehen, der auf die Risiken hinweist. Verbraucherschützern geht diese Regelung nicht weit genug. Sie hatten sich für ein vollständiges Werbeverbot eingesetzt.

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