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Neue Märkte: Die Koffer sind gepackt

Mittelständler zieht es nach Asien – China könnte schon bald der wichtigste Absatzmarkt sein. Doch nicht immer verfügen sie über eine klare Strategie

Berlin - China dürfte für die deutsche Wirtschaft in den kommenden Jahren noch wichtiger werden. Noch ist Frankreich der wichtigste Handelspartner für viele deutsche Unternehmen – schon in drei Jahren könnte aber die Volksrepublik diesen Platz eingenommen haben. Damit rechnen zumindest die größten deutschen Familienunternehmen. Daneben dürften Indien und Russland an Bedeutung gewinnen. „Die Firmen streben nach Asien“, sagte Frank Wallau vom Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn, der die Studie durchgeführt hat.

Ein Drittel der befragten 400 Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz glaubt daran, dass China bereits in drei Jahren das wichtigste Absatzland sein wird. Heute steht das Land für die Familienfirmen an Position zwei hinter Frankreich, das seit Jahrzehnten der wichtigste Wirtschaftspartner für die Bundesrepublik ist. Auftraggeber der Studie waren die Deutsche Bank und der Industrieverband BDI.

Generell wollen immer mehr Firmen ihre Präsenz im Ausland erhöhen. Neun von zehn Unternehmen vertreiben ihre Produkte bereits im Ausland, drei von zehn planten Produktionsstätten jenseits der Grenzen. Davon haben sich wiederum zwei Drittel für Asien entschieden. Dies bedeute aber kein Misstrauensvotum für den Standort Deutschland, unterstrich Deutsche-Bank-Vorstand Jürgen Fitschen. „Nur wenn man mittendrin ist, kann man Kundenbedürfnissen flexibel Rechnung tragen.“ Der Fokus auf Asien bedeute zudem nicht, dass die Bedeutung anderer Länder sinke, sagte IfM-Mann Wallau. „Der Umsatz beispielsweise in China steigt einfach mit einem deutlich höheren Tempo.“

China ist 2010 zum wichtigsten Lieferanten Deutschlands aufgestiegen. In den vergangenen Jahren hatten vor allem Großunternehmen die Vorteile Asiens entdeckt – und China zunächst als verlängerte Werkbank genutzt, später auch als Absatzmarkt entdeckt. Volkswagen etwa verkauft heute jedes dritte Auto in der Volksrepublik. Nun spielt dieser Trend offenbar auch im Mittelstand eine immer gewichtigere Rolle. Die großen Familienunternehmen stehen nach Angaben des Instituts für Mittelstandsforschung für ein Fünftel aller Umsätze und stellen ein Siebtel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Namhafte Familienfirmen in Berlin sind die Alba-Gruppe (Entsorgung), die Dussmann-Gruppe (Gebäudedienstleistungen, Pflege), Gegenbauer (Gebäudemanagement) oder die Wall AG (Außenwerbung).

Der Trend zur Internationalisierung wird nach Meinung von Deutsche-Bank- Manager Fitschen anhalten. Das Institut hat die Studie mit finanziert, weil es darauf hofft, Unternehmen beim Gang ins Ausland begleiten zu können und etwa davon zu profitieren, dass sie ihr Geschäft in Fremdwährungen abwickeln müssen.

Allerdings gibt es Fitschen zufolge Grenzen der Globalisierung. Zum einen fehle mancherorts die Infrastruktur für eine effiziente Produktion. Zum anderen gebe es bei hoch spezialisierten Produkten, die in geringer Stückzahl hergestellt würden, für eine Verlagerung in andere Länder keinen Grund. Ohnehin seien die Produktionskosten in Deutschland nicht höher als in vielen anderen Ländern.

Der Trend zum Gang ins Ausland hat aber auch eine Schattenseite. „Seit Jahren sind die Investitionen am Standort Deutschland rückläufig“, bemängelte Arndt Kirchhoff, BDI-Funktionär und Gesellschafter des Zulieferers Kirchhoff Automotive. Um das zu ändern, müsse es bessere steuerliche Bedingungen geben, etwa bei der Vererbung von Unternehmen. Auch sei eine sichere und bezahlbare Energieversorgung wichtig, verlangte er mit Blick auf den geplanten Atomausstieg.

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