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Kritik auch von EU-Seite: Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

© Kay Nietfeld/dpa

Den Finanzminister im Visier: "Der Fall Wirecard ist eine Causa Olaf Scholz"

Die EU-Finanzbehörde Esma rügt die deutsche Finanzaufsicht. Oppositionspolitiker sehen sogar "politischen Schutz" für den Finanzdienstleister Wirecard.

Die Opposition im Bundestag sieht sich auf europäischer Ebene in ihrem Vorwurf bestätigt, dass die deutsche Finanzaufsicht und das Bundesfinanzministerium im Fall Wirecard massive Fehler begangen haben. Die EU-Finanzmarktbehörde Esma veröffentlichte am Dienstag einen Bericht, in dem von Mängeln und Versäumnissen sowohl der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) als auch des Ministeriums die Rede ist.

Kritisiert wird, dass zwischen der Bafin und der von ihr beauftragten Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) die Zusammenarbeit nicht geklappt habe. Es habe zwischen den beiden Stellen nicht das gleiche Verständnis über Rolle und Möglichkeiten der beiden Institutionen gegeben, heißt es in dem Bericht.

Zudem sieht die Esma Anhaltspunkte für „ein erhöhtes Risiko der Einflussnahme“ des Finanzministeriums auf die Bafin. Belegt wird dies mit den vielen Kontakten zwischen beiden Stellen währender Prüfung der Wirecard-Bilanzen seit 2018. Dritter wesentlicher Punkt ist ein Unverständnis der Esma darüber, dass Bafin-Mitarbeiter auch während der Prüfungsphase, als in der Öffentlichkeit bereits Manipulationsvorwürfe gegen den Finanzdienstleister kursierten, mit Wirecard-Aktien gehandelt hätten.

Finanzpolitiker der Oppositionsparteien verschärfen nun ihre Kritik angesichts des EU-Berichts. Der FDP-Politiker Florian Toncar sagte dem Tagesspiegel: „Damit ist endgültig klar, dass Wirecard eine Causa Olaf Scholz ist.“

Es sei eine Schutzbehauptung des Bundesfinanzministers, man habe während laufender Bilanzprüfungen der DPR bei Wirecard nichts unternehmen können. Toncar wirft dem Ministerium vor, sogar „massiv mitgemischt“ zu haben. „Damit erhärtet sich auch der Verdacht, dass Wirecard politischen Schutz genossen hat.“

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Auch der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi sieht sich bestätigt. Der Esma-Bericht sei „eine Ohrfeige" für die Bafin. Es bedürfe dringend einer Reform der Finanzaufsicht, „so dass sie Zähne hat“. Der politische Einfluss des Finanzministeriums auf die Finanzaufsicht müsse eingeschränkt werden.

"System kann nicht funktionieren"

Auch der Grünen-Politiker Sven Giegold, Abgeordneter im Europäischen Parlament, forderte eine Reform der deutschen Finanzaufsicht. Der Esma-Bericht lege „schonungslos“ offen, dass das deutsche System der gemeinsamen Bilanzkontrolle durch die BaFin und die DPR nicht funktionieren könne. „Wenn Vertraulichkeitsregeln die effektive Kommunikation der Behörden vereiteln und sich diese teils bezüglich ihrer jeweiligen Rollen uneinig sind, wird es Betrügern zu leicht gemacht.“ Das Verantwortlichkeitenchaos müsse ein Ende haben.

Scholz reagierte abwehrend und sagte, die von der Esma vorgeschlagenen Verbesserungen entsprächen den bekannten Planungen der Regierung. „Ich betrachte das also nicht als etwas Kritisches.“ Auch die Bafin und die DPR wiesen Vorwürfe zurück. Ein Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Wirecard-Affäre hat in der vorigen Woche die ersten Anhörungen begonnen und setzt seine Arbeit an diesem Donnerstag fort.

Bafin und DPR sind in einem zweistufigen Verfahren für die Bilanzkontrolle zuständig. Aufgabe der Esma ist es, Richtlinien zu einer EU-weiten Harmonisierung der Bilanzkontrolle vorzuschlagen ud deren EInhaltung zu kontrollieren. europaweit harmonisiert werden soll und überprüft deren Umsetzung regelmäßig in sogenannten Peer Reviews. Die EU-Kommission könnte Defizite ebider deutschen Aufsicht zum ANlass nehmen, eine stärkere Vereinheitlichung von Brüssel her durchzusetzen.

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