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Seinen Hauptsitz hat Delivery Hero in Berlin.

© AFP

Berliner Konzern steigt in den Dax auf: Delivery Hero muss jetzt liefern

Gleich mit zwei Unternehmen ist Berlin nun im Dax vertreten. Das ist eine Chance für die Stadt. Ob Berlin sie nutzen kann, hängt von Delivery Hero ab. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Carla Neuhaus

Berlin steigt auf. Nach der Deutschen Wohnen ist mit Delivery Hero binnen kurzer Zeit das zweite Berliner Unternehmen in den Leitindex Dax aufgerückt. Zunächst einmal ist das ein Erfolg. Es zeigt, dass die Wirtschaft der Stadt auf die richtigen Themen (Immobilien und Start-ups) gesetzt hat. Wie oft ist in der Vergangenheit beklagt worden, dass Berlin zwar Hauptstadt ist, aber kein einziges Dax-Unternehmen hat? Jetzt sind es gleich zwei. Darauf können wir schon ein bisschen stolz sein – gleichzeitig müssen wir uns aber fragen, wie nachhaltig das ist.

Denn mit Deutsche Wohnen und Delivery Hero sitzen nun ausgerechnet zwei Berliner Konzerne im Dax, die nicht gerade Vorzeigeunternehmen sind. Die Deutsche Wohnen etwa steht wegen steigender Mieten in der Kritik. Es geht also um die soziale Verantwortung des Unternehmens. Auch bei Delivery Hero ist das ein Thema. Dem Anbieter von Lieferdiensten wird vorgeworfen, seine Fahrer ungerecht zu entlohnen: Bezahlt werden sollen sie statt für die Arbeitszeit nur für geleistete Fahrten – sie erhalten also nur Geld, wenn jemand Essen bestellt.

Dazu kommt, dass Delivery Hero zwar seine Zentrale in Berlin hat – ansonsten aber hierzulande aber gar nicht mehr aktiv ist. Das Deutschlandgeschäft mit Marken wie Lieferheld und Foodora hat der Konzern verkauft. Stattdessen ist Delivery Hero vor allem in Asien unterwegs.

Wirecard war ebenfalls stark in Asien aktiv

Das erinnert an Wirecard: den Zahlungsdienstleister, den das Berliner Unternehmen in Dax ersetzt. Nach dem Bilanzskandal musste er Insolvenz anmelden – zum Verhängnis geworden ist ihm ausgerechnet das Geschäft in Asien. Nun ist natürlich nicht per se verwerflich, dort aktiv zu sein. Doch der Fall Wirecard hat gezeigt, wie schwer das Geschäft zu kontrollieren ist. Zumal Delivery Hero längst nicht die Aufsichtsstruktur hat, die für einen internationalen Konzern wünschenswert wäre: Im Vorstand sitzen gerade einmal zwei, im Aufsichtsrat sechs Mitglieder.

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Abgesehen davon, rückt mit Delivery Hero ein Unternehmen in den Dax auf, das nicht einmal Gewinne macht. Denn profitabel zu arbeiten ist keine Voraussetzung, um in den wichtigsten deutschen Aktienindex aufzusteigen. Bei der Entscheidung geht es einzig um den Börsenwert und den Börsenumsatz: Also, wie viel sind die Aktien wert und wie stark werden sie gehandelt? Delivery Hero muss also erst noch beweisen, dass das Unternehmen mit seinem Geschäftsmodell Geld verdienen kann. Zumal der Markt für Lieferdienste umkämpft ist.

Pro Fahrt lässt sich da wenig verdienen. Das rechnet sich nur, wenn man gleich in diversen Ländern Marktführer ist. The winner takes it all. Delivery Hero will dieses Rennen gewinnen – ist damit aber längst nicht alleine. Damit besteht die Gefahr, dass die Erfolgsgeschichte des einstigen Berliner Start-ups schneller vorbei ist als gedacht. Sollte das passieren, fiele das nicht nur auf den deutschen Finanzplatz sondern auch auf Berlin zurück.

Zumal ein Konzern mit dem Aufstieg in den Dax auch international in den Fokus von Investoren gerät. Fonds zum Beispiel müssen nun Aktien von Delivery Hero kaufen, wenn sie auf den Dax setzen wollen. Für Berlin ist das eine Chance, international nicht nur als hippe Party-Stadt sondern auch als Wirtschaftsstandort wahrgenommen zu werden. Für Delivery Hero ist es viel Verantwortung. Soll heißen: Der Konzern muss jetzt liefern.

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