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Ein Stau auf einer Autobahn. Gerade im Verkehrssektor scheint Deutschland seine Klimaziele zu verfehlen.

© Markus Scholz/dpa

Debatte auf dem „Future Mobility Summit“: Welche Rolle E-Fuels beim Klimaschutz spielen können

E-Mobilität gehört bei privaten PKW die Zukunft. Doch in anderen Bereichen setzen Experten nach wie vor auf E-Fuels.

Ungefähr mit dem gleichen Tempo, mit dem die Klimadiskussion in den letzten Jahren an Schärfe gewonnen hat, ist eine Technologie in den Vordergrund gerückt, die potenziell fast vollständige CO2-Neutralität für Verbrennungsmotoren bedeuten könnte: Synthetisch hergestellte Treibstoffe aus grünem Wasserstoff und CO2, auch bekannt als E-Fuels beziehungsweise strombasierte Kraftstoffe.

Vor allem im Luft- und Seeverkehr, in denen so viel Energie an Bord mitgenommen werden muss, dass batterieelektrische Antriebe kaum eine Rolle spielen können, ist die Hoffnung groß. „Wir können heutige Flugzeuge bereits zu 50 Prozent mit synthetischem Kerosin betanken, wir arbeiten an einer Zertifzierung für 100 Prozent“, erklärte Sabine Klauke, Technik-Vorstand beim Flugzeughersteller Airbus, gestern beim „Future Mobility Summit“ des Tagesspiegels.

Die Managerin hob damit einen der größten Vorteile von E-Fuels hervor: Die Kraftstoffe können mit herkömmlicher Verbrennungstechnik verwendet werden. Teure Neuentwicklungen auf Fahrzeugseite sind nicht nötig. Dementsprechend schielen alle Verkehrsträger auf eine Option zur Dekarbonisierung, auch der Straßenverkehr. „Es ist nicht sinnvoll, bestimmte Technologien von vorneherein auszuschließen“, so Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) beim Summit, weshalb man intensiv an E-Fuels für alle Anwendungsbereiche forsche.

Kein Widerspruch zu E-Mobilität

Den Fokus auf Elektromobilität im Straßenverkehr wollte zwar keiner der Teilnehmer des Panels „E-Fuels als Garant für die nachhaltige Transformation?“ infrage stellen. Schließlich ist auch das Verbrenner-Aus für Neuwagen ab 2035 auf EU-Ebene so gut wie beschlossen.

Dennoch ist für Matthias Kratzsch, CEO beim Ingenieurdienstleist IAV, klar: „Bei einer weltweiten Bestandsflotte von derzeit 1,5 Milliarden Verbrennern im Straßenverkehr braucht man Möglichkeiten zur CO2-Reduzierung.“ Dafür würden sich E-Fuels eignen.

Beim „Future Mobility Summit“ des Tagesspiegels wurden die Vor- und Nachteile von E-Fuels debattiert.

© Steffen Junghans

E-Fuels im Straßenverkehr gelten jedoch vielen als Verschwendung. Denn das Angebot bleibt absehbar knapp. Die zur Herstellung der Grundzutat grüner Wasserstoff und für die anschließende Synthetisierung benötigten Mengen erneuerbarer Energie sind riesig. "Um den gesamten europäischen Luftverkehr mit E-Fuels statt fossilen Treibstoffen durchzuführen, bräuchte man rund 1000 Terawattstunden (tWh) Strom aus Erneuerbaren jährlich", sagte Holger Kreetz, COO beim Energiekonzern Uniper. Der gesamte Stromverbrauch in Deutschland betrage rund 550 tWh im Jahre, wovon knapp die Hälfte aus Erneuerbaren komme.

Luftfahrt als besondere Herausforderung

„Da bekommt man mal ein Gefühl dafür, was für eine gigantische Herausforderung es ist, die Luftfahrt komplett zu dekarbonisieren“, so Kreetz. Dennoch hält er einen derart ambitionierten Ausbau nachhaltiger Stromquellen für möglich. Allerdings nicht in Europa.

Wir wollen die Technologieführerschaft.

Holger Kreetz, COO beim Energiekonzern Uniper

Die Frage sei, wo man grünen Wasserstoff am günstigsten und effizientesten produzieren könne. „Wenn man sich anschaut, was man in Deutschland für einen Euro an erneuerbarer Energie erhält, dann ist das nur ein Drittel von dem, was man teils im außereuropäischen Ausland bekommt.“

Dennoch sollten die entsprechenden Anlagen auch aus Deutschland kommen. "Wir wollen die Technologieführerschaft, das ist eine Chance für die Exportnation und das ist nur mit wirtschaftspolitischen Anreizen zu schaffen." Das Bundesverkehrsministerium habe löblicherweise umfangreiche Förderprogramme für die Forschung und Entwicklung der Technologie aufgelegt, antwortete Panel-Teilnehmer Kurt-Christoph von Knobelsdorff, CEO der NOW GmbH. "Man muss jedoch zugeben: Wenn die Dekarbonisierung wie vorgesehen klappen soll, sind die Zeitpfade für den Markthochlauf von E-Fuels eine gewaltige Herausforderung."

Wasserstoff werde für die Verkehrswende eine entscheidende Rolle spielen, ist sich Matthias Kratzsch sicher. Ihn zu importieren sei jedoch wenig zielführend. "Beim Transport per Schiff verlieren sie bis zu 20 Prozent des Wasserstoffs", der ohnehin in aufwendigen Tanks transportiert werden müsse. Das sei bei E-Fuels anders, sekundiert von Knobelsdorff.

Mit ihnen könne Energie so transportiert werden, wie heute schon fossile Kraftstoffe. Deutschland importiere heute schon 70 Prozent seines Primärenergiebedarfs. Das werde sich auch in Zukunft nicht ändern. "Die Frage der Effizienz von E-Fuels in der Herstellung ist daher sekundär, wenn sie damit einer Möglichkeit haben Energie in großen Mengen nach Deutschland zu bringen."

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