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Der steigende privater Konsum trägt die wirtschaftliche Erholung.

© Getty Images/iStockphoto/ReMa

Dax auf Rekordhoch, Inflation verlangsamt: Liegt die Wirtschaftskrise hinter uns?

Nach der leichten Rezession im Winter ist die deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs. Was sagt die Wirtschaftsforschung: Ist das Schlimmste geschafft?

Ein neues Allzeithoch beim deutschen Börsenindex Dax am Mittwoch. Die Inflation im Mai mit 6,1 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit März 2022. Die Konjunkturexpertinnen- und experten der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die aktuell ihre neuen Prognosen vorstellen, sind sich einig: Die wirtschaftliche Erholung hat begonnen.

Für das kommende Jahr stehen die Zeichen auf kräftigem Wachstum: Am DIW Berlin rechnet man mit 1,5 Prozent, am IfW Kiel mit gar 1,8 Prozent. Wir fragen drei Expert:innen, ob damit die Wirtschaftskrise hinter uns liegt. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Das Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahresverlauf wieder wachsen

Nach einem leichten Rückgang im Winterhalbjahr 2022/23 dürfte das deutsche Bruttoinlandsprodukt im restlichen Jahresverlauf wieder steigen. Der Rücksetzer hatte mehrere Ursachen. Wegen der hohen Inflation gingen die Realeinkommen zurück – die meisten Haushalte wurden ärmer und hielten sich daher mit Anschaffungen zurück. Auch der Staatskonsum sank wegen des Auslaufens von Corona-Maßnahmen. Gleichzeitig erschwerten Störungen der globalen Lieferketten die inländische Produktion und die Krankenstände waren ungewöhnlich hoch.

Bei all diesen Faktoren ist Besserung in Sicht. Entscheidend für eine positive Entwicklung ist, dass sich die Inflation weiter abschwächt. Dann werden kräftige Lohnerhöhungen wieder für steigende Realeinkommen sorgen und die Haushalte dürften wieder mehr ausgeben.

Für die Wirtschaftspolitik gibt es nur eine kurze Verschnaufpause. Erstens wird Deutschland älter und schon bald stehen weniger Arbeitskräfte zur Verfügung. Zweitens steht die Transformation zu einer klimaneutralen Volkswirtschaft an.


Die deutsche Wirtschaft ist mit einem blauen Auge davongekommen

In eine tiefgreifende Wirtschaftskrise ist Deutschland glücklicherweise gar nicht erst gerutscht. Angesichts dessen, was der deutschen Wirtschaft noch im Herbst mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, die Rekordinflation und befürchtete Gasmangellage vorausgesagt wurde, ist sie mit einem blauen Auge davongekommen – zumindest vorerst.

Laut unserer aktuellen Konjunkturprognose am DIW Berlin ist die leichte Rezession überwunden und die Wirtschaft auf Erholungskurs. Schon im aktuellen zweiten Quartal dürfte sie wieder leicht wachsen. Mit den verhandelten Tarifabschlüssen dürften ab der zweiten Jahreshälfte die Löhne stärker als die Inflation steigen, somit die Reallöhne zulegen und der anspringende private Konsum die Wirtschaft stützen.

Das Inflationsrisiko ist aber nicht vollends gebannt: Verharrt die Inflation oberhalb der von uns prognostizierten Werte von 5,9 Prozent in diesem und 2,5 Prozent im nächsten Jahr, könnte sich die wirtschaftliche Erholung verzögern – zumal die Europäische Zentralbank bei anhaltend hoher Inflation im Euroraum die Zinsen wohl noch weiter erhöhen müsste.


Wirtschaftsleistung liegt weiter unter dem Vor-Corona-Niveau

Die deutsche Wirtschaft bewegt sich momentan in einem Spannungsfeld zwischen erheblichem Potenzial für Zuwächse und gleichzeitig recht hartnäckigen Hemmnissen für die Produktion.

Nach wie vor lasten der Arbeitskräftemangel und die Lieferengpässe auf der Konjunktur. Die Nachwehen der Energiekrise und die straffe Geldpolitik haben der deutschen Wirtschaft im Winterhalbjahr zugesetzt. Auf Jahressicht ist nun ein Minus für Deutschlands Wirtschaftsleistung zu erwarten.

Der Ausblick ist aber besser, als es die negative Jahresrate vermuten lässt. Noch immer liegt die Wirtschaftsleistung unter dem Niveau vor Ausbruch der Corona-Pandemie, das Aufholpotenzial ist also hoch. Hohe Auftragsbestände in der Industrie im Gegenwert von immerhin 10 Prozent der Jahresproduktion, kräftige Kaufkraftzuwächse durch hohe Lohnabschlüsse und gleichzeitig sinkende Inflation sowie ein stabiler Arbeitsmarkt sind die Zutaten, um es auszuschöpfen.

In dem Maße, wie die Produktionshemmnisse nun überwunden werden, kann die Wirtschaftsleistung wieder anziehen. Die Bauwirtschaft wird dabei allerdings nicht mit von der Partie sein, weil dort erst nach deutlichen Preiskorrekturen die Leistung wieder anziehen kann.

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