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Deutschlandweite stehen etliche Apotheken unter Verdacht, illegalen Handel mit Corona-Medikamenten getrieben zu haben.

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Corona-Mittel teuer ins Ausland verkauft: Haben Apotheken den Staat betrogen?

Etliche Apotheken sollen das 650 Euro teure Arzneimittel Paxlovid, das sie kostenlos vom Staat erhielten, verbotenerweise ins Ausland verkauft haben. Die illegalen Profite gehen in die Millionen.

Im Kampf gegen das Corona-Virus erhielten die deutschen Apotheken kostenlos das Arzneimittel „Paxlovid“, um es kostenfrei an Corona-Erkrankte weiterzugeben. Der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge ermittelt nun allerdings die Staatsanwaltschaft in etlichen Fällen: Mehrere Apotheken sollen das Medikament teuer ins Ausland verkauft haben. Dem Bericht nach handelt es sich um illegale Profite in Millionenhöhe.

Mehrere Staatsanwaltschaften quer durch Deutschland ermitteln demnach aktuell wegen möglichen Paxlovid-Betrugs – die einen wegen Veruntreuung von Steuergeld und unerlaubtem Handel, andere wegen Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz, wieder andere wegen gewerbsmäßigem Betrug. Allein in Berlin, wo mehrere Tausend Packungen Paxlovid verschoben worden sein sollen, vermutet dem Bericht nach die Staatsanwaltschaft einen Gesamtschaden von mehr als drei Millionen Euro.

Wundermittel Paxlovid soll schwere Corona-Verläufe verhindern

Paxlovid gilt als eine Art Wundermittel, das gesundheitliche Schäden infolge einer Corona-Infektion abmildern und schwere Krankheitsverläufe verhindern soll. Als Gesundheitsminister Karl Lauterbach an Corona erkrankte, schluckte er dem „Spiegel“ zufolge binnen fünf Tagen 30 Tabletten des Medikaments. Anschließend berichtete er dem Blatt von einer durchschlagenden Wirkung: „Nach 24 Stunden konnte ich sogar schon wieder arbeiten.“

Das Bundesgesundheitsministerium beschaffte im Laufe der Pandemie eine Million Packungen Paxlovid vom Pharmakonzern Pfizer und überließ es zahlreichen Apotheken kostenlos – zur ebenfalls kostenlosen Weitergabe an Corona-Kranke. Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“, NDR und WDR kostete eine Packung damals rund 650 Euro. Die Beschaffungskosten dürften entsprechend rund 650 Millionen Euro betragen haben.

Im Ausland erzielt Packung Paxlovid bis zu 2000 Euro

Nun steht der Verdacht im Raum, manche Apotheken hätten das viele Steuergeld nicht für den Kampf gegen die Folgen der Pandemie benutzt, sondern damit ein lukratives und verbotenes Geschäft betrieben. Auf dem chinesischen Schwarzmarkt soll eine einzelne Packung im vergangenen Jahr bis zu 2000 Euro eingebracht haben.

Das Medikament Paxlovid wird vom Pharmaunternehmen Pfizer hergestellt. Eine einzelne Packung kostete mehr als 650 Euro, als das Bundesgesundheitsministerium bestellte. Inzwischen kostet das Mittel sogar 1149,19 Euro pro Packung.
Das Medikament Paxlovid wird vom Pharmaunternehmen Pfizer hergestellt. Eine einzelne Packung kostete mehr als 650 Euro, als das Bundesgesundheitsministerium bestellte. Inzwischen kostet das Mittel sogar 1149,19 Euro pro Packung.

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Obwohl das Medikament für Corona-Erkrankte in Deutschland kostenlos war, sei es kaum nachgefragt worden. Ein Berliner Apotheker sagte der „Süddeutschen Zeitung“, in seinem Filialverbund seien jährlich nur zwischen fünf und 30 Packungen über den Tresen gegangen. Als das Bundesgesundheitsministerium später Bilanz zog, stellte man im Hause Lauterbach verwundert fest, dass einzelne Apotheken riesige Mengen Paxlovid bestellt hatten. Eine Apotheke in Frankfurt am Main soll sogar 10.000 Packungen geordert haben.

Dem Bericht zufolge ermitteln nun deutschlandweit Staatsanwaltschaften wegen möglichen Betrugs gegen etliche Apotheken. In Bayern rückten Ende vergangenen Jahres 70 Einsatzkräfte zu einer Razzia aus. Bei den Durchsuchungen fanden sie auch größere Mengen Bargeld. Auch in Berlin filzten Beamte sechs Läden mit dem roten Apotheken-A. Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden geht in ihrer Anklage gegen eine Apotheke davon aus, dass rund 1400 Packungen des Medikaments ins Ausland verkauft wurden.

Illegaler Handel von Apotheken lässt sich nur schwer nachweisen

Der Handel mit den Medikamenten wäre illegal, da sie den Apotheken für die kostenfreie Weitergabe zur Verfügung gestellt wurden – finanziert aus Steuermitteln. Nachweisen lässt sich der illegale Handel allerdings nur schwer. Denn die Apotheken könnten einfach behaupten, sie hätten abgelaufene Packungen weggeworfen. Eine Dokumentationspflicht für abgelaufenes Paxlovid gibt es in Deutschland nämlich nicht.

Bis ein Vergehen tatsächlich nachgewiesen wird, gilt für alle Apotheken die Unschuldsvermutung. Doch die Paxlovid-Ermittlungen könnten sich zu einem weiteren Beispiel von Corona-Betrügereien auswachsen. Deutschlandweit hatten Staatsanwaltschaften im Zuge der Pandemie bereits alle Hände voll mit Betrugsdelikten zu tun: von Teststationen, die massenweise gar nicht vorgenommene Tests abrechneten und den Staat damit viel Geld kosteten, über dubiose Masken-Deals bis hin zu Subventionsbetrug mit Corona-Hilfen. (soe)

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