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Marcel Fratzscher leitet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und ist Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin.

© imago images/Christian Ditsch

Bücher über die Corona-Krise: In der Krise kommt das Gute, nicht das Schlechte zum Vorschein

Marcel Fratzscher stellt mit seinem Buch ein Plädoyer für Optimismus vor. Auch andere Ökonomen bewerten die gegenwärtige Lage in der Pandemie.

Die momentane Krise hat die soziale Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft verschärft. Viel zu viele Menschen verlieren ihre Arbeit. Unternehmen gehen zugrunde. Die Pandemie könnte die großen Themen dieser Zeit blockieren: den Klimaschutz, die Gestaltung des technologischen Wandels. All das schreibt Marcel Fratzscher in seinem Buch „Die neue Aufklärung. Wirtschaft und Gesellschaft nach der Corona-Krise“. Es ist ein optimistisches geworden.

Marcel Fratzscher leitet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und ist Professor für Makroökonomie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Aus seiner Sicht gibt es etliche Gründe, pessimistisch auf die Corona-Pandemie zu blicken. Und noch mehr für das Gegenteil. „Die Mehrheit der Gesellschaft hat große wirtschaftliche Opfer gebracht, um ihre schwächsten und verletzlichsten Menschen zu schützen“, sagt er. Das Gute, nicht das Schlechteste im Menschen, sei zum Vorschein gekommen.

Auch bezüglich der Politik fällt sein Urteil weitestgehend gut aus. Es seien zwar Fehler begangen worden, aber niemand habe eine ähnliche Krise bisher durchlebt. Außerdem hätten sich Politiker offen gezeigt, Fehler einzugestehen und Maßnahmen anzupassen. Dieses Jahr habe sogar offenbart, „dass in Krisenzeiten der Staat die einzige Instanz ist, die wirtschaftliches, soziales und politisches Chaos verhindern kann“, schreibt Fratzscher. Er hofft, dass in Erinnerung bleiben wird, wie wichtig ein starker Sozialstaat ist.

Der Staat müsse trotz Schulden investieren

„Was in den Stabilisierungsprogrammen jedoch vernachlässigt wurde, ist die Perspektive der notwendigen Transformation der deutschen Wirtschaft in Bezug auf Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Digitalisierung“, schreibt er. Der blinde Fleck der deutschen Wirtschaftspolitik sei die große Investitionsschwäche. Die Verkehrsinfrastruktur sei marode, Schulen verfallen. „Der deutsche Staat lebt seit zwanzig Jahren von seiner Substanz“, kritisiert der Ökonom. Die Krise dürfe trotz der enormen Verschuldung nicht dazu führen, dass der Staat noch mehr Geld einspare.

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So viele Lehren ließen sich aus der Pandemie ziehen. Sie habe ein neues Bewusstsein für die Wissenschaft geschaffen, findet Fratzscher. Es sei deutlich geworden, dass bei riesigen Herausforderungen nur globale Lösungen helfen. „In der Krise wird uns bewusst, wie abhängig wir voneinander sind“, sagt er. Der Neoliberalismus, der Glaube, dass der Markt alles besser wisse, werde zurückgedrängt. Die Globalisierung könnte solider werden.

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Was werden wir aus diesen Tagen lernen? Diese Frage stellt sich Fratzscher eher als jetzt schon Antworten zu geben, was langfristig anders sein wird. Wie werden wir in 20 Jahren auf diese Zeit zurückblicken und sagen: Das hat sich in unserer Welt wegen Corona verändert – und das nicht? „Diese Krise ist in vielerlei Hinsicht ein Weckruf an uns alle, um zu realisieren, was uns wichtig ist“, sagt Fratzscher. Außerdem habe sie allein mit Homeoffice und virtuellen Arztsprechstunden einen Wandel angestoßen, der sonst noch lange auf sich hätte warten lassen.

Auch andere Bücher widmen sich der Krise

Ein Buch über die Folgen der Corona-Pandemie schreiben: Auf diese Idee kam in den letzten Wochen nicht nur Marcel Fratzscher. „Wie wir unsere Wirtschaft retten – der Weg aus der Corona-Krise“, so lautet beispielsweise das neue Buch von Clemens Fuest, dem Chef des Ifo-Instituts. Wie schafft es der Sozialstaat, neue Ungleichheiten zu bekämpfen? Welche Gefahr droht durch die immensen Schulden? Bleibt die Eurozone stabil? Was wird aus dem Klimaschutz? Darum geht es – und es heißt in der Beschreibung: „In seinem grundlegenden Buch, das Wirtschafts- und Gesundheitspolitik erstmals konsequent zusammendenkt, weist uns Deutschlands führender Ökonom Clemens Fuest den Weg aus der Krise.“ 2017 machte er schon einen 288 Seiten umfassenden „Vorschlag zur Lösung der Eurokrise.“

In dem Buch „Neustaat“ analysieren 29 Bundestagsabgeordnete und 35 Experten, wie der Staat und seine Verwaltung besser funktionieren könnte. Die Unternehmerin Verena Pausder entwirft in ihrem Buch „Das neue Land“ ein Deutschland der Zukunft, „das nicht mehr auf den Wohlstand der Vergangenheit setzt, sondern mit neuen Technologien, neuen Lebensentwürfen – und vor allem neuen Ideen das Leben von uns allen verändern wird.“ Geht es bald so weiter bis bisher? Oder erleben wir einen Kulturwandel, in dem alles seine Richtung ändert und eine völlig neue Zukunft entsteht? Der Zukunftsforscher Matthias Horx stellt darüber keine Prognose auf. Er lässt den Leser rückwärts in die Vergangenheit schauen, die das Jetzt ist.

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