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BMW baut den Dreier künftig im südbrasilianischen Santa Catarina. "Flex" bedeutet, dass er mit Benzin und Ethanol laufen wird.

© BMW/Promo

Automarkt: Brasilien wird deutscher

BMW, Audi und Mercedes investieren in neue Werke. Experten sehen zwar gute Chancen für die Premiumhersteller – für die meisten Brasilianer bleiben die Modelle aber weiterhin unerschwinglich.

Berlin - Samba, Fußball und Karneval sind die drei gängigsten Stereotypen, wenn es um Brasilien geht. Effizienz, Zuverlässigkeit und Sparsamkeit bringt man eher mit anderen in Verbindung – dabei wird Brasilien nun deutscher als gedacht: BMW, Audi und Mercedes erweitern dort in den kommenden drei Jahren die Produktion ihrer Premiumfahrzeuge.

Investitionswelle für Brasilien

„Der Automobilmarkt in Brasilien war bisher eher klein und beschränkte sich auf Kompaktautos mit kleinen Motoren“, sagt Charles Krieck, Geschäftsführer für die Automobilbranche bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG in Brasilien. „Doch nun ist die Mittelklasse stark gewachsen und mehr Geld da, um bessere Autos zu kaufen.“ 2010 habe der brasilianische Automarkt bereits Deutschland als viertgrößten der Welt abgelöst. KPMG spricht von einer „Investitionswelle“ für das Land. 2013 wurden in Brasilien 3,74 Millionen Autos produziert, das sind 9,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem die Automobilexporte sind wichtig für das Land und im Vergleich zu 2012 um 25,6 Prozent angestiegen.

Die Automobilindustrie wird in Brasilien durch Steuererleichterungen gefördert. Importsteuern von bis zu 30 Prozent können nur umgangen werden, wenn mindestens 65 Prozent der Fahrzeugproduktion in Brasilien stattfindet. Um den Markt zu erschließen, bleibt den Fahrzeugherstellern also nichts anderes übrig, als ihre Produktion nach Brasilien zu verlagern. Die brasilianische Regierung will damit das Land als Exportnation stärken und mittelfristig die Rolle Mexikos als Autolieferant für die USA und andere amerikanische Märkte einnehmen, heißt es bei den Wirtschaftsexperten von KPMG.

Mercedes und Audi mussten die Produktion einstellen

Am schnellsten sind die Autobauer von BMW aus München, die ihr Werk bereits im Herbst in Betrieb nehmen wollen. „Brasilien gehört weltweit zu den am schnellsten wachsenden Volkswirtschaften und bietet als Markt ein enormes Potenzial für die Zukunft“, sagte Ludwig Willisch, BMW-Chef in Amerika, beim ersten Spatenstich in Santa Catarina im Dezember 2013. Audi folgt 2015 mit der Produktion der A3-Limousine sowie des kleinen Geländewagens Q3 in São José dos Pinhais – hier sitzt auch Volkswagen. „Wir wissen, dass der Markt für Luxusfahrzeuge in Brasilien klein ist, aber wir glauben, dass er bis 2020 um 170 Prozent wachsen wird“, sagte Audi-Chef Rupert Stadler bei seinem Besuch in Brasilien im vergangenen Jahr. Mercedes fertigt bereits Busse, Lkw und Transporter in Brasilien und möchte ab 2016 mit der C-Klasse und dem kleinen Geländewagen GLA auch die Produktion im Premiumsegment wieder aufnehmen. Mercedes und Audi hatten bereits Werke für ihre Premium-Pkw, mussten diese aber wegen mangelnder Nachfrage schließen. Dieses Mal soll alles besser werden – dafür sorgen die neue Mittelschicht Brasiliens und Steuervergünstigungen, die Fahrzeughersteller für Investitionen in Forschung, Entwicklung, Bildung und umweltfreundliche Technologien vom brasilianischen Staat bekommen.

VW-Gol seit 27 Jahren meistverkauftes Auto

Seit 1987 ist das meistverkaufte Auto in Brasilien der VW-Gol. Er wurde speziell für den lateinamerikanischen Markt entwickelt. Er ist vergleichbar mit einem spärlich ausgestatteten VW Polo und kostet etwa 10 000 Euro. Insgesamt wurden mehr als sieben Millionen Exemplare gefertigt. Die Nachfrage nach luxuriösen Modellen der deutschen Marken könnte nun mit günstigeren Preisen angekurbelt werden. Diese bleiben dennoch enorm hoch. Für einen 3er-BMW etwa müssen Brasilianer rund 40 000 Euro bezahlen, während ein vergleichbares Modell in Deutschland nur 33 000 Euro kostet. Für brasilianische Autoexperten gibt es für die unverändert hohen Preise zwei Gründe: Zum einen würden die deutschen Hersteller die teuren Importsteuern gegen lokale Abgaben eintauschen. Und zum anderen seien die Automarken daran interessiert, mit den Einsparungen ihre Gewinnmargen zu verbessern.

WM und Olympia sorgen für Profit

„Die Hersteller wollen mehr davon profitieren“, kommentiert KPMG-Analyst Krieck. Zuletzt standen die Brasilianer in der Kritik, da ihr erhöhter Konsum zu einem großen Teil über Privatkredite finanziert worden sei. Vor allem Autos würden mithilfe von Krediten gekauft, sagt Krieck. Dank der geringen Arbeitslosigkeit im Land sieht er aber „keinen Grund zur Beunruhigung.“ Den Zeitpunkt der Investitionen hält der Experte für gut gewählt: „Kurzfristig wird die Industrie des Landes von den beiden Events Fußballweltmeisterschaft und Olympia 2016 profitieren.“

Manuel Vering

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