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Ortstermin: Blind Date mit Ilse Aigner

Der Speisesaal in der "Unsicht-Bar" ist so schwarz wie ein Bunker. Heike Jahberg isst mit Verbraucherministerin Ilse Aigner im Dunkeln.

Meine Güte, ist das finster! Man sieht die Hand vor den Augen nicht, geschweige denn das, was auf dem Teller liegt. Doch genau das hat die Verbraucherministerin gewollt, als sie einige Journalisten in die „Unsicht-Bar“ eingeladen hat. „Man ist reduziert aufs Schmecken“, lobt Ilse Aigner die Vorzüge des Dunkelrestaurants.

Schmecken statt schauen. Damit wirbt die CSU-Politikerin für die „Geschmackstage“, die das Ministerium zusammen mit Sternekoch Johann Lafer vor drei Jahren ins Leben gerufen hat. 400 Veranstaltungen im Bundesgebiet sollen die Deutschen dazu bringen, sich gesünder zu ernähren und mehr zu bewegen. Vor allem Kinder und Jugendliche sollen ein „Gefühl fürs Essen“ entwickeln. Morgen geht’s los.

Das ganz besondere Gefühl fürs Essen bekommen die Ministerin, ihre Mitarbeiter und die Medienleute schon am Donnerstagabend. Der Speisesaal in der „Unsicht-Bar“ ist so schwarz wie ein Bunker, kein Licht dringt herein. Zu seinem Tisch wird man geführt, die Kellner – allesamt blind – gehen voran, die Gäste folgen in einer Polonaise, die Hand fest auf der Schulter des Vordermanns. Der Weg zum Tisch ist wie ein Flug ins All. Wer hier verloren geht, strandet für immer. Die anderen Gäste sieht man nicht, aber man hört sie. Vor allem, wenn ein Teller zu Boden kracht. Dann gibt es Applaus. Leichte Hysterie durchzieht den Raum.

Gemeinsam isst man weniger allein. Man scherzt gegen die Dunkelheit an, erzählt sich Geschichten. Wir erfahren, dass die Ministerin gern Rad fährt, Laubenkolonien mag, und neulich mit ihrer Schwester eine Bustour nach Dresden unternommen hat. Wie sie einmal von Milchbauern umzingelt worden ist und sich über den Hinterausgang retten musste. Ab und zu fühlt man die Hand des Kellners auf der Schulter. Will er sich vergewissern, dass man noch da ist?

Zwischendurch gibt es Essen. Was genau, soll man selbst herausfinden. Dabei hilft Ludger Brühl, Sensorik-Experte vom Max-Rubner-Institut in Münster. Er weiß eine Menge über den Geschmackssinn und noch mehr über Öle. Vor allem über kalt gepresstes Rapsöl. Nur mit dem Salat-Dressing kennt sich der Lebensmittelchemiker nicht so aus. Joghurt, tippt er, doch es ist Balsamico. Aigner hat’s gewusst. Allerdings ist es auch ihr zweiter Besuch in einem Dunkelrestaurant. Will sie noch einmal wiederkommen? Der Kellner geht davon fest aus: „Wir sehen uns“, sagt er zum Abschied.

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