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Der Wald ist kaputt, das Gras für seine Rinder wird knapp: Ulf Allhoff-Cramer sieht sich als Opfer des Klimawandels.

© Greenpeace/Daniel Müller

Bio-Bauer gegen Weltkonzern: Gericht weist Klimaklage gegen VW ab

Landwirt Ulf Allhoff-Cramer will Volkswagen zwingen, ab 2030 keine Verbrenner mehr zu verkaufen. In erster Instanz hat er keinen Erfolg. Auch andere Klimaklagen sind bislang gescheitert.

Es war die weltweit erste Klimaklage gegen einen Autokonzern: Doch in der ersten Instanz ist der Bio-Landwirt Ulf Allhoff-Cramer mit seinem Versuch gescheitert, Volkswagen zu mehr Klimaschutz zu zwingen. Das Landgericht Detmold, in dessen Nähe der Hof des Bauern liegt, hat die Klage am Freitag abgewiesen.

Volkswagen begrüßte die Entscheidung. „Die Klageabweisung bestätigt unsere Auffassung: Klimaklagen gegen einzelne herausgegriffene Unternehmen sind der falsche Weg und im Recht ohne Grundlage“, sagte eine VW-Sprecherin.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die den Landwirt unterstützt hatte, kündigte Berufung an. „Angesichts einer galoppierenden Klimakrise halten wir es für unabdingbar, die globale Verantwortung eines Konzerns wie Volkswagen mit seinem ländergroßen CO2-Fußabdruck gerichtlich klären zu lassen“, betonte der geschäftsführende Vorstand Martin Kaiser.

Auch Klagen gegen Mercedes und BMW sind gescheitert

Das Detmolder Urteil ist das letzte in einer Reihe von Klimaklagen. Zuvor waren bereits ähnliche Klagen von Greenpeace-Aktivisten gegen VW vor dem Landgericht Braunschweig und der Deutschen Umwelthilfe gegen Mercedes und BMW vor den Landgerichten Stuttgart und München gescheitert.

Die Kläger wollen die Autokonzerne zwingen, ihre Schadstoffemissionen zu senken und spätestens 2030 keine Autos mit Verbrennermotoren mehr zu verkaufen.

Der Prozess in Detmold war der erste in der Reihe, hatte sich jedoch länger hingezogen als die anderen Verfahren. Alle Prozesse gehen nun in die nächste Instanz vor die Oberlandesgerichte. Allhoff-Cramer hat bereits angekündigt, bis vor den Bundesgerichtshof ziehen zu wollen.

Dürre und Starkregen bedrohen seinen Hof

Der Landwirt betreibt in der Nähe von Detmold einen Bioland-Hof mit 25 Rindern und Ackerbau. Früher konnten sich seine Tiere allein von dem Gras ernähren, das auf seinem Land wächst, sagt Allhoff-Cramer.

Doch Dürre und Starkregen bedrohen seine Existenz. Der Bauer muss Futter zukaufen. Schuld daran hat nicht nur die Politik, meint der Ostwestfale, sondern auch die Industrie – allen voran die Automobilhersteller, die mehr Treibhausgase in die Atmosphäre jagen, als die Erde vertragen kann.

Die Autokonzerne sind dabei, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.

Ulf Allhoff-Cramer, Bio-Landwirt und Kläger gegen VW

„Sie sind dabei, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören“, sagt Allhoff-Cramer. Deshalb will er VW vor Gericht dazu zwingen, den Anteil seiner Pkw mit Verbrennungsmotoren sofort auf maximal 25 Prozent zu senken und ab 2030 gar keine Verbrenner mehr zu verkaufen. Zudem soll der VW-Konzern seine CO2-Emissionen bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 2018 reduzieren.

2018 habe der VW-Konzern 582 Millionen Tonnen CO2-Emissionen emittiert, das entspreche den jährlichen Emissionen von Australien, betont Benjamin Stephan von Greenpeace. Allerdings entstehen vier Fünftel der 582 Millionen Tonnen beim Betrieb der Autos.

Klimabeschluss aus Karlsruhe als rechtliche Grundlage

Die Klage stützt sich auf den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021. Darin hatten Deutschlands höchste Richter der Verfassungsbeschwerde von neun jungen Menschen stattgegeben, die ihre Freiheitsrechte durch zu laxe Klimaschutzvorgaben verletzt sahen. Das CO2-Budget sei endlich, so die Verfassungsrichter. Je später der Staat reagiere, desto stärker müssten die Eingriffe in die Freiheitsrechte sein, das betreffe vor allem die Jüngeren.

In Den Haag hatte im Mai 2021 eine Klage von niederländischen Umweltschützern gegen den Ölmulti Shell Erfolg. Das niederländische Gericht verurteilte den Konzern dazu, seine CO2-Emissionen durch den Verkauf der Petrolprodukte bis 2030 um 45 Prozent zu senken.

Proteste: Die Klage von Allhoff-Cramer wird von Greenpeace unterstützt.

© dpa/Lino Mirgeler

Doch vor den deutschen Zivilgerichten sieht es bislang anders aus. Es könne nicht festgestellt werden, dass die von dem Bauern vorgebrachten Beeinträchtigungen mit den von ihm geforderten Maßnahmen beseitigt werden könnten, erklärte das Landgericht Detmold nun am Freitag (AZ: 01 O 199/21).

Es gebe rechtlich keine Grundlage dafür, dem Autohersteller einen kompletten Ausstieg aus der Verbrennertechnologie vorzuschreiben. VW müsse auch andere Wege haben, um den CO2-Ausstoß zu verringern, da es neben batteriegetriebenen Elektromotoren noch weitere ernsthaft in Betracht kommende Alternativen gebe, etwa den wasserstoffbetriebenen Verbrennungsmotor oder Brennstoffzellen.

Es sei nicht Sache der Zivilgerichte, sondern der Politik, für Klimaschutz zu sorgen, lautete der Tenor der anderen Klimaprozesse gegen Autohersteller. Mit ihren Emissionen würden sich die Autokonzerne im rechtlich zulässigen Rahmen bewegen.

In der Europäischen Union werden ab 2035 keine Autos mit Verbrennermotoren mehr verkauft. Das endgültige Aus hatte das EU-Parlament Mitte Februar besiegelt. Die Autohersteller stellen ihre Flotten aber schon seit Längerem auf Elektromobilität um.

2026 will der VW-Konzern letztmals eine neue Plattform für Verbrenner vorstellen, die Marke Volkswagen will in Europa das letzte Verbrennerauto zwischen 2033 und 2035 verkaufen, Audi bereits im Jahr 2033, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. BMW nennt kein Datum für den endgültigen Ausstieg, bis 2030 soll aber die Hälfte des weltweiten Absatzes auf reine E-Autos entfallen. Mercedes plant, ab 2030 keine neuen Modelle mit Verbrennermotoren mehr anzubieten.

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