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Hotspot Berlin. Während der Platzhirsch Air Berlin mit sich selbst beschäftigt ist, greifen die Billigflieger Ryanair und Easyjet an. Vor allem auf der Strecke nach Köln/Bonn will Ryanair mit Kampfpreisen Kunden gewinnen.

© Soeren Stache/dpa

Ryanair und Easyjet gegen Air Berlin: Billigflieger rechnen mit Berlin

Ryanair baut den Standort Schönefeld aus, Easyjet verdient mehr Geld – doch Air Berlin schreibt weiter tiefrote Zahlen.

Der irische Billigflieger Ryanair bläst zum Großangriff auf Lufthansa und Air Berlin – und Berlin soll dabei im Zentrum stehen. „Deutschland ist für die kommenden fünf Jahre unser strategischer Markt Nummer eins, die treibende Kraft für unser Wachstum und Berlin der Motor“, sagte Ryanair-Marketingchef Kenny Jacobs am Dienstag dem Tagesspiegel. Die Ankündigung trifft Air Berlin zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Die nach Lufthansa zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft schreibt nach einem Rekordverlust im vergangenen Jahr weiter tiefrote Zahlen. Im ersten Quartal lag das Minus bei 210 Millionen Euro genauso hoch wie vor einem Jahr. Die vom neuen Vorstandschef Stefan Pichler begonnenen Aufräumarbeiten kommen langsam voran. „Wir sind am Anfang eines langen Weges“, sagte er am Dienstag. Der Billigflieger Easyjet, der in Schönefeld ebenfalls stark expandiert, teilte unterdessen mit, im gewöhnlich schwächeren ersten Geschäftshalbjahr schwarze Zahlen geschrieben zu haben.

Bereits im März hatte Ryanair bekannt gegeben, dass in Schönefeld mit Beginn des Winterflugplans am 27. Oktober fünf Boeing 737-800 stationiert und 18 neue Strecken eröffnet werden. Als jüngstes Ziel gab die Gesellschaft am Dienstag Teneriffa bekannt. Nach Köln/Bonn fliegt Ryanair nun vom 3. September an – zwei Monate früher als geplant. „Die Lufthansa ist ein sehr teurer Wettbewerber, Germanwings kein wirklicher Low-Cost- Carrier und Air Berlin verliert eine Menge Geld, das ist gut für unser Wachstum in Deutschland“, sagte Jacobs.

Air-Berlin-Chef: Es muss noch viel, viel getan werden

Tatsächlich fällt es Air Berlin schwer, sich von den Altlasten der zu schnellen Expansion zu befreien. Zwar bekräftigte Stefan Pichler am Dienstag das Ziel, 2016 operativ wieder schwarze Zahlen zu schreiben. „Ich bin verhalten optimistisch“, sagte er. Bis dahin müsse aber noch „viel, viel getan werden“. Auch im zweiten Quartal werde es noch keine Trendwende geben. Wegen des „erhöhten Marktdrucks“ werde die Geschäftsentwicklung nicht die gesetzten Erwartungen erfüllen. Es gehe immerhin „Schrittchen für Schrittchen“ voran: In den ersten drei Monaten sei der operative Verlust um zwölf Prozent auf 160 Millionen Euro geschrumpft und der Umsatz um vier Prozent auf 794 Millionen Euro gestiegen. Profitiert habe man vom sechstägigen Lufthansa-Streik und von den Osterfeiertagen. Auch in den kommenden Monaten soll das Flugangebot von Air Berlin weiter verkleinert und effizienter vermarktet werden. Es gebe überall im Vertrieb „erheblichen Nachholbedarf“, räumte Pichler ein. „Online sind wir fünf bis sechs Jahre zurück.“

Ryanair rüstet sich derweil für den absehbaren Preiskampf auf der innerdeutschen Rennstrecke nach Köln/Bonn. „Unser durchschnittlicher Flugpreis beträgt nur ein Drittel dessen, was Germanwings verlangt“, sagte Marketingchef Jacobs. Noch bis Donnerstag gibt es Flüge im Vorverkauf für 9,99 Euro. Überlegt wird, der Lufthansa-Tochter auch auf der Strecke nach Stuttgart Konkurrenz zu machen.

Der Billigflieger Ryanair bemüht sich um Seriosität

Vorbei sind die Zeiten, in denen Ryanair mit Plänen für Stehplätze oder die Einführung einer Toiletten-Nutzungsgebühr Negativ-Schlagzeilen machte. In jüngster Zeit bemüht sich der Billigflieger um Seriosität. Zunehmend steuert man die großen Airports statt abgelegener Provinzflughäfen an, erlaubt die Mitnahme zweier Handgepäckstücke und hat spezielle Programme für Familien und Geschäftsreisende aufgelegt.

Derzeit bietet Ryanair mehr als 180 Strecken von 13 deutschen Flughäfen. Im Kurz- und Mittelstreckenbereich liegt man mit einem Marktanteil von vier Prozent auf dem dritten Platz hinter Lufthansa (38 Prozent) und Air Berlin (15 Prozent) und noch vor Condor und Easyjet (jeweils drei Prozent). In Berlin, wo das Passagieraufkommen im Ende März abgelaufenen Geschäftsjahr um 40 Prozent auf 805 000 gesteigert wurde, sollen es im laufenden Geschäftsjahr 2,6 Millionen werden. Bis 2020 will Ryanair in Deutschland Air Berlin im Kurzstreckensegment überholen und bei einem Marktanteil von 15 bis 20 Prozent an mindestens 15 deutschen Flughäfen mindestens 25 Millionen Passagiere befördern, so Jacobs. Rund sechs Millionen der Fluggäste sollen dann in Berlin starten und landen.

Auch bei den Plänen von Ryanair, in vier bis sechs Jahren auf die Langstrecke zu gehen, spielt Schönefeld eine Rolle. Man könne sich vorstellen, von Berlin und Köln/Bonn aus Ziele an der US-Ostküste anzusteuern, sagte der Marketingchef. Die verzögerte Inbetriebnahme des neuen Flughafens BER werde die Expansion in Berlin nicht bremsen.

Der Wettbewerber Easyjet hat dank geringerer Spritkosten, positiver Währungseffekte und guter Buchungen zur Skisaison in den sechs Monaten bis Ende März ein Vorsteuerergebnis von sieben Millionen Pfund (9,75 Millionen Euro) erzielt.

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