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Die BVG stellt ihr vier neu eingestellten Busfahrer Nwar Al Jairudi, Mohamad Alsaid, Khair Al Halabi und Zoheir Senad im BVG-Betriebshof in der Muellerstrasse in Berlin.

© RubyImages/F. Boillot

Geflüchtete in den Fahrdienst: Bei der Arbeit, nicht auf der Flucht

Seit diesem Sommer lenken 13 Geflüchtete Busse der BVG durch Berlin. Auch andere große Unternehmen beschäftigen Flüchtlinge - mit Erfolg.

Von Muhamad Abdi

Die Berliner Verkehrsbetriebe suchen händeringend Busfahrer und setzen nun auf Flüchtlinge. Im vergangenen Juli haben 16 Geflüchtete eine Ausbildung begonnen. In diesem Sommer waren sie damit fertig. Anfangs lernten die Teilnehmer drei Monate lang intensiv die deutsche Sprache und die notwendigen Fachausdrücke. Ab November übten sie, mit dem Bus zu fahren.

"Der Arbeitsmarkt braucht diese Menschen", sagte Mario Lehwald Geschäftsführer der Arbeitsagentur Berlin Süd, am Montag. Gleichzeitig möchten wir Menschen aus anderen Ländern Bleibeperspektiven bieten".

Die BVG bietet 13 Flüchtlingen unbefristete Arbeitsverträge an. Die anderen drei Flüchtlinge, die ihre Ausbildung abgeschlossen haben, werden bei anderen Verkehrsbetrieben in der Stadt arbeiten. Insgesamt sind derzeit über 2700 Busfahrern bei der BVG beschäftigt. "Wir sind offen für die Welt. Menschen von über 40 Nationalitäten arbeiten heute bei uns", sagte der Personalvorstand Dirk Schulte.

"Ich wollte als Busfahrer in dieser Stadt arbeiten"

Nawar Al Jairudi ist einer der neuen Busfahrer. Der 38-jährige Mann aus Syrien hatte von einem Freund von dem Pilotprojekt erfahren. "Mein erster Kontakt in Berlin war mit Busfahrern. Als ich im Herbst 2015 nach Berlin kam, brauchte ich immer die Busfahrer zu fragen, wie ich eine Adresse finden kann. Seitdem wollte ich als Busfahrer in dieser Stadt arbeiten", erzählt Al Jairudi.

Der Vater von einem achtjährigen Kind hätte früher niemals gedacht, als Busfahrer zu arbeiten, aber heute ist es sein Ziel, ein produktiver Mann in dieser Gesellschaft zu sein. "Ich habe zehn Jahre als Rechtsanwalt in Damaskus gearbeitet, aber man muss realistisch sein. Ich denke nie an die Vergangenheit. Die Vergangenheit ist vergangen". Heute ist ihm wichtig, dass er sich um sein Kind kümmern kann, ohne Sozialhilfe zu bekommen. "In Deutschland kann ich nicht in diesem Alter von Anfang an studieren und als Rechtsanwalt wieder arbeiten", sagt er. "Deshalb bin ich zufrieden, dass ich in kurzer Zeit einen neuen Beruf gefunden habe".

Al Jairudi erzählt, wie anstrengend sein erster Tag als Busfahrer war. Er fuhr den Bus mit der Nummer M45 von Spandau zum Zoologischen Garten. "Als Busfahrer zu arbeiten ist keine leichte Aufgabe. Man muss sich sehr konzentrieren, pünktlich sein, und ich denke immer, dass ich die Verantwortung für viele Seelen habe". Ein Fehler könnte das Leben vieler Menschen gefährden.

Die neuen BVG-Busfahrer mussten nach der Ausbildung erst vier bis sechs Wochen lang unter der Begleitung eines Lehrfahrers fahren. Nach zwei Wochen allein auf dem Fahrersitz fühlt sich Al Jairudi besser und die Arbeit wurde einfacher.

Auch bei der Deutschen Bahn und der Post arbeiten Geflüchtete

Nicht nur die BVG, sondern auch andere Unternehmen in ganz Deutschland versuchen, mehr Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Seit 2016 hat die Deutsche Bahn mehr als 250 Plätze zur Qualifizierung von Flüchtlingen angeboten und bildet wenn möglich im Anschluss aus. Bei einem anderen Programm werden Geflüchtete zum Elektroniker für Betriebstechnik umgeschult. Dies dauert rund 28 Monate und richtet sich an Menschen mit Berufserfahrung.

Bei der Deutschen Post sind aktuell 1702 Geflüchtete aus Syrien, Eritrea, Somalia, Iran und Irak beschäftigt. Seit Ende 2015 haben bereits 4790 Geflüchtete einen Einblick in den Konzern erhalten. "Arbeit ist eine wesentliche Voraussetzung für gelungene Integration. Als globales Unternehmen ist es für uns daher selbstverständlich, geflüchteten Menschen im Rahmen unserer Möglichkeiten Angebote zu machen", sagt Personalvorstand Thomas Ogilvie.

"Wir haben bereits viele gute Erfahrungen gesammelt, wenngleich die bürokratischen Hürden oft hoch waren". Der Konzern profitiere von dem erweiterten Bewerberkreis, denn insbesondere in einigen Ballungsräumen, wo aufgrund der guten konjunkturellen Lage Vollbeschäftigung herrsche, "kann die Personalsuche zu einer Herausforderung werden".

In Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit und den Betriebsräten hat Daimler seit Ende 2015 ein mindestens 14-wöchiges Einarbeitungspraktikum für Flüchtlinge und Asylbewerber angeboten. Seitdem haben rund 850 Flüchtlinge ein Brückenpraktikum absolviert.

Außer Praktika sind momentan 48 Ausbildungsplätze von Flüchtlingen besetzt. "Mit unserem Brückenpraktikum konnten wir zahlreiche Teilnehmer auch in feste Jobs bei anderen Unternehmen, im Mittelstand oder ins Handwerk weitervermitteln", sagt Pressesprecher Oliver Wihofszki. "Wir selbst haben seit 2015 rund 160 Geflüchtete eingestellt. Weitere Festeinstellungen sind in den kommenden Wochen und Monaten natürlich möglich".

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