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In Norwegen gibt es einen Elektroauto-Boom.

© dpa

Elektroauto-Boom in Norwegen: Auf der Busspur am Stau vorbei

Norwegen hat weltweit den größten Anteil an Elektroautos. Wer ein solches "Elbil" fährt, kann richtig sparen.

Fünfmal die Woche fährt Nina Haug Eide aus Son 50 Kilometer nach Oslo, wo sie in einer PR-Firma als Personalchefin arbeitet. Doch selbst zur Rushhour ist die 42-Jährige nicht gestresst. Denn sie fährt ein Elektroauto, und mit dem kann sie die Busspuren benutzen und an den im Stau stehenden anderen Pendlern vorbeirauschen. „Ich spare bestimmt eine halbe Stunde Fahrtzeit“, schätzt Nina. „Außerdem muss ich mir keine Sorgen um einen Parkplatz machen.“   Nirgendwo in Europa boomt der Verkauf von Elektroautos so sehr wie im atomstromfreien Norwegen. Das Land mit seinen fünf Millionen Menschen hat weltweit den größten Anteil an Elektroautos bezogen auf die Einwohnerzahl. Inzwischen sind 18 Prozent aller Neuzulassungen strombetriebene Fahrzeuge. Im April wurde das 50000ste Auto dieser Art zugelassen.

In Norwegen wird beim Kauf eines Elektroautos keine Mehrwertsteuer fällig

Diese Entwicklung ist politisch gesteuert. Denn wer sich in Norwegen, wo Autos in der Regel 50 bis 100 Prozent teurer sind als in Deutschland, für das klimafreundliche Fahren mit Strom entscheidet, kann richtig sparen: Für ein Elbil, so der norwegische Name für Elektroautos, zahlt man weder die 25 Prozent Mehrwertsteuer, noch Importsteuer, noch Abgasabgaben. Der Kassenschlager, der VW E-Golf, ist damit rund 80 000 norwegische
Kronen (8800 Euro) billiger in der Anschaffung als ein traditioneller Golf.

E-Autos dürfen die Busspur benutzen

Doch es gibt noch weitere Vorteile: Man zahlt keine Autobahngebühren, darf die Busspuren benutzen, auf kommunalen Parkplätzen kostenlos parken, eine Reihe von Fähren sind umsonst und an vielen Stellen kann man gratis aufladen. Und Ladestationen gibt es unter anderem vor jedem Rathaus, an Tankstellen und auf vielen Firmenparkplätzen. 1726 im ganzen Land mit 6715 Ladepunkten. Für Nina und ihren Mann waren das überzeugende Argumente. „Ich schätze, wir sparen jedes Jahr 30 000 Kronen (3300 Euro) nur an Betriebskosten. Und in die Werkstatt müssen wir auch nicht so häufig.“ Die Luxusversion ihres Tesla S muss nur alle 500 Kilometer aufgeladen werden. „Wenn er richtig leer ist, dauert das 24 Stunden, aber so weit kommt es meistens nicht. Ich lade ihn meistens über Nacht zu Hause“, erzählt die vierfache Mutter.

Manche Fahrzeuge müssen schon nach 120 Kilometern an die Ladesäule

Svein Stene aus Oslo hat eine kleinere Version. Sein Nissan Leaf muss schon nach 120 bis 150 Kilometern an die „Tankstelle“, doch das stört ihn nicht. „Man muss seine Fahrten halt planen und ich weiß genau, wo die Ladestationen sind. Es gibt da so eine App.“ An der Schnellladesäule in Moss dauere das „Volltanken“ 20 Minuten. „Währenddessen mache ich dann meine Besorgungen“, sagt der 48-Jährige. Kaufentscheidend sei für ihn ausschließlich der finanzielle Aspekt gewesen. „Weil ich weder Steuern noch CO2-Abgaben bezahlen musste, war mein elbil nicht teurer als ein Benziner in der Klasse.“ Die große Popularität der Elektrofahrzeuge führt dazu, dass die staatliche Förderung immer häufiger infrage gestellt wird.

Der Staat hat ehrgeizige Klimaziele

Schließlich gehen dem Staat Milliarden von Kronen verloren. Doch die norwegischen Regierung hat sich verpflichtet, den CO2-Ausstoß bis 2020 von 130 Gramm auf 85 Gramm pro Kilometer zu senken. So wurde die Subventionierung 2012 um weitere vier Jahre verlängert. Dennoch hat der Rückzug bereits begonnen. Elektrische Leasingfahrzeuge sind nicht mehr von der Mehrwertsteuer befreit. Auch die freie Fahrt auf den Busspuren der großen Städte wird vermutlich bald der Vergangenheit angehören. Die Busfahrer klagen zunehmend, dass die Elbiler ihre Wege verstopfen und sie ihre Fahrpläne nicht einhalten können. Im Westen von Oslo dürfen die Stromautos deshalb seit Juni nur noch eingeschränkt die Bus-und Taxispuren benutzen.

Experten fürchten einen Einbruch beim Absatz, wenn die Privilegien wegfallen

Wenn die Privilegien wegfallen, werde der Verkauf der Elektroautos einbrechen, ist Petter Haugneland vom der Elbil-Vereinigung sicher. „Die Fahrzeuge sind dann einfach zu teuer, weil wir so hohe Steuern in Norwegen haben.“ Er ist aber zuversichtlich, dass die Regierung bei der Stange bleibt, bis die Elektrofahrzeuge wirklich wettbewerbsfähig sind. „Es gibt einen parteiübergreifenden Konsens in der Sache und ich rechne damit, dass in fünf bis zehn Jahren die Batterien größere Reichweiten zulassen“, meint Haugneland. Dann bräuchten die Elbiler keine staatliche Förderung mehr. dpa

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