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Bunte Begrüßung in Tegel. Am Montag fielen bundesweit 1650 Flüge aus. Foto: dpa

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Wirtschaft: Als die Zitronen sauer wurden

Das Lufthansa-Bodenpersonal protestiert deutschlandweit gegen die Umstrukturierung des Konzerns und die Personalkürzungen.

Berlin - Wer am Montagmorgen am Flughafen Tegel aus dem Bus stieg, bekam einen besonderen Empfang geboten: Etwa 80 Menschen in leuchtend gelben Westen standen auf dem Bordstein vor dem Südwesteingang und ließen sich von der Musik aus dem Versorgungswagen beschallen. „Wir wollen präsent sein“, sagte Jörg Reichl, seit 23 Jahren bei der Lufthansa beschäftigt. „Deswegen sind die Kollegen aus Schönefeld auch hierhergekommen.“ Etwa 90 Prozent der Beschäftigten in Berlin hätten sich dem Streik angeschlossen, schätzt er, außerdem sind Mitarbeiter aus Dresden gekommen. Das dortige Vertriebsbüro soll abgewickelt werden, wer nicht in Altersteilzeit geht, muss nach Berlin wechseln. Unzumutbar, findet Brigitte Scheffler. „Das ist eine doppelte Härte: Zuerst der Umzug und jetzt sollen wir auch noch auf das 13. Monatsgehalt verzichten“, ruft die kleine Frau ins Mikrofon. Scheffler arbeitet im Berliner Vertriebsbüro, das 20 Prozent seiner Stellen abbauen muss.

Dabei sind die Stellenstreichungen im Vertrieb eine vergleichsweise kleine Maßnahme. Das Sparprogramm „Score“ sieht bis 2016 den Abbau von 2500 Stellen vor, davon entfallen die meisten auf die Bereiche Finanzen, Personal und Einkauf, die künftig gebündelt werden sollen. Der Konzern will sparen und seinen Ertrag steigern. Das sei auch bitter nötig, sagt Lufthansa-Sprecher Christoph Meier. „Durch Mehrkosten zum Beispiel für Treibstoff werden diese Einsparungen gleich wieder aufgefressen.“ Neben den Beschäftigungsgarantien fordert Verdi in dem Tarifkonflikt mehr Geld, und zwar 5,2 Prozent. Die Lufthansa hat bislang weniger als ein Prozent angeboten, am 29. April wird wieder verhandelt. Ob es bis dahin noch einmal einen Warnstreik gibt, ließ Verdi am Montag offen.

Für die Arbeitsniederlegung mit Marsch durch den Flughafen Tegel und das Trillerpfeifenkonzert hat nicht jeder Verständnis. Zwar konnten die Passagiere der deutschlandweit 1650 ausgefallenen Flüge rechtzeitig umbuchen oder mit der Bahn reisen. Die Mitarbeiterin einer anderen Airline, die laut eigener Aussage um ihren Job fürchtet, schaute dem Zug dennoch kopfschüttelnd hinterher. Sie kann nicht verstehen, wieso sich die Lufthansa-Mitarbeiter mit ihrem vergleichsweise hohen Gehalt beschweren können. „Was wollen die eigentlich?“

Das Geld sei nicht das Problem, sagt Jörg Reichl. Es gehe um Sicherheit und Respekt. Er regt sich vor allem über die Äußerung von Lufthansa-Chef Christoph Franz auf, der gesagt habe, die Zitrone sei noch nicht ausgequetscht. „Wir sind keine Zitronen“, sagt er. „Wir sind das Herzstück von Lufthansa.“ Nantke Garrelts

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