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Maximilian Tayenthal (links) und Valentin Stalf wollen als nächstes in die USA expandieren.

© Mike Wolff

Allianz und Tencent investieren: N26 sammelt 160 Millionen Dollar ein

Die Allianz und der chinesische Konzern Tencent steigen bei der Berliner Smartphone-Bank N26 ein. Sie zahlen dafür so viel wie bislang für kein deutsches Fintech.

Von Carla Neuhaus

Für Valentin Stalf ist die Rechnung aufgegangen. Vor fünf Jahren hat er seinen Job bei der Start-up-Schmiede Rocket Internet gekündigt, um etwas zu tun, wofür ihn damals viele belächelt haben: Mit seinem Jugendfreund Maximilian Tayenthal wollte er eine Konto-App bauen. Heute hat seine Berliner Firma N26 eine Banklizenz und mehr als eine halbe Million Kunden, für die sie Girokonten führen. Das honorieren jetzt auch die Investoren und stellen N26 in einer neuen Finanzierungsrunde die Rekordsumme von 160 Millionen Dollar (130 Millionen Euro) bereit. Soviel hat bislang kein deutsches Start-up aus dem Finanzbereich eingesammelt. N26 toppt damit sowohl den Hamburger Kreditvermittler Kreditech als auch die Berliner Start-up-Bank Solaris. Die Gründer selbst sprechen sogar von einer „der größten Finanzierungsrunden in Europa“.

Beeindruckend ist dabei aber nicht nur die schiere Summe, sondern auch, wer sie investiert. Denn hinter den Millionen stehen der deutsche Versicherungskonzern Allianz und der chinesische Konzern Tencent, der für seinen Chatdienst Wechat bekannt ist. Ihr Einstieg bei N26 lässt erahnen, wo das Berliner Unternehmen noch hin will: zum einen raus in die Welt und zum anderen über das reine Bankgeschäft hinaus.

N26 greift die klassischen Banken bewusst an

Von Anfang an haben Stalf und Tayenthal sich bewusst als Angreifer der Banken positioniert: Statt wie viele andere Fintechs mit ihnen zu kooperieren, wollen sie ihnen bewusst Kunden abluchsen. Derzeit werben sie zum Beispiel auf Plakaten damit, „nicht die Bank deines Opas“ zu sein und anders als klassische Geschäftsbanken keinen „Bullshit“ zu erzählen. Um sich von deren Bankkonten abzugrenzen, ist N26 auch früh Kooperationen eingegangen: Mit Auxmoney bieten sie Kredite an, über den Roboadvisor Vaamo können ihre Kunden ihr Vermögen digital verwalten und mit Transferwise Gelder ins Ausland überweisen. Auch Versicherungen lassen sich in der Kontoapp von N26 abschließen.

So kooperiert auch die Allianz schon länger mit den Berlinern, stellt deren Kunden zum Beispiel eine Reiseversicherung bereit. Am Geschäftsmodell von N26 scheint der Konzern dabei so viel Gefallen gefunden zu haben, dass er nun auch finanziell bei N26 einsteigt. Wie Tencent tritt auch die Allianz dabei als strategischer Investor auf: Sie geben also nicht nur Geld, sondern werden auch durchaus an der einen oder andern Stelle Einfluss aufs Geschäft nehmen. So dürfte auch die Kooperation mit der Allianz weiter ausgebaut werden: „Wir sehen viele Verknüpfungspunkte für ein Zusammengehen zwischen N26 und der Allianz-Gruppe“, sagte Nazim Cetin, Vorstandschef der Investmenttochter Allianz X.

Welches Ziel verfolgen die Chinesen?

Weniger klar ist hingegen, welches Interesse der zweite neue Kapitalgeber verfolgt: der chinesische Konzern Tencent. In seinem Heimatland hat er seinen Messengerdienst Wechat in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut – unter anderem zu einem weit verbreiteten Bezahlverfahren fürs Smartphone. Damit drängen die Chinesen auch nach Europa. „Wir sehen die steigende Nachfrage an digitalen Bankprodukten und -services im europäischen Markt und freuen uns sehr, als ein strategischer Investor eine langfristige Partnerschaft zu N26 aufzubauen“, lässt sich am Dienstag Lin Haifeng, einer der Geschäftsführer von Tencent, zitieren. Wie diese Partnerschaft praktisch aussehen wird, bleibt offen.

Ob die Berliner ihrerseits mit N26 nach China expandieren, ist ebenfalls unklar. Naheliegend wäre es aber, zumal sie mit Li Ka-Shing schon länger einen der reichsten Männer Asiens als Geldgeber an Bord haben. Erst einmal will N26 aber in anderen Märkten wachsen. Nach 17 Ländern der Euro-Zone, in denen ihr Smartphone-Konto bereits verfügbar ist, wollen sie in diesem Jahr in die USA und Großbritannien expandieren – und damit in zwei Länder, in denen die Konkurrenz unter Finanz-Start-ups bereits groß ist.

Die Zahl der Kunden soll auf fünf Millionen steigen

Vor allem mit dem britischen Anbieter Revolut ringen die Berliner seit Längerem um die Gunst der Kunden. Ähnlich wie sie bieten auch die Briten ein Konto fürs Smartphone an, das auch Dienstleistungen wie Versicherungen, Kredite oder grenzüberschreitende Zahlungen umfasst. Seit kurzem ist Revolut auch in Deutschland aktiv und wirbt hier um dieselben Kunden wie N26. Ein pikantes Detail: Selbst die neue Kreditkarte von Revolut sieht der von N26 verblüffend ähnlich – was bei den Berlinern gar nicht gut ankam. Mit dem Markteintritt in Großbritannien versuchen Stalf und Tayenthal daher wohl zurückzuschlagen.

Das frische Kapital dürfte dabei helfen. Zumal die Ziele der Gründer ambitioniert sind. N26 soll „eine der am schnellsten wachsenden Banken in Europa“ sein, so wünschen es sich Stalf und Tayenthal. 2020 sollen aus bislang 850.000 Kunden bereits mehr als fünf Millionen geworden sein. Damit hätte N26 dann bereits ebenso viele Kunden wie die Postbank.

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