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Handelsplatz Frankfurt. Privatanlegern und Unternehmen in Deutschland drohen einer Studie zufolge Milliardenkosten durch die Finanztransaktionssteuer.

© Reuters

Finanztransaktionssteuer: Aktieninstitut: Privatanleger tragen die Kosten

Elf EU-Länder führen eine Steuer auf Finanzgeschäfte ein, um die Geldbranche an der Krisenbewältigung zu beteiligen. Das Deutsche Aktieninstitut warnt: Getroffen werden vor allem Privatanleger und die Realwirtschaft.

Nicht die Banken oder andere Verursacher der Finanzkrise, sondern Privatanleger und Unternehmen werden in Deutschland die geplante Finanztransaktionssteuer (FTS) bezahlen. „Diese Steuer ist ein Wahnwitz und erreicht keines der von der Politik versprochenen Ziele“, sagte Werner Baumann, Präsident des Deutschen Aktieninstituts (DAI) und Finanzchef des Pharmakonzerns Bayer am Donnerstag in Frankfurt am Main bei der Vorlage einer Wirkungsstudie der FFT. Selbst bei konservativer Annahme würden Anleger und vor allem der Mittelstand mehr als sieben Milliarden des in Deutschland auf jährlich zehn Milliarden Euro geschätzten Aufkommens aus der Steuer bezahlen. Banken und Finanzdienstleister würden die Belastung weiterreichen.

„Wir wünschen uns alle, dass der Finanzsektor stabiler wird, aber nicht über diesen Weg“, bekräftigte auch Christine Bortenlänger, Geschäftsführerin des DAI die Ablehnung. Elf EU-Staaten, darunter Deutschland, hatten im Januar die Einführung der FTS beschlossen. Geschäfte mit Aktien, Anleihen und anderen Wertpapieren sollen mit mindestens 0,1 Prozent besteuert werden, Derivate etwa zur Absicherung von Währungs- und Zinsrisiken mit 0,01 Prozent. Insgesamt erhoffen sich die elf EU-Staaten ein jährliches Steueraufkommen von 34 Milliarden Euro, allein zehn Milliarden in Deutschland. Über die FTS sollten Finanzinstitute einen Beitrag zu den Kosten der Finanzkrise leisten und Finanztransaktionen unattraktiver werden. Ausdrücklich nicht beabsichtigt war eine Belastung von Privatanlegern.

Genau dies aber wird nach Ansicht des DAI passieren. „Basierend auf dem heutigen Handelsverhalten erwarten wir nach Einführung der FTS zusätzliche Kosten von 2,6 bis 3,6 Milliarden Euro pro Jahr für Privatkunden“, sagt Finja Carolin Kütz von der Unternehmensberatung Oliver Wyman, die die Studie für das DAI erstellt hat. Allein Wertpapierdepots würden mit 1,9 bis 2,3 Milliarden Euro belastet. Bei Kapitallebensversicherungen seien es zwischen 600 Millionen und 1,2 Milliarden Euro.

Damit würde die Forderung nach privater Altersvorsorge geradezu konterkariert, sagt Baumann. Abstrus sind für das DAI die Folgen der FTS für die Riester-Rente: „Eine Riester-Fondssparerin würde über eine Laufzeit von 50 Jahren rund 7600 Euro weniger Ertrag erzielen“, sagt Kütz. Ohne FTS ergebe sich ein Kapitalzuwachs von 51 720 Euro, mit FTS seien es nur 44 120 Euro. Faktisch führe die FTS zu einer Rentenkürzung.

Auch Unternehmen der Realwirtschaft würden durch die Steuer belastet, wenn sie etwa mit Finanzgeschäften Zins- oder Währungsrisiken absichern. Auf 2,4 bis 3,7 Milliarden Euro beziffert die Studie die Kosten für die FTS, was 15 bis 20 Prozent des gesamten Körperschaftssteueraufkommens von 2012 bedeutet. Bei einem Konzern mit globaler Ausrichtung und einem Umsatz von 45 Milliarden Euro wären zusätzlich bis zu 50 Millionen Euro zu zahlen, bei einem Mittelständler mit 2,8 Milliarden Umsatz knapp eine Million.

Baumann zufolge werden Großkonzerne in solchen Fällen über die Verlagerung von Geschäften, „die nichts mit Spekulation zu haben“, ins Ausland nachdenken. Eine Möglichkeit, die Mittelständler allerdings kaum hätten. Dies gelte genauso für Privatanleger, die sich über Fondssparpläne oder Lebensversicherungen langfristig gebunden hätten. Dem Aktieninstitut zufolge sollte die Steuer komplett in der Schublade verschwinden. „Man muss komplett zurück und besser über gezielte Maßnahmen nachdenken, wie etwa Gebühren oder Umlagen.“ Sollte die FTS doch kommen, befürchtet DAI-Chefin Bortenlänger, dass Privatanleger auf den gefährlichen grauen Kapitalmarkt ausweichen.

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