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Das Beste aus allem herausholen, genau so sieht Simon Holloway seine Aufgabe bei Agnona.

© promo

Italienisches Luxuslabel Agnona: Kostbarer Stoff

Agnona wurde gegründet, um die Pariser Haute Couture mit den feinsten Wollstoffen zu versorgen. Heute ist die eigene Marke ein Experiment.

Es könnte gut sein, dass Simon Holloway einen der schönsten Jobs in der Mode hat: Er entwirft für das kleine, sehr feine italienische Luxuslabel Agnona. Gegründet wurde es 1953, um die Pariser Haute Couture mit hochwertigen Wollstoffen zu versorgen. Häuser wie Dior und Balenciaga ließen in Norditalien weben. 1972 beschloss der Gründer Francesco Ilorini Mo, eine eigene Kollektion entwerfen zu lassen. Die Kollektionen waren von Anfang an aus Jersey, Doubleface und Strick. „Es ist ein wunderschönes modernes Erbe, mit dem man arbeiten kann. Die entspannte italienische Eleganz hat nichts mit dem Inhalt eines verstaubten viktorianischen Kleiderschranks zu tun“, sagt Holloway.

Nicht, dass der 46-Jährige deshalb vor Freude in die Luft springen würde, er ist schließlich Brite. Mit durchgedrücktem Kreuz sitzt er in einem der Samtsessel im Charlottenburger Agnona-Geschäft, ist höflich, zugewandt und zurückhaltend. In fein akzentuiertem Englisch erklärt er seine Welt. Auf die Frage, ob er in Mailand lebt, schaut er kurz irritiert. „Nein, in London, ich bin Engländer.“ Jeden Montag fliegt er nach Mailand und erst wieder am Freitag zurück in seine Heimat – nur für die Arbeit, versteht sich.

Die fängt für Simon Holloway immer schon ein paar Monate früher an als für viele seiner Designkollegen, nämlich mit der Entwicklung der Stoffe. Dafür muss er nicht auf Messen fahren, er kann einfach in die hauseigene Weberei spazieren: „Bei Agnona bin ich zum Textildesigner geworden.“

Die Kollektionen sollen zeigen, was mit den Stoffen möglich ist

Seine Arbeit hat etwas von einem Experiment. Die Kollektionen sollen zeigen, was mit den Stoffen möglich ist, die die Weberei immer noch für die Luxushäuser in Paris herstellt. „Natürlich gibt es Einflüsse. Jede schlaue Weberei übernimmt ein wenig von den Inspirationen der Designer, für die sie arbeitet“, so schätzt der Kreativdirektor das ein. Er ist sehr glücklich darüber, dass seine Marke seit 1999 zum Textilkonzern Ermenegildo Zegna gehört. So kann er mit den Zegna-Webereien zusammenarbeiten.

Die Kollektion für diesen Sommer ist ungewöhnlich bunt. Grund dafür war der Besuch einer Ausstellung des Künstlers David Hockney.
Die Kollektion für diesen Sommer ist ungewöhnlich bunt. Grund dafür war der Besuch einer Ausstellung des Künstlers David Hockney.

© promo

Davon gibt es gleich mehrere. Eine ist auf Seide, eine auf Wolle, eine andere auf Baumwolle spezialisiert. „Theoretisch könnten wir also die ganze Kollektion nur in unseren eigenen Webereien herstellen lassen“, sagt Holloway. Da er sich nicht, wie viele andere Chefdesigner, mit zig Unterlinien und Zwischenkollektionen herumschlagen muss, denkt er schon bei der Stoffherstellung an jedes einzelne Kleidungsstück: „Ich weiß von Anfang an, dass ich ein blaues Kleid, eine himbeerfarbene Jacke zu einer limettengrünen Hose machen will."

Das Material steht bei Agnona im Mittelpunkt. Das lässt sich besonders gut am Doublefacegewebe erklären. Es ist eine Spezialität von Agnona und wird in der Haute Couture bis heute gern verwendet. Dafür verwebt man zwei meist unterschiedlich farbige Stoffe so miteinander, dass das fertige Material von beiden Seiten verwendet werden kann. Bei der Verarbeitung werden die Stoffe erst an der Kante voneinander gelöst, um sie dann übereinanderzulegen und per Hand zu vernähen.

Er verlässt sich ganz auf seine Entwürfe, die kein hirnloser Luxus, sondern eine Form von Kulturarbeit sind

Das offensichtliche Prachtstück der Saison ist bei Agnona ein pinkfarbener Kaschmirmantel für gut 4000 Euro. Er ist eines der ersten Stücke, auf die Ladeninhaberin Elke Brämer zusteuert, um die aufwendige Technik zu erklären. Auch Simon Holloway geht ausführlich auf die Entstehung ein. Ausgangspunkt war eine Ausstellung mit Bildern des amerikanischen Malers David Hockney, die er in London besucht hatte. Auf einem Gemälde sieht man die Sammlerin Marica Weismann in einem pinkfarbenen Kimonomantel vor einem Pool stehen. Holloway war angetan. „Der Mantel könnte von Agnona sein", dachte er. Er tüftelte so lange in der Weberei, bis der Stoff aussah wie die Oberfläche des Pools, die Hockney mit Vorliebe malte. „Es ist ein sehr technischer Prozess“, erklärt er. „Eine Lage aus pinkfarbenem und eine aus weißem Kaschmirgarn werden zu einem Doublefacegewebe zusammengesetzt. Das wiederum wird mit einer Textur überfärbt, die aussieht, als hätte man die Farbe mit einem Pinsel aufgetragen." Er nennt es den David-Hockney-Effekt.

Das Prachtstück der Kollektion ist ein rosa Mantel aus Kaschmir.
Das Prachtstück der Kollektion ist ein rosa Mantel aus Kaschmir.

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Dazu passt der Seidenblouson, bedruckt mit einem Palmenmuster, oder der korallenrote Blazer. So viel Farbe ist untypisch für Agnona, meist überwiegen Naturtöne, die gut zu Materialien wie Kaschmir und Alpaka passen.

Simon Holloway weiß, dass seine Kundinnen von Agnona etwas Besonderes erwarten: „Wer bei uns einkauft, kennt die Entwürfe von allen anderen Designern und kann kaufen, was er will.“ So exklusiv sind die Preise seiner Kleider. Und da es keineswegs im Sinne von Holloway ist, ein Star auf Instagram zu werden, um seine Mode zu verkaufen, verlässt er sich ganz auf seine Entwürfe, die kein hirnloser Luxus, sondern eine Form von Kulturarbeit sind.

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