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 Regenbogenfahne am Rathaus Schöneberg

© Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg

Streit um den Regenbogen: Welche Flagge soll es denn sein am Rathaus Schöneberg?

In den neunziger Jahren war die CDU in Berlin strikt gegen das Hissen der Regenbogenflagge. Jetzt beantragt sie in Tempelhof-Schöneberg, die Fahne an offiziellen Masten hochzuziehen. Aber es gibt neuen Streit.

Eigentlich ist es ein so schönes Bild: Die queere Community versammelt sich unter dem Regenbogen. Er ist ein positives Zeichen, er erzählt von Wünschen und Hoffnungen. Und Schöneberg ist bekannt für seinen Regenbogenkiez. Aber zumindest, wenn es um die offizielle Symbolik geht, scheint der Regenbogen nicht mehr zu reichen. Beispielsweise bei den Flaggen.

Verschiedene Gruppen sehen sich durch die Regenbogenflagge nicht repräsentiert: Trans Personen und Intersexuelle haben inzwischen ihre eigenen Fahnen. So gibt es eine quasi erweiterte Regenbogenflagge, die sogenannte Progress Pride Flag, die auch die Symbole der Transsexuellen, der Transgender sowie von queeren People of Colour aufnimmt und in einer weiteren Variante zudem die Zeichen der Intersexuellen deutlich abbildet.

Schon seit mehr als 25 Jahren ist es üblich, dass zur Christopher-Street-Day-Parade und zum Lesbisch-Schwulen Stadtfest Regenbogenfahnen vor dem Schöneberger Rathaus aufgezogen werden. Allerdings nicht an den hoheitlichen Masten, sondern an den zusätzlichen Fahnenmasten an den Seiten des John-F.-Kennedy-Platzes.

Die Regenbogenfahne ist seit vielen Jahren ein Symbol für die queere Community.
Die Regenbogenfahne ist seit vielen Jahren ein Symbol für die queere Community.

© dpa / dpa / Wolfgang Kumm

Am vergangenen Mittwoch brachte die CDU einen Antrag in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ein, die Regenbogenfahnen künftig „anlässlich der CSD-Parade und des Lesbisch-Schwulen Stadtfests im Schöneberger Regenbogenkiez auch an den offiziellen Flaggenmasten vor den Rathäusern Schöneberg und Tempelhof zu hissen“. Zur Begründung hieß es: „Die traditionelle Vorreiterfunktion des Bezirks sollte genutzt werden, um ein Zeichen für die Sichtbarkeit und Akzeptanz queerer Menschen zu setzen.“

Der Tag der BVV passte genau zum Thema: Der 17. Mai ist der internationale Tag gegen Homophobie, Biphobie, Interphobie und Transphobie (abgekürzt Idahobit). Das Datum hat für Deutschland auch eine andere Bedeutung. Auf diese wies der Unions-Bezirksverordnete Carsten Buchholz hin. Erst 1994 wurde im Strafgesetzbuch der Paragraf 175 vollständig gestrichen, nach dem einst homosexuelle Handlungen strafbar waren. Für Schwule sei es oft eine Chiffre gewesen, sich mit dem vermeintlichen Geburtsdatum 17. Mai gegenüber anderen zu offenbaren. Er selber habe vor 15 Jahren ganz bewusst am 17. Mai geheiratet – damals hieß es noch eingetragene Lebenspartnerschaft.

Wir wollen den Antrag der CDU verbessern.

Elias Joswich, Grüne

Grüne, SPD und Linke brachten in der BVV einen weitergehenden Antrag ein, der sich nicht nur auf die Regenbogenflagge bezieht, sondern auch auf die Progress Pride Flag. Und auf dem Rathausturm soll dann weithin sichtbar die Regenbogenfahne wehen. Die drei Fraktionen betonten zwar, dass sie den Vorstoß der CDU begrüßten, fanden ihn aber nicht ausreichend. „Wir wollen den Antrag verbessern“, sagte beispielsweise Elias Joswich von den Grünen. Es gehe auch darum, die Anliegen von Menschen sichtbar zu machen, die besonders diskriminiert seien.

Gerade trans Personen seien besonders häufig Opfer von gewalttätigen Übergriffen. Man wolle eine Queerpolitik von heute auch durch die Fahne deutlich machen. Die Linken-Bezirksverordnete Katharina Marg wies ebenfalls darauf hin, dass Transphobie ein großes Problem sei: „Wir wollen nicht hinter die Progress Pride Flag zurück.“

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Der CDU war dieser Antrag zu weitreichend. Die Berliner Flaggenverordnung lasse die Progress Pride Flag nicht zu. In der Tat ist dort genau geregelt, wie die Regenbogenfahne auszusehen hat, die an offiziellen Masten geflaggt werden darf: Sie „zeigt sechs gleichmäßig breite Querstreifen in den Farben – von oben nach unten gesehen – Rot, Orange, Gelb, Grün, Königsblau, Violett“.

Manuela Harling von der SPD verwies darauf, dass die aktuelle Flaggenverordnung von 2020 stamme, es die Progress Pride Flag aber erst seit 2021 gebe. Diese wurde am Tag der BVV-Debatte auch an der Seite vor dem Rathaus Schöneberg aufgezogen, vor der benachbarten Senatsjustizverwaltung hing eine erweiterte Progress Pride Flag.

Justitzsenatorin Felor Badenberg (rechts) und Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe  hissen die Flagge vor der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz.
Justitzsenatorin Felor Badenberg (rechts) und Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe hissen die Flagge vor der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz.

© dpa/Wolfgang Kumm

Die CDU solle nicht so sehr an der Flaggenverordnung hängen, das kleine Risiko könne man schon eingehen, sagte SPD-Fraktionschefin Marijke Höppner. Das schien die CDU aber nicht zu überzeugen. Sie enthielt sich bei der Abstimmung. Gegenstimmen kamen nur von der AfD. Deren Bezirksverordneter Uwe Kasper sagte, wenn man Regenbogenfahnen zulasse, müsse man auch Fahnen anderer Gruppierungen akzeptieren, sonst habe man ein Problem. Er nannte als Beispiele die Fahnen der katholischen und evangelischen Kirche.

In den neunziger Jahren wäre ein Antrag zum offiziellen Hissen der Regenbogenfahnen seitens der Christdemokraten undenkbar gewesen. Als sich 1996 die damalige Schöneberger Bezirksbürgermeisterin Elisabeth Ziemer (Grüne) über eine Anweisung des CDU-Innensenators Jörg Schönbohm hinwegsetzte und zum ersten Mal vor einem öffentlichen Gebäude die Regenbogenfahne aufziehen ließ, war die Empörung groß. Die bezirkliche CDU kritisierte deutlich, dass „Ziemer Recht und Gesetz bricht“, wie der Tagesspiegel berichtete.

Interessant war auch die Reaktion der Innenverwaltung. Sie teilte seinerzeit mit, dass nichts gegen den Verstoß unternommen werde, um „Frau Ziemer nicht aufzuwerten“.

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