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Harte Arbeit statt großer Kunst. Die Engländerinnen konnten bei dieser WM bisher selten glänzen.

© Imago/AAP

Zweites Halbfinale bei der Fußball-WM: Die spezielle Rivalität zwischen England und Australien

Im Rugby oder Cricket sind Duelle zwischen England und Australien hochbrisant. Nun gibt es bei dieser WM auch ein großes Fußballspiel zwischen den beiden Erzrivalen.

Als sich die Premierminister von Australien und Großbritannien im Juli beim Nato-Gipfel in Litauen trafen, stand Trashtalk als erster Punkt auf der Agenda. Bevor es um China, Russland und die Ukraine ging, lieferten sich Anthony Albanese und Rishi Sunak erst einmal einen verbalen Schlagabtausch über die laufende Ashes-Serie im Cricket. Alles schön gutmütig und augenzwinkernd, aber doch bierernst: England gegen Australien ist schließlich eine sportliche Rivalität, die immer Explosionspotenzial birgt.

Am Mittwoch (12 Uhr/ARD) wird jene alte Rivalität in ungewohnter Konstellation fortgesetzt. Im Halbfinale der Fußball-WM der Frauen treffen sich mit England und Australien die zwei Nationen, die ihre tiefe Abneigung normalerweise beim Rugby, Cricket oder Netball ausleben. Es ist vielleicht das Duell des Turniers: der Favorit gegen den Gastgeber, das Mutterland gegen den Fußball-Neuling.

Wie Englands Trainerin Sarina Wiegman zuletzt zugab, ist das für sie auch Neuland. Wiegman ist Niederländerin: die berühmten Ashes-Serien von 1981 und 2005 hat sie wohl nicht verfolgt, das legendäre Finale der Rugby-WM 2003 wohl ebenso wenig. Im Fußball hat dieses Duell keine Tradition, doch deshalb ist es nicht weniger brisant. Dafür sind die im Juli besonders hart umkämpften Cricket-Spiele der Männer und Frauen zu frisch in Erinnerung. Dafür geht es ja auch hier um viel zu viel.

Für die Engländerinnen bietet dieses Turnier schließlich eine einmalige Chance, unter Erfolgstrainerin Wiegman wieder Geschichte zu schreiben. Im EM-Finale 2022 schlugen sie Deutschland im Wembleystadion und holten den ersten Fußball-Titel für England seit 1966. Nun können sie mit einem Sieg gegen Australien dem WM-Titel einen Schritt näherkommen. Es ist, als würde diese Mannschaft all die Dämonen und Komplexe des englischen Sports im Alleingang verbannen.

Dabei ist Australien nicht zu unterschätzen. Erst im April haben die „Matildas“ England in einem Freundschaftsspiel geschlagen und damit auch die lange Erfolgsserie von Wiegman überraschend beendet. Mit Dänemark und Frankreich bezwangen die Australierinnen bei dieser WM zwei weitere Schwergewichte des Frauenfußballs und als Heimnation haben sie nicht nur sportlich das Momentum auf ihrer Seite. Wie wichtig das sein kann, wissen die Engländerinnen von der Heim-EM im vergangenen Sommer.

In England herrscht keine große WM-Euphorie

Noch ist die Euphorie aus jenem Sommer auf der Insel nicht zu spüren, so omnipräsent wie die EM oder zuletzt die Ashes ist das aktuelle Turnier nicht. Die Spiele finden ja auch ganz weit weg statt, und dazu auch meistens am Vormittag. Vor allem aber spielt England diesmal nicht so einen berauschenden Fußball wie 2022. Kolumbien und Nigeria konnten gerade so geschlagen werden. Es ist offensichtlich, dass dem Team ohne die vielen verletzten Schlüsselspieler wie Kapitänin Leah Williamson und Stürmerin Beth Mead die Leichtigkeit abgeht.

Dafür ist der Kampfgeist umso größer, wie Mittelfeldspielerin Keira Walsh am Montag auf der Pressekonferenz betonte. „Wir haben gesehen, dass die Mädels zum Kämpfen bereit sind. Die Spiele gegen Nigeria und Kolumbien waren nicht einfach, wir waren nicht immer überlegen und man hat jetzt eine andere Seite von unserer Mannschaft gesehen”, sagte die Spielerin des FC Barcelona. Auf die Stimmung in Sydney sei man gut vorbereitet. „Wir wissen, wie es am Mittwoch im Stadion sein wird und wir werden bereit sein.“

Das ist auch nötig. Denn, auch wenn Walsh die Antipathie zwischen den beiden Ländern herunterspielte, kommt man nicht um die Bedeutung dieser Rivalität herum. Schon jetzt bereiten sich die Australier darauf vor, einen weiteren Sieg gegen „The Poms“ zu feiern. Und im Gegenzug erwartet England Leidenschaft, Kampfgeist und – anders als im Cricket – vor allem den Sieg.

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