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Daumen hoch. Daniel Farke und Norwich City stehen kurz vor dem Aufstieg in die Premier League.

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Update

Von Lippstadt in die Premier League: Wie Daniel Farke Norwich City revolutioniert

Daniel Farke und Norwich City trotzen den zeitgeistigen Gesetzen des Transfermarkts und spielen im nächsten Jahr erstklassig.

Fußball ist ein extrem schnelllebiges Geschäft. Dieser scheinbar niemals alternde Grundsatz gewinnt auch am Beispiel vom Norwich City FC weiter an Wahrheit. Mit dem Traditionsklub aus dem Osten Englands hat der deutsche Trainer Daniel Farke den Aufstieg in die Premier League geschafft. Am Samstagabend gegen Blackburn reichte dafür ein 2:1-Heimsieg.

Anfang September 2018 konnte damit niemand rechnen. Denn Norwich verlor von den ersten fünf Saisonspielen drei. Das Derby gegen Ipswich Town am sechsten Spieltag riefen einige Beobachter bereits als erstes Endspiel für Farke aus. Von dem Wundertrainer aus Deutschland schrieb da noch niemand, zumal Norwich in dessen erster Saison lediglich den schnöden Platz 14 erreichte. Das Derby endete 1:1, Farke arbeitete weiter. Und wie: Von den folgenden 38 Spielen verlor Norwich nur noch drei, 24 Mal gewann das Team.

Als einen Hauptgrund für die enorme Leistungssteigerung sehen viele Beobachter den Positionswechsel von Marco Stiepermann. Der ehemalige Cottbusser kommt nicht mehr über die Flügel, er agiert nun im zentral-offensiven Mittelfeld und strukturiert das Spiel seiner Mannschaft. Hinzu kommen die 28 Saisontore des ehemaligen Schalker Stürmers Teemu Pukki.

Als Spieler wurde Farke nie Profi. Den Einstieg ins Trainerleben fand er beim SV Lippstadt, wo er so beliebt war, dass er auf den Willen des Vereinspräsidenten Kai Hartel, der Farke auf Grund seiner Haarpracht „Winnetou“ hin einst auf einem Pferd eine Ehrenrunde durch das Stadion drehte, obwohl er laut eigener Aussage vor Pferden Angst hat. Heute singen die Fans in Norwich ein selbstgedichtetes Lied darüber. Für die Stelle dort empfahl er sich mit seiner klaren Philosophie, die er auch beim BVB spielen ließ.

Farke setzt auf Ballbesitzfußball und ein extrem hohes Maß an Fitness. Norwich will auch verzwickte Spielsituationen spielerisch lösen und den Gegner laufen und so ermüden lassen. Der Plan geht auf: 25 Prozent ihrer Saisontore erzielten die Canaries zwischen der 81. Minute und dem Spielende. Wenn sich der Gegner bereits müde gelaufen hat, kann Norwich noch einmal zuschlagen.

Die Transfer-Strategie hilft Norwich City auch wirtschaftlich

Vieles erinnert bei dieser Geschichte auch unweigerlich an die von Huddersfield. Auch da übernahm mit David Wagner ein Trainer aus Deutschland. Farke beerbte Wagner sogar als Trainer der U-23-Mannschaft von Borussia Dortmund. Auch er verpflichtete, wie Wagner, mit Christoph Zimmermann, Mario Vrancic, Onel Hernandez oder Moritz Leitner für vergleichsweise kleines Geld Spieler, die in Deutschland unter dem Radar flogen oder in England ihre zweite, dritte oder sogar vierte Chance suchten.

Insgesamt finden sich in der Mannschaft zehn Spieler wieder, die bereits in Deutschland aktiv waren. Eine anachronistische Strategie, die während der teils zerfahrenen ersten Saison noch durchaus in der Kritik stand und nun als Basis des Erfolgs gefeiert wird. Und eine Strategie, die der Klub Farke auch wirtschaftlich dankt. 2016 steckte Norwich noch in finanziellen Schwierigkeiten. Seit Farke vor Ort ist, wurde dagegen ein Transferplus von 50 Millionen Euro erwirtschaftet. „Als Wettbewerber hat mich die ultimative Herausforderung gereizt, mit Norwich einen Klub zu übernehmen, den maximale Probleme im Tagesgeschäft belastet und zugleich hohe Erwartungen umgeben hatten“, sagte Farke der „Süddeutschen Zeitung“. „Mir war bewusst: Wenn ich in dieser Konstellation erfolgreich sein kann, bin ich im Fußball für alle Aufgaben bereit.“

Von dem eingeschlagenen Weg, leistungsstarke, aber weniger beachtete und deshalb günstigere Spieler zu verpflichten, wird der Klub, so sagen es die lokalen Experten, auch nach dem Aufstieg nicht abrücken. Zu groß ist das Vertrauen in Farkes Qualität, aus wenig sehr viel zu machen.

Louis Richter

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