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Mal sinnvoll, mal illegal: Die Spritze soll bei der Impfung vor Grippe schützen, den Sport muss der Staat dagegen vor Doping bewahren.

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Update

Anti-Doping-Gesetz: Wer spritzt, der sitzt

Am Mittwoch wird der Entwurf für das neue Anti-Doping-Gesetz vorgestellt – Sportlern drohen künftig Hafstrafen bis zu drei Jahren. Wir erklären die wichtigsten Punkte.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) stellen am heutigen Mittwoch in Berlin den Entwurf für ein Anti-Doping-Gesetz vor, das voraussichtlich im April vom Kabinett verschiedet werden sollen. Die Regierungsparteien hatten 2013 das Gesetz bereits im Koalitionsvertrag als erklärtes Ziel festgehalten. Das Anliegen ist nicht neu, war in der Vergangenheit aber stets an inhaltlichen Vorbehalten der Politik und dem Widerstand aus dem Sport gescheitert. Wir erklären die wichtigsten Punkte.

Mehr Fairness durch Abschreckung

Die Bundesregierung verspricht sich von dem Gesetz sowohl eine repressive als auch eine präventive Wirkung. Es soll also zur Überführung und Bestrafung von dopenden Sportlern führen sowie andere Athleten, die Doping in Erwägung ziehen, abschrecken. Insgesamt soll das Gesetz „Fairness und Chancengleichheit sichern und damit zur Erhaltung der Integrität des Sports beitragen“. Außerdem soll die Gesundheit von Sportlerinnen und Sportlern geschützt werden.

Umfassendes Verbot

Erstmals wird mit dem Gesetz Selbstdoping strafrechtlich verfolgt. Schon der Erwerb und Besitz kleinster Mengen von Dopingmitteln – etwa von einer einzigen Tablette – ist strafbar, sofern dem Sportler die Absicht nachgewiesen werden kann, sich in organisierten Wettbewerben einen Vorteil zu verschaffen. Auch das Bei-Sich-Anwenden-Lassen von Dopingmitteln, die Herstellung, der Handel, die Weitergabe, die Einführung nach Deutschland sowie Dopingmethoden werden ausdrücklich von dem Gesetz erfasst. Verboten ist Selbstdoping nicht nur bei Wettkämpfen, sondern auch in Ruhe- oder Trainingsphasen. In der Anlage des Gesetzes sind Dopingmittel von A wie Androstendiol bis Z wie Zilpaterol aufgelistet. Diese Liste kann mit Zustimmung des Bundesrats fortlaufend und kurzfristig ergänzt werden.

Spitzensportler betroffen

Freizeitathleten und Breitensportveranstaltungen fallen nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes, Staatsanwälte werden weder in Fitnessstudios noch bei Jedermann-Läufen oder Freizeitfußballturnieren ermitteln. Bei den erfassten Wettbewerben muss es sich um organisierte Wettkämpfe des Spitzen- und Leistungssports handeln, die in der Regel von einem nationalen oder internationalen Verband veranstaltet werden. Das beinhaltet zum Beispiel Olympische und Paralympische Spiele, deutsche Meisterschaften oder Spiele der deutschen Profiligen. Strafbar machen können sich nur die rund 7000 Spitzenathleten des organisierten Sports in Deutschland, die dem Testpool der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada) angehören. Hinzu kommen Athleten, die aus ihrer sportlichen Betätigung erhebliche Einnahmen erzielen, aber keinem Testpool angehören, zum Beispiel deutsche Motorsportler, Profiboxer oder Drittliga-Fußballer. Auch ausländische Sportler können nach dem Anti-Doping-Gesetz verfolgt werden, wenn sie sich in Deutschland aufhalten. Dies gilt beispielsweise gleichermaßen für einen bei einem deutschen Handballklub angestellten dänischen Profi wie für eine russische Schwimmerin, die beim Weltcup in Berlin antritt.

Bis zu zehn Jahren Haft
Dopende Sportler müssen neben Geldstrafen mit bis zu drei Jahren Haft rechnen. Für den Erwerb oder Besitz von Dopingmitteln ist ein Strafmaß von bis zu zwei Jahren Haft vorgesehen. Doping-Ärzten, Händlern und anderen Hintermännern drohen sogar noch längere Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren, sofern ihnen nachgewiesen wird, dass sie die Gesundheit vieler Menschen gefährdet haben. Ein Gericht könnte beispielsweise eine derart hohe Strafe gegen die Leitung eines Radrennstalls verhängen, in dem systematisch gedopt wurde. Auch die Abgabe von Dopingmitteln an Minderjährige oder der gewerbsmäßige Handel kann härter bestraft werden. Über die Höhe von Geldstrafen muss das Gericht im Einzelfall entscheiden. Das Gesetz gilt ausdrücklich nur für Menschen, das Doping von Tieren, zum Beispiel von Rennpferden, wird nicht abgedeckt.

Eine Probe, zwei Verfahren

Die Sportgerichtsbarkeit wird formal durch das Anti-Doping-Gesetz nicht angetastet. Jede positive Dopingprobe wird damit in der Regel zwei Verfahren nach sich ziehen, die beispielsweise mit einer Wettkampfsperre durch einen Verband und einer von einem Gericht verhängten Haftstrafe enden können. Allerdings ist auch eine Verurteilung durch ein Sportgericht bei einem gleichzeitigen Freispruch durch ein Strafgericht – und umgekehrt – möglich. Die Bundesregierung will die Sportgerichtsbarkeit nicht beschädigen oder aushebeln, sondern ergänzen und bekräftigen. Strafrechtliche Ermittlungen können bereits vor einer positiven Dopingprobe beginnen, wenn beispielsweise der Verdacht besteht, dass ein Sportler Verbindungen zu bekannten Doping-Netzwerken unterhält. Der Arbeit der Nada soll mehr Bedeutung zukommen: Das Gesetz ermächtigt Gerichte und Staatsanwaltschaften, personenbezogene Daten aus einem Strafverfahren an die Nada zu übermitteln.

Kritik aus dem Sport

Die meisten Athleten und Offiziellen befürworten ein Anti-Doping-Gesetz. „Wenn man die Sache ernsthaft angeht, stütze ich die Sache sehr, denn es ist kein kleines Delikt“, sagt etwa Oliver Bierhoff, der Teammanager der Fußball-Nationalmannschaft. „Ich glaube, dass man es nur mit diesen harten, drastischen Maßnahmen schafft, den Sport sauber zu kriegen.“ Dennoch gibt es unter deutschen Sportlern auch Verunsicherung. Viele befürchten, wegen des Besitzes eines Medikaments zu Unrecht des Dopings beschuldigt und verurteilt zu werden. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sieht vor allem den Paragrafen zum Selbstdoping und die geplante Besitzstrafbarkeit skeptisch. Der Deutsche Fußball- Bund hätte es gerne gesehen, wenn das Thema Doping per Gesetz mit Wettbetrug und Spielmanipulationen verbunden worden wäre. Wie das Nebeneinander von Sportgerichten und Strafgerichten funktioniert, bleibt abzuwarten. Es ist auch noch unklar, wie das Gesetz in der Praxis angewandt wird. Bundesländer haben etwa die Möglichkeit, Schwerpunkt- Staatsanwaltschaften einzurichten.

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