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Beim Krafttraining. Neben Kimberly Drewniok (im Bild) haben der Fotograf Micha Neugebauer und der Autor Wolf Schmidt in ihrem Band „GER many are one – Typisch deutsch im Spitzensport“ noch 29 andere Leistungssportler*innen porträtiert.

© promo

Volleyball-Nationalspielerin Kimberly Drewniok: Wenn Gelassenheit stark macht

Volleyball-Nationalspielerin Kimberly Drewniok über ihre internationale Karriere und ihr Grundvertrauen in das Leben.

Sie klingt ein bisschen heiser, aber auch sehr vorfreudig, als sie über die Weihnachtstage spricht. „Ich habe gerade eine Mandelentzündung. Die letzten Wochen waren wir viel unterwegs mit der Mannschaft, dementsprechend kommt gerade ein bisschen viel zusammen“, erzählt Kimberly Drewniok.

Für die 24-jährige Volleyballerin, die beim französischen Verein ASPTT Mulhouse spielt, standen zuletzt wichtige Auswärtsspiele im Pokal und in der Champions League auf dem Programm. Umso mehr freut sie sich auf die Weihnachtstage, die sie bei ihrer Familie in Nordrhein-Westfalen verbringen wird. „Es ist das erste Mal seit vier Jahren, dass ich auch am zweiten Feiertag bei meiner Familie sein kann.“

Drewniok wuchs bei ihrer Mutter auf einem Hof mit Pferden, Hunden, Katzen und Hühnern auf. Als Kind verbrachte sie den Großteil der Zeit in der Natur und machte Ausritte, sobald sie aus der Schule kam. Eine Karriere im Pferdesport stand aber nie ernsthaft zur Debatte.

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„In Freundebücher habe ich früher immer geschrieben, dass ich Springreiterin werden will, aber in den Reitsport hat es mich nie gezogen. Ich reite lieber über Stock und Stein wie bei Bibi und Tina oder galoppiere über die Weiden“, erzählt Drewniok. Stattdessen zog es sie mit neun Jahren in den Volleyball. „Ich habe mich sofort in den Sport verliebt“, erinnert sich Drewniok.

Sie begann im Verein „RC Sorpesee“, bevor es im Alter von 17 Jahren zum VCO nach Berlin ging, wo Drewniok zum ersten Mal gegen Bundesligisten spielte. Seit 2017 spielt sie außerdem in der Nationalmannschaft.Vorbilder waren für sie vor allem ältere Mitspielerinnen, Profispielerinnen aus anderen Ligen kannte sie nicht.

Nicht nur auf dem Spielfeld Drewnioks positive Energie auf

„Ich war eigentlich immer draußen bei meinen Tieren und hatte gar keinen Bezug dazu.“ Auf dem Spielfeld fällt als erstes Drewnioks positive Energie auf: Sie lacht viel und ihre Augen strahlen, wenn sie spricht. Sie glaubt, dass ihre optimistische Einstellung „qua natura“ ist. „Meine Mutter und meine Familie an sich sind positiv gestimmt. Das ist mein Naturell.“

Kimberly Drewniok schlug schon in Italien und Frankreich auf.

© Micha Neugebauer

Über die Jahre hinweg lernte Drewniok in schwierigen Situationen auf ihre positive Art zurückzugreifen und sich aus Tiefphasen selbst herauszuholen. „Früher war es ein Automatismus, heute sehe ich es als Tool und versuche bewusst, auf das Positive zu schauen, damit ich gar nicht erst in eine Gedankenspirale komme.“

Auch ihre Freund*innen kennen sie als „Believer“, als Person, die fest daran glaubt, dass alles aus einem bestimmten Grund passiert und dass jedes Ereignis – ob gut oder schlecht – den weiteren Lebensweg ebnet. „Ich habe ein Grundvertrauen in das Leben. Das gibt mir eine gewisse Gelassenheit.“

Selbst die Corona-Pandemie konnte diesem Grundvertrauen nichts anhaben. Dabei war die Zeit für Drewniok mit einem großen Schritt verbunden: Nach Potsdam und Schwerin ging es für sie zum ersten Mal ins Ausland, zum italienischen Verein Pallavolo Scandicci, „um aus der Komfortzone rauszukommen“, wie sie selbst sagt.

Für Kimberly Drewniok zeigt das Buch von Micha Neugebauer und Wolf Schmidt, wie vielfältig der deutsche Profisport ist

Die italienische Liga begeisterte sie von Anfang an, obwohl sie als zweite Diagonalangreiferin nicht viele Einsätze erhielt. „Ich wurde allein schon beim Training jeden Tag gefordert, weil das Niveau so hoch ist und es war toll, eine andere Kultur kennenzulernen: Die Italiener, das Essen und das bella vita an sich“, sagt sie und lacht.

Kimberly Drewniok sagt: "Ich habe ein Grundvertrauen in das Leben."

© Micha Neugebauer

Nach einem Jahr ging es für sie dann nach Frankreich, wo sie zur Stammspielerin avancierte. Quasi nebenbei studiert sie noch Kommunikationspsychologie und sieht das Studium als Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln. „Man merkt auf dem Leistungsniveau, auf dem wir uns befinden, wie wichtig Psychologie ist. Kleine Nuancen entscheiden darüber, wer in Drucksituationen die bessere Leistung erbringen kann. Im Training sind alle Weltmeister, aber auf dem Spielfeld entscheidet auch die Psyche.“

Wie wichtig die Psyche ist, wissen neben Drewniok auch 29 weitere deutsche Spitzensportler*innen, die der Fotograf Micha Neugebauer und der Autor Wolf Schmidt in ihrem Band „GER many are one – Typisch deutsch im Spitzensport“ ( 276 Seiten, Edition Bildperlen) porträtieren.

Dort sprechen Athlet*innen wie Maodo Lo von Alba Berlin oder Sara Doorsoun vom VfL Wolfsburg über Träume, persönliche Erlebnisse und Karriere-Highlights. Micha Neugebauer ist ganz nah dran, wenn Drewniok ihr Krafttraining absolviert oder Aufschläge in der Halle übt und fängt diese Momente in beeindruckenden Schwarz-Weiß-Fotografien ein.

Für Drewniok hat das Projekt eine besondere Bedeutung: „Die Idee dahinter finde ich wunderschön. Und die Frage danach, wer überhaupt festlegt, was als typisch deutsch gilt, finde ich gerade in den heutigen Zeiten sehr wichtig.“ Für sie zeigt das Buch, wie vielfältig der deutsche Profisport ist und was letztlich alle vereint.

„Typisch deutsch kann man nicht über äußerliche Merkmale charakterisieren.“ Für Drewniok bedeutet „typisch deutsch“ vielmehr, gemeinsame Ziele zu verfolgen, eine Verbundenheit zu spüren und eine Leidenschaft zu teilen: Den Sport.

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