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Vorsicht. Die Sitzreihen auf dem Centre Court werden desinfiziert.

©  Ian Walton/AFP

Wimbledon in Zeiten der Delta-Variante: Wenn ein Tennis-Turnier zum Forschungsobjekt wird

Heute beginnt das Tennis-Turnier in Wimbledon. Zuschauer sind beim Rasenklassiker zugelassen – was nicht jeder in England gut findet.

Am Montagvormittag ist es wieder so weit: „Stewards, open the gates please!“, wird es dann über die Lautsprecher im All England Lawn Tennis and Croquet Club erschallen. Zwei Jahre ist es her, dass das berühmteste Tennisturnier der Welt letztmals ausgetragen wurde, 2020 fiel es wegen der Corona-Pandemie aus. In diesem Jahr wird an der Londoner Church Road wieder gespielt, allerdings ist alles ein wenig anders als noch 2019.

Der morgendliche Einlass erfolgt nicht wie üblich um 10.30 Uhr, sondern bereits um 10 Uhr, damit alle gesittet ihre Plätze aufsuchen können. Die Menschen werden beim Betreten der Anlage Masken tragen und es sind auch nicht so viele wie sonst im Wimbledon. 21 000 statt 42 000 Zuschauer sind täglich zugelassen, die Plätze dürfen zur Hälfte besetzt sein und dort muss auch kein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Bei den Finals am 10. und 11. Juli darf der Centre Court sogar komplett gefüllt sein.

Das Turnier von Wimbledon ist Teil eines Testprogramms der britischen Regierung. Ziel ist es, die Virus-Verbreitung bei Großveranstaltungen besser einschätzen zu können. Gleiches gilt auch für die Spiele der Fußball-EM im Wembleystadion und wie an der Zuschauerzulassung hierfür, gibt es auch Kritik daran, Tennisspiele vor Fans auszutragen. So sprach der Bürgermeister der Region Greater Manchester kürzlich aus, was viele Engländer denken: „Eine Regel für Tennis, eine andere für den Rest von uns.“

Tatsächlich bedeutet Wimbledon beinahe einen Quantensprung für den Sport, zuletzt bei den French Open oder auch in Berlin beim Rasenturnier im Steffi-Graf-Stadion durften jeweils nur deutlich weniger Tickets verkauft werden.

Die Besucher müssen geimpft, negativ getestet oder genesen sein

Wer den All England Club während des Turniers schon einmal erlebt hat, weiß, wie wuselig es zwischen den Courts zugeht. Die Wege sind schmal und oft genug vollgestopft mit Menschen. Und doch sind sie in Wimbledon zuversichtlich, die Sicherheit gewährleisten zu können. Schließlich darf auf die Anlage nur, wer entweder geimpft, getestet oder genesen ist.

Und die Spieler müssen sich weiterhin in einer Blase aufhalten. Dafür gibt es sogar eigens ein Hotel, in dem in diesem Jahr die Profis untergebracht sind. Extra von den Stars angemietete Häuser sind dagegen tabu, selbst der britische Liebling Andy Murray, der unweit der Anlage wohnt, muss diesen Anordnungen Folge leisten.

Die Spieler sind davon zwar zunehmend genervt, aber sie kennen es inzwischen gar nicht mehr anders. Die Fans in Wimbledon müssen sich hingegen umstellen. Tickets konnten in diesem Jahr nur online erworben werden, die berühmte Schlange in der Church Road, in der Wimbledon-Fans oft sogar in Zelten übernachten, um eine Karte zu ergattern, gibt es in diesem Jahr nicht.

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Dafür soll zumindest eine andere langjährige Tradition beibehalten werden: „Henman Hill wird definitiv Bestandteil der diesjährigen Championships sein“, sagte Wimbledon-Geschäftsführerin Sally Bolton. Wie genau die Massen auf dem Hügel vor dem Court Number One verteilt werden, blieb bis zuletzt allerdings ein Geheimnis des Clubs.

Angesichts der sich in Großbritannien ausbreitenden Delta-Variante des Coronavirus können alle Planungen schnell obsolet werden, zumal auch das Wetter noch eine Rolle spielen kann. Regnet es beispielsweise, werden die eigentlichen Freiluftspiele plötzlich unter den Dächern der beiden großen Courts als Hallenveranstaltung stattfinden. Bekanntermaßen verbreitet sich das Virus in geschlossenen Räumlichkeiten noch einmal deutlich schneller als außerhalb.

Was passiert bei Regen unter einem geschlossenem Dach?

„Wir hoffen, dass unsere Anforderungen für Ticketinhaber, die Blase für die Spieler und ihre Teams dazu beitragen, dass sich alle hier sicher fühlen“, erklärte Sally Bolton. Dass es daran berechtigte Zweifel gibt und dass andere Menschen in England der Vorzugsbehandlung für das Tennisturnier wenig abgewinnen können, müssen die Organisatoren akzeptieren. Und nicht jede Kritik wird im feinen Londoner Südwesten so geäußert wie kürzlich vom früheren Fußball-Nationalspieler Gary Neville, der sagte: „Wir dürfen nicht auf einer Hochzeit tanzen, aber uns Erdbeeren und Champagner im All England Club in den Schlund stecken, wo Zehntausende zusammengepfercht sind wie Sardinen in einer Dose.“

Wenn die Tore ab Montag öffnen, müssen die Stewards in jedem Falle mehr tun, als daran zu erinnern, dass in Wimbledon nur gemäßigten Schrittes gelaufen werden darf. Schließlich gehören Masken und Abstandsregeln in diesem Jahr genauso zu den Benimmregeln in Wimbledon wie die berühmten Erdbeeren mit Sahne und das Fläschchen Pimms. Immerhin wird das in diesem Jahr nicht mehr in Plastikbechern serviert, der All England Club geht schließlich mit der Zeit. Auch wenn die im Jahr 2021 immer noch geprägt ist von der Pandemie.

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