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Besser mal umschauen. Cristiano Ronaldo wird Vergewaltigung vorgeworfen.

© Isabella Bonotto/AFP

Kein Platz für Verdächtigungen: Warum der Fußball sich nicht um die Vorwürfe gegen Ronaldo schert

Cristiano Ronaldo muss sich erneut mit dem Vorwurf der Vergewaltigung auseinandersetzen. Doch die Fußballwelt stört das kaum. Ein Kommentar.

Von David Joram

Das Duell der Young Boys aus Bern gegen Juventus in der Champions League hätte in der vergangenen Saison wohl nur mäßig Interesse geweckt. In dieser Saison aber spielt Cristiano Ronaldo in und für Turin, der Portugiese mit dem Markennamen CR7. Seither werden Spiele mit juventinischer Beteiligung ganz genau beobachtet. Wie oft hat Ronaldo den Ball berührt? Warum hat er den Freistoß in die Mauer gesetzt? Wie viele Tore hat Ronaldo geschossen? Und wie viele vorbereitet? Am Samstag sind es drei Vorlagen gewesen, Juve rang Napoli im Topspiel deshalb mit 3:1 nieder. Der Held? Natürlich CR7, die Marke glänzte.

Die Geschichte, die der "Spiegel" jetzt publik machte, interessierte im Rahmen des blinkenden Ronaldo-Kosmos offenbar kaum jemanden. Dass die US-Amerikanerin Kathryn Mayorga, heute 34 Jahre alt, dem Superstar vorwirft, sie im Juni 2009 vergewaltigt zu haben, hat mit dem Fußball nichts zu tun. So scheint es jedenfalls. Statements dazu? Kamen nur von Ronaldos Anwälten, die mit Schadensersatzklagen gegen den "Spiegel" drohen. Ansonsten gilt: Hauptsache der Held liefert und die Maschine produziert. Eine Maschine, bepackt mit Muskeln, mit den immergleichen Gesten und Mimiken, nichts anderes ist Cristiano Ronaldo. Und er funktioniert ja auch prächtig: Fußball-Europameister 2016, je fünfmal Champions-League-Sieger (viermal mit Real Madrid, einmal mit Manchester United) und Weltfußballer (2008, 2013, 2014, 2016, 2017).

Aber was kommt dann? Was steckt hinter dem Fußballer?

Die Anschuldigungen gegen ihn, die der "Spiegel" mit zahlreichen Belegen unterfüttert, wiegen schwer. Sollte ein Klub seinen Spieler bei einer solchen Sachlage nicht besser aus dem Kader nehmen? Ihm eine Pause geben, damit er sich vielleicht besinnen kann, sich mit den Vorwürfen auseinander setzt. Ihm vielleicht die Möglichkeit eingestehen, Reue zu zeigen, Stellung zu beziehen. Eigentlich sollte das so sein.

In einer Fußballwelt, in der längst viel mehr Schein als Sein ist, wird der Platz für alles andere abseits des Stadions äußerst eng. Alles, was die Leistung schmälern könnte, wird verdrängt, muss verdrängt werden. Vom Klub, vom Spieler, auch von den Fans. Lieber einen Helden mit Flecken verehren, als gar keinen. Die Parallelwelt schützt, schirmt ab. Doch wirkt sie in solchen Fällen schlicht herzlos und kalt, hart kalkulierend.

Das Beste an Juventus' Champions-League-Auftritt gegen die Young Boys ist deshalb, dass Ronaldo nicht mitspielen darf. Er fehlt gesperrt.

Zeit für CR7, die Maschine ruhen zu lassen, inne zu halten - und sich mit dem wahren Leben zu beschäftigen.

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