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Nimm’s nicht so tragisch. Fernando Alonso (links), der Sieger von Hockenheim, tröstet Sebastian Vettel, der als Zweiter ins Ziel kam, aber noch zurückgestuft wurde. Foto: dapd

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Update

Alonso gewinnt Hockenheim: Vettel verfährt sich

Ferrari-Pilot Fernando Alonso siegt auch in Hockenheim und hängt Sebastian Vettel in der WM ab. Der deutsche Titelverteidiger kann den Heimfluch nicht besiegen: Er erhält eine Zeitstrafe und wird auf Platz fünf zurückgestuft.

Von Christian Hönicke

An manchen Tagen macht Autofahren einfach keinen Spaß. Frag nach beim Berufskraftfahrer Sebastian Vettel, dessen Pannenserie auch am Sonntag weiterging: Erst gab es am Morgen Probleme mit der Zulassung seines Wagens, dann versauten ihm ein stoischer Sonntagsfahrer und ein Geisterpilot den Nachmittag, und schließlich bekam er auch noch einen Strafzettel. Dabei wollte der Formel-1-Weltmeister beim Grand Prix auf dem Hockenheimring doch endlich den ersten Heimsieg seiner Karriere erringen.

Aber so wild der Red-Bull-Pilot auch am Lenkrad riss, übers Gras schoss, fluchte oder mit den Händen wedelte – am Ferrari-Piloten Fernando Alonso führte einfach kein Weg vorbei. „Ich habe wie ein Löwe gekämpft“, sagte Vettel, „aber es war einfach nicht mehr drin.“ Am Ende überholte der Deutsche immerhin den McLaren-Piloten Jenson Button, um noch Zweiter zu werden. Doch weil er bei dem Manöver in der vorletzten Runde komplett neben der Strecke fuhr, wurde er mit einer 20-Sekunden-Strafe belegt und fiel auf Rang fünf zurück. Die Weltmeisterschaft ist für Vettel (110 Punkte) damit fast außer Reichweite gerückt, denn der Sonntagsfahrer Alonso ist 154 Punkten schon ein ganzes Stück enteilt.

Der Tag hatte schon schlecht angefangen für Sebastian Vettel. Vier Stunden vor dem Start hatte der Automobil-Weltverband Fia eine Untersuchung gegen seinen Rennstall Red Bull eingeleitet – wieder einmal wurde das Team verdächtigt, den „angeblasenen Diffusor“ zu verwenden. Jenes System hatte Vettel im vergangenen Jahr überlegen zum Titel geführt, indem es Auspuffgase den Unterboden entlangblies und so den Anpressdruck und damit die Kurvengeschwindigkeit erhöhte. In dieser Saison ist das verboten, doch andere Teams hegen immer wieder Verdacht gegen Red Bull. In Hockenheim ließen Konkurrenten offenbar Tonaufnahmen der Motorengeräusche anfertigen und spielten sie dem Automobil-Weltverband Fia zu. Die Fia-Rennkommissare legten den entsprechenden Gummiparagrafen aber einstweilen zu Red Bulls Gunsten aus und beschlossen, „keine weiteren Schritte“ gegen das Team einzuleiten.

So durfte Vettel schließlich starten, in der ersten Runde lief auch alles noch ganz gut an. Er gewann das erste richtige Duell der beiden deutschen Weltmeister auf der Strecke. Der als Dritter gestartete Michael Schumacher griff in der Haarnadelkurve an, doch Vettel blockte den Angriff seines Kindheitsidols hart ab und blieb hinter Alonso. Schumacher wurde später wie von ihm befürchtet auf Rang sieben durchgereicht, sein Mercedes-Teamkollege Nico Rosberg fuhr von Rang 21 als Zehnter noch in die Punkte. Vorn entspann sich ein Dreikampf zwischen Alonso, Vettel und Button, die fast identische Zeiten fuhren. Nach dem ersten Boxenstopp kam Vettel Alonso immer näher, überholen konnte er aber nicht: „Fernando war stark, und ich konnte leider nicht entscheidend näher zu kommen, um was zu probieren.“

Und dann platzte auch noch ein Geisterfahrer in die Szene. McLaren-Pilot Lewis Hamilton, wegen eines Reifenschadens eigentlich schon überrundet, tauchte nach einem Boxenstopp mitten im Führungstrio auf und überholte Vettel. „Das war nicht nett von ihm“, sagte der Heppenheimer. „Ich verstehe nicht, warum er die Führenden gestört hat. Deswegen habe ich meinen Platz an Jenson verloren habe.“ Hamiltons Manöver kostete Vettel die Zehntelsekunden, die ihm kurz darauf fehlten: Nach seinem zweiten Boxenstopp fiel er hinter Button auf Rang drei zurück. Wütend versuchte Vettel fortan gegen seinen Heimfluch anzufahren, doch er übertrieb es bei dem Überholmanöver gegen Button, dessen Reifen völlig abgefahren waren. Warum Vettel dabei die Strecke verließ, erklärte er so: „Ich wusste nicht genau, wo Jenson war und wollte ihm genug Platz geben, deswegen bin ich weiter raus gekommen. Das Letzte, was man sich in der vorletzten Runde wünscht, ist ein Crash.“

Wie man sich auch auf der Strecke unfallfrei durchs Getümmel wühlt, demonstrierte Fernando Alonso. Der Spanier steuerte seinen Ferrari so unbeirrt über die Straße, wie er es schon die ganze Saison über tut. Er hatte nie mehr als zwei Sekunden Vorsprung, doch am Eingang der langen Geraden hatte er sich jedes Mal genau so viel Vorsprung verschafft, dass Vettel nicht angreifen konnte. „Wir waren vielleicht nicht die schnellsten“, sagte er achselzuckend, „aber wir haben unsere Position gehalten.“ Auch Buttons Angriffe ließ Alonso ins Leere laufen, holte sich seinen dritten Saisonsieg und chauffiert seinen Ferrari nun scheinbar unaufhaltsam Richtung Titel. Sebastian Vettel bleibt einstweilen nur die Hoffnung, dass auch wieder pannenfreie Tage kommen. „Vielleicht klappt es ja nächstes Jahr“, rief er den deutschen Fans nach dem verpassten Heimsieg vom Podest aus zu, „irgendwann muss es ja mal klappen.“

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