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Unermüdlich. Vedad Ibisevic geht als Hertha-Kapitän in die neue Saison.

© Soeren Stache/dpa

Kapitänsfrage ist geklärt: Vedad Ibisevic ist wichtiger denn je für Hertha BSC

Wer genau hinschaut, erkennt im Hertha-Trainingslager gewisse Privilegien für Ibisevic. Wie er sich sportlich einbringen darf, wird sich noch klären.

Henrik Kuchnos Forderung ließ keinen Spielraum für Interpretationen. „Jeder für sich! Ich will keine Gruppen sehen“, rief der Athletik-Trainer von Hertha BSC über den Platz. Bei ihren tagtäglichen Einheiten sollen die Profis des Berliner Fußball-Bundesligisten unter keinen Umständen im Windschatten der Kollegen laufen oder mit dem Nebenmann schwatzen. Ein Duo schaffte es allerdings trotzdem, unbemerkt ein kleines Grüppchen zu bilden: Per Skjelbred und Vedad Ibisevic, zwei der erfahrensten und anerkanntesten Leute im Berliner Aufgebot. Angesichts ihres fortgeschrittenen Semesters drückte selbst der sonst so strenge Kuchno ausnahmsweise ein Auge zu.

Zwei Tage später ereignete sich im Trainingslager in Neuruppin eine ähnlich sinnbildliche Szene; sie verdeutlichte noch einmal die Privilegien, die sich Kapitän und Alterspräsident Ibisevic in seinen nunmehr vier Jahren in Berlin verdient hat. Alle Spieler trugen ein Tor von einem Punkt zum anderen; als es schließlich am Ort der Bestimmung angekommen war, legte auch Ibisevic noch einmal den kleinen Finger mit an – und grinste so vielsagend wie die Kollegen. Soll ja keiner auf die Idee kommen zu behaupten, der erfahrene bosnische Stürmer hätte sich nicht an der Aktion beteiligt.

Bei aller Gelassenheit, die der 34-Jährige in diesen Tagen ausstrahlt, gibt es nicht den Hauch eines Zweifels an seinem sportlichen wie zwischenmenschlichen Wert für die Mannschaft. „Für mich hat sich die Frage überhaupt nicht gestellt, ob Vedad Kapitän bleibt oder nicht“, sagt Herthas neuer Cheftrainer Ante Covic. „Wenn man sich ansieht, welche Anerkennung und Wertschätzung er in der Kabine genießt, erklärt sich das von ganz allein.“

Womit vor dem Saisonstart Ende August auch die erste personelle Entscheidung von erhöhter Relevanz im Berliner Kader offiziell geklärt ist: Ibisevic wird das Team auch in der Spielzeit 2019/20 als Kapitän aufs Feld führen. Sein im Sommer ausgelaufener Vertrag ist für zunächst für ein weiteres Jahr verlängert worden.

Ibisevic spielte sich in den Vordergrund

„Es macht mich natürlich stolz, dass ich dieses Amt weiter ausüben darf“, sagt Ibisevic bei einer Medienrunde auf der Terrasse des Teamhotels. „Meine Rolle ändert sich kaum: Ich werde Verantwortung übernehmen und auf dem Platz alles reinwerfen, was ich habe.“ So wie in der vergangenen Saison: Nachdem sich Davie Selke in Neuruppin eine schwere Verletzung (Lungekollaps) zugezogen hatte, lag die Last in der Offensive fast ausschließlich auf Ibisevics Schultern. Der mit 119 Treffern viertbeste ausländische Stürmer der Bundesligageschichte – nur Robert Lewandowski (198), Claudio Pizarro (195) und Giovane Elber (133) erzielten noch mehr Tore – lieferte wie bestellt. Dass die Berliner eine außergewöhnlich gute Hinrunde spielten, lag auch an ihrem Kapitän.

Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass Herthas grundsätzliche Planspiele für das Offensivzentrum anders aussahen: der zehn Jahre jüngere Davie Selke sollte sich als perspektivische Nummer eins in den Vordergrund spielen – und Ibisevic gegebenenfalls als Ersatzspieler von der Bank für Schwung und Gefahr. Am Ende kam alles ganz anders, nicht zuletzt wegen Selkes Verletzung. Mit Blick auf die neue Spielzeit wird es spannend zu beobachten sein, wie Cheftrainer Covic den Konkurrenzkampf zwischen seinen beiden Mittelstürmern zu moderieren gedenkt.

Vorbild. Dedryck Boyata wird von Kapitän Vedad Ibisevic eingewiesen.

© Imago

Covic hat bereits angekündigt, dass Hertha mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit einer 4-3-3-Ausrichtung in die Saison starten wird. „Für mich sieht das nicht so aus wie eine Formation mit zwei echten Stürmern. Wer von uns beiden spielt, entscheidet der Trainer“, sagt Ibisevic. „Aber das ist kein Problem: Wir sind Profis und brauchen Konkurrenzkampf.“

Wahrscheinlich ist es eine Mischung als Altersgelassenheit und dem unerschütterlichen Glauben an die eigene Stärke, die Ibisevic so reden lässt. „Vom Toreschießen habe ich nie genug, ich will immer mehr“, sagt der Offensivspezialist, der kürzlich zum dritten Mal Vater geworden ist und der Dienstreise ins Brandenburgische auch deshalb einen besonderen Aspekt abgewinnen kann. „Meine Frau macht das super zuhause, sie kümmert sich um das Baby und die beiden Großen“, sagt er, „trotzdem schlafe ich hier im Trainingslager besser und länger.“

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