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"Raus!" Rafal Gikiewicz schickt die Chaoten zurück in den Block.

© dpa

Union-Torwart Gikiewicz über Chaoten beim Derby: „Ich wollte sie nur zurückschieben und fertig“

Unions Torwart Rafal Gikiewicz ist normalerweise ein humorvoller Typ, nach dem Sieg am Samstag gegen Hertha hörte für ihn der Spaß allerdings auf.

Von David Joram

Rafal Gikiewicz gestikulierte, seine Stimme bebte, die Augen stachen hervor. Angesprochen auf den wilden Samstagabend im Stadion An der Alten Försterei geriet der Torhüter des 1. FC Union am Dienstagmittag nochmal mächtig in Fahrt. „Die Leute wollten ein paar Meter laufen, Show machen und dann zurück. Ich verstehe das nicht“, ätzt er.

Thema waren nochmal jene Szenen, die vielen Fußballfans deutschlandweit imponierten: Wie Gikiewicz also die Chaoten aufgehalten hatte, die über den Zaun des Union-Fanblocks auf den Rasen geklettert waren, offenbar im Glauben, sie könnten ungehindert über das zuvor umgepflügte Derbygrün spazieren, womöglich bis vor den Gästeblock, wo der Anhang von Hertha BSC eifrig Raketen in alle Richtungen abfeuerte.

„Ich habe Respekt vor den Zuschauern“, sagt Gikiewicz am Dienstag und fordert im Umkehrschluss, dass die Zuschauer eben auch Respekt vor ihm und seinen Mitspielern zeigen müssten. „Ich wollte sie nur zurückschieben und fertig“, sagt er.

Einer der Störenfriede, die er beherzt auf die Ränge dirigierte, hatte ihm sogar an den Hals gefasst. Darauf angesprochen muss Gikiewicz lachen, „er ist 1,50 Meter“, sagt er erklärend. Also keine Gefahr für den engagierten Torhüter. Auf polnisch, englisch und deutsch, „mit Emotionen“, habe er den Chaoten klar gesagt: „Raus!“ Die klare Haltung, die ein Großteil der Union-Anhänger im Stadion mit „Gikiewicz, Gikiewicz“-Rufen feierte, führte zum Ziel, der vermummte Mob verschwand wieder im Stehplatzbereich.

Ein Impuls sei das gewesen, sagt Gikiewicz, der findet, dass Emotionen auch auf den Rängen zu einem Derby grundsätzlich dazugehören, aber dieses Mal habe es „zu viel Chaos“ gegeben, „zu viel Pyro“. Besonders habe ihn dies irritiert, weil die Unioner nun mal gewonnen hätten. „Nach dem Spiel musst du Klasse zeigen, wenn du das erste historische Derby in der Bundesliga gegen Hertha gewinnst. Warum werden dann noch mehr blöde Sachen gemacht?“, wundert er sich.

Das Verhalten der rund 30 bis 40 Spielfeldbelagerer nahm er persönlich

Gikiewicz ist seit Sommer 2018 beim 1. FC Union angestellt, in der anstehenden Länderspielpause will er mit Manager Oliver Ruhnert über eine mögliche Vertragsverlängerung verhandeln, sein Arbeitspapier läuft nach dem Ende dieser Saison aus. Seinem Ruf, „positiv verrückt zu sein“, wie er selbst sagt, hat er am Samstag wieder Taten folgen lassen.

Zuspruch bekam der Torhüter von vielen Seiten, auch aus der eigenen Mannschaft. „Es war wichtig, dass wir das so gelöst haben“, erklärt Mittelfeldspieler Christian Gentner. Er erlebe seinen Teamkollegen häufig auch „humorvoll und witzig“, sagt er über Gikiewicz noch.

Am Samstagabend aber verstand Unions Nummer eins wahrlich keinen Spaß mehr, das Verhalten der rund 30 bis 40 Spielfeldbelagerer nahm er auch persönlich. „Union heißt Gikiewicz, Gikiewicz heißt Union“, sagt er bestimmt. „Wenn der Verein Probleme bekommt, bekommen auch wir Spieler Probleme, weil wir im nächsten Auswärtsspiel oder zuhause vielleicht ohne Zuschauer spielen müssen.“ Er kenne die Strafenkataloge in Deutschland nicht, sagt Gikiewicz, aber der Verein müsse für derlei Dummheiten eben nun einmal bezahlen.

Ein bisschen Angst, das gibt Gikiewicz zu, habe er schon bekommen – allerdings nicht nach, sondern während der zweiten Halbzeit. Da bewachte Gikiewicz das Tor hinter dem die Hertha-Fans ihre Raketen abschossen.

Die Torbemühungen der Blau-Weißen ließen Gikiewicz dagegen kalt, viel zu harmlos präsentierten sich die Gäste. „Hertha hatte keinen Plan, sie wussten nicht, was sie machen sollen“, resümierte der 32-Jährige den Ablauf des Spiels und stellte süffisant fest: „Nach dem Aufstieg habe ich gelesen, dass Hertha schon froh über die sechs Punkte gegen Union ist. Jetzt sind es minus drei.“

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