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Streitbarer Gehirnarchitekt. Seit 1971 trainiert Bernd Schröder mit nur einer Unterbrechung (von 1992 bis 1997) die Potsdamer Mannschaft. Der 73-Jährige ist das Gesicht des Vereins, ohne ihn wäre Turbine nicht einer der besten Klubs Deutschlands geworden. Er führte die Potsdamerinnen zu sechs Meistertiteln, sechs Pokal-Siegen und zwei Triumphen in der Champions League.

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Turbine Potsdam vor dem Bundesliga-Start: Bernd Schröder geht in seine letzte Saison

Über 40 Jahre lang hat Bernd Schröder Turbine Potsdam trainiert. Mit dem Spiel gegen den FC Bayern München beginnt heute seine letzte Saison.

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In diesem Fall wiederholt sich Bernd Schröder gern. Nein, sagt er, nein, nein, nein. Er denke noch gar nicht daran. Nicht einmal im Hinterkopf beschäftige er sich damit, dass dies nun tatsächlich seine letzte Saison als Trainer von Turbine Potsdam sein soll – nach 45 Jahren. Dafür ist er zu sehr mit aktuellen Aufgaben beschäftigt. Am Freitag eröffnet Turbine beim Meister Bayern München die neue Saison der Frauenfußball-Bundesliga (18 Uhr/Eurosport). Da müsse er sich um ganz andere Dinge kümmern. Abschiedsgedanken überkämen ihn noch lange nicht.

„Ich hatte ja lange Zeit, mir diesen Plan auszudenken“, betont Schröder. Der 73-Jährige ist eine prägende Figur des Frauenfußballs. Seit 1971 trainiert er mit nur einer Unterbrechung (von 1992 bis 1997) die Potsdamer Mannschaft. Schröder ist das Gesicht des Vereins, ohne ihn wäre Turbine nicht einer der besten Klubs Deutschlands geworden. Er führte die Potsdamerinnen zu sechs Meistertiteln, sechs Pokal-Siegen und zwei Triumphen in der Champions League. Dass er nun wirklich bald aufhört, scheint schwer vorstellbar. Doch eine Hintertür will er sich nicht offenhalten. „Für mich gilt, was ich gesagt habe“, betont Schröder. „Viele fühlen sich überwichtig und denken, ohne sie geht gar nichts. Aber ich kann loslassen.“

Schröder begründet den Schritt auch damit, nun Strukturen geschaffen zu haben, die es ermöglichen, dass Turbine sich auch ohne ihn gut entwickeln könne. Bisher gilt: Der Klub hat zwar einen Präsidenten und Geschäftsführer, aber die wichtigen Entscheidungen trifft Schröder.

Der Nachfolger von Bernd Schröder steht bereits fest

„Es gibt hier ein Umfeld, das mich erträgt und dann auch ohne mich alles ertragen wird“, sagt er. „Ich werde hier ein bestelltes Feld hinterlassen.“ Dazu gehört auch, dass sein Nachfolger bereits feststeht. Matthias Rudolph, der lange beim SV Babelsberg 03 spielte und dort zuletzt die A-Junioren trainierte, hat sich Schröder auserkoren. Seit diesem Sommer ist der 32-Jährige nun einer seiner Assistenten. „Wir brauchen jemanden, der Potsdam kennt und die Befindlichkeiten mit den anderen Klubs hier“, sagt der Turbine-Trainer. Im Frauenfußball hat Rudolph allerdings noch keine Erfahrung. Und auch vom Typ unterscheiden sich beide sehr. Schröder ist forsch und autoritär. Rudolph ist eher leise und zurückhaltend. „Wir haben schon unterschiedliche Ansprachen“, sagt Schröder. Als Problem sieht er das jedoch nicht.

Vielmehr ist Schröder froh, nach der enttäuschenden Vorsaison – Turbine war zum ersten Mal in den vergangenen 15 Jahren nicht mehr unter die besten drei der Bundesliga gekommen – wieder neue Bewegung in den Verein gebracht zu haben, wie er es nennt. Dabei tauschte er vor allem viele Personen aus: Athletiktrainer, Physiotherapeut, Teammanagerin und Co-Trainer. Letzteres war besonders pikant, denn der bisherige Assistent Achim Feifel war eigentlich als Nachfolger gedacht. „Aber das hat nicht gepasst“, sagt Schröder. Dabei galt Feifel, der unter anderem das HSV-Frauenteam in der Bundesliga trainiert hatte, dafür als Idealbesetzung. „Wir hatten unterschiedliche Grundphilosophien“, betont Schröder, der darin auch eine Ursache für Platz vier in der Vorsaison sieht. Er habe sich zu viel reinreden lassen, sagt er. Nun wolle er die Mannschaft noch einmal allein mit eigener, harter Hand leiten.

Seine Art, mit Spielerinnen umzugehen, ist nicht unumstritten

Diese Art ist nicht unumstritten. Ehemalige Spielerinnen haben ihn dafür durchaus kritisiert. Doch bei vielen kommt Schröder damit auch an. „Er motzt mich mal an, wenn ich einen Fehler mache. Er freut sich, wenn ich gut spiele. Er ist eine ehrliche Haut“, sagt Bianca Schmidt. Die Nationalspielerin, die ihre Karriere bei Turbine begann, ist nach drei Jahren beim 1. FFC Frankfurt nun zurückgekehrt. Wenn Schröder erklären soll, wie er seine Spielerinnen jedes Jahr aufs Neue antreibt, klingt das erst mal ungewöhnlich. „Die Gehirnarchitektur der Frauen ist anders als bei Männern“, sagt er. „Ich meine das nicht negativ, doch man muss das wissen: Frauenfußball ist keine Naturwissenschaft, Naturgesetze gelten da nicht.“

Aber Schröder hat mit seiner Art Erfolg. Auch mit der neuen Mannschaft nimmt er sich deshalb für seine letzte Saison einiges vor: Er peilt die Champions League an und das Pokalfinale. Und wo er schon bei Zielen ist, Pläne für die Zeit danach habe er ebenfalls schon: Schröder will eine Interview-Reihe mit Potsdamer Persönlichkeiten weiterführen und seine Erinnerungen niederschreiben. Klingt nicht danach, als hätte er sich keine Gedanken gemacht.

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