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Matthias Rudolph, 36, spielte unter anderem für den SV Babelsberg. Seit zwei Jahren ist er Cheftrainer bei Bundesligist Turbine Potsdam. Zudem arbeitet er als Lehrer an einem Gymnasium.

© Jan Kuppert/dpa

Turbine Potsdam: „Für Titel muss bei einem Verein wie uns alles passen“

Turbine Potsdams Trainer Matthias Rudolph zum Saisonstart über die reichere Konkurrenz, das geringe Interesse – und seine Ziele.

Herr Rudolph, die Kräfteverhältnisse im Frauenfußball haben sich verändert. Traditionsklubs wie Frankfurt und Potsdam wurden vom VfL Wolfsburg und Bayern München überholt. Acht von zwölf Teams der Frauen stammen inzwischen aus dem Hause eines Männer-Bundesligisten und verfügen über eine starke Finanzgrundlage. Wie kann Turbine Potsdam da mithalten?

Da sollte man differenzieren. Vom Finanziellen und Infrastrukturellen sind uns Wolfsburg und München natürlich meilenweit voraus. Aber wenn man rein das Sportliche sieht, dann denke ich, dass wir nach wie vor eine Mannschaft zusammenhaben, die an einem guten Tag jede andere Mannschaft schlagen kann.

Ist das jedoch auf Dauer so zu halten?

Um Schritt zu halten, müssen wir unsere Bedingungen auch entsprechend verbessern. Dafür kämpft der Vorstand. Die Trainingsplätze, die uns zur Verfügung stehen, sind zu klein – das ist ein Problem, wenn wir zum Beispiel an taktischen Details arbeiten. Die Vereinsführung ist ebenso bestrebt, unsere finanziellen Mittel zu erweitern. Für uns bleibt jedoch ein ganz wichtiger Baustein auf dem Weg zum erhofften Erfolg die Jugendarbeit. Wir werden weiterhin davon leben, unsere Nachwuchskräfte so zu entwickeln, dass wir jedes Jahr ein oder zwei davon in der ersten Mannschaft integrieren und dort möglichst zu Nationalspielerinnen reifen lassen.

Ist es für Sie schwerer, sich die qualitativ notwendigen Neuzugänge zu schnappen?

Wir bekommen in der Regel die Spielerinnen, die wir haben wollen. Natürlich in dem Finanzrahmen, in dem wir uns bewegen, absolute Topspielerinnen können wir nicht verpflichten. Aber wir merken bei den Gesprächen immer, dass wir weiterhin als Topadresse gesehen werden.

Den letzten Titel holte Potsdam 2012, die letzte Champions-League-Qualifikation gelang 2013. Seitdem sinken auch die Zuschauerzahlen bei Heimspielen. Wie kann Turbine wieder attraktiver werden?

Sicherlich muss man im Marketing und in der Öffentlichkeitsarbeit einiges anschieben, um wieder mehr Leute ins Stadion zu locken. Aber vor allem braucht es geregelte Anstoßzeiten. Wir haben hinter den Kulissen immer wieder die Diskussion, dass drei oder vier Wochen vor einem Spiel durch den Deutschen Fußball-Bund oder eben das Fernsehen festgelegt wird, dass von den eigentlichen Zeiten abgewichen wird. Das wollen wir nicht, denn das kostet uns viele Zuschauer. Wenn wir wie letztes Jahr zweimal am Montagabend um 18 Uhr spielen müssen, dann ist das eine katastrophale Zeit – da bleiben 200 oder 300 Leute weg, weil sie gar keine Möglichkeit haben hinzukommen. Wichtig ist aber auch, dass wir weiterhin mit Testspielen in der Region präsent sind, um zu zeigen, welche Qualität der Frauenfußball bietet. Darüber können wir neue Stadionbesucher gewinnen.

Stichwort „gewinnen“: Beim ersten Pflichtspiel der Saison, der DFB-Pokalpartie in Meppen, hat Ihr Team einen klaren Sieg eingefahren. Nun startet für Turbine am Sonntag in Hoffenheim die neue Ligaserie. Welche Ziele haben Sie?

In der Liga wollen wir unter die Top vier und so lange wie möglich ganz oben mitspielen. Im Pokal waren wir letztes Jahr Halbfinalist – da soll es gerne noch einen Schritt weiter gehen.

Worauf wird es dabei ankommen?

Für Titel oder die Champions-League- Qualifikation muss bei einem Verein wie uns alles passen. Da dürfen sich keine Schlüsselspielerinnen verletzten und wir brauchen auch das nötige Spielglück.

Und darüber hinaus?

Wir müssen dringend in der Chancenverwertung effektiver werden. Wir haben ja letzte Saison eine wahnsinnige Zahl an Großchancen einfach nicht genutzt. Es geht jetzt darum, den letzten Schritt hinzukriegen, die Sachen zu vollenden, um den größtmöglichen Erfolg zu haben. Da hoffen wir auf Neuzugang Lena Petermann. Sie bringt vom SC Freiburg eine gute Erfahrung im Toreschießen mit. Wir stehen aber auch vor einer anderen Herausforderung.

Welcher denn?

Wir müssen die Abgänge unserer Leistungsträgerinnen Lia Wälti und Tabea Kemme verkraften.

Beide hatten große sportliche Qualität, aber auch viel Verantwortung. Wer soll diese Führungsrollen nun übernehmen?

In der Pflicht steht ganz klar unsere neue Kapitänin Svenja Huth. Und die erfahrenen Spielerinnen Lisa Schmitz, Johanna Elsig, Sarah Zadrazil und Felicitas Rauch als Vizekapitänin müssen ebenso vorweggehen und aus dem Schatten heraustreten, den vorher Lia Wälti und Tabea Kemme geboten haben.

Zwei Jahre lang sind Sie nun Teilzeit-Bundesligatrainer und Teilzeit-Lehrer an einem Potsdamer Gymnasium. Wie funktioniert das?

Ich finde, es läuft perfekt. Die Organisationsstruktur passt. Am Vormittag, wenn ich unterrichte, leiten mein Athletiktrainer Alex Kirch und meine Co-Trainer Dirk Heinrichs und Josephine Schlanke die Einheiten. Nachmittags stehe ich auf dem Platz.

Das Gespräch führte Tobias Gutsche.

Matthias Rudolph, 36, spielte unter anderem für den SV Babelsberg. Seit zwei Jahren ist er Cheftrainer bei Bundesligist Turbine Potsdam. Zudem arbeitet er als Lehrer an einem Gymnasium.

Tobias Gutsche

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