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Leere Fußballtribünen, wie hier im Olympiastadion, wirken auf den ersten Blick befremdlich.

© IMAGO/Jan Huebner

„Trauer unterm Flutlicht“: Hertha startet Modellprojekt zur Trauerkultur im Fußball

Mit einem neuen Projekt will der Berliner Verein dem Bedürfnis der Fans nach kollektivem Gedenken Raum geben. Außerdem soll die Trauerkultur im Fußball professionalisiert werden.

Volle Fußballtribünen wirken nach außen meist anonym. Sie bestehen aus vielen Menschen, die in der Spannung, in der Euphorie, im erlösenden Jubel oder in der Enttäuschung einer Niederlage zu einer Einheit werden. Von außen sichtbar ist dann nur der einfarbige Block, der über dem Spielfeld wacht und den rollenden Ball mit Sprechchören antreibt.

Aber auf den Tribünen kennt man sich. Vor allem langjährige Stadionbesucher:innen sind einander nicht fremd, sie verbindet eine Vereinskameradschaft, die eine ganz besondere Form der Freundschaft ausmacht.

Auch unter den Hertha-Fans gibt es sie; eine Fangemeinschaft, die der Verein selbst sicher gerne sieht, weil sie die einzelnen Fans abholt und über Jahrzehnte an den Verein bindet. Denn Menschen brauchen Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlen – von Hertha auch als „blau-weiße Familie“ genannt.

Voneinander Abschied nehmen

Dieser Begriff fällt auch bei der Vorstellung des neuen Projektes von Hertha BSC. Unter dem Namen „Trauer unter Flutlicht“ will der Berliner Traditionsverein dem Tod und der Trauer in der Fangemeinde Raum geben. Begriffe, die dem Euphorie- und Spaßsport auf den ersten Blick so fern scheinen

„Wir haben in den vergangenen Jahren gemerkt, dass es unter unseren Fans das große Bedürfnis gibt, sich auch im Rahmen unserer blau-weißen Familie voneinander zu verabschieden und gemeinsam zu gedenken“, so Donato Melillo, Direktor Fan- & Mitgliederservice bei Hertha BSC.

Professionelle Trauerarbeit im Vereinskontext

Das Modellprojekt wurde im September ins Leben gerufen und will sich in den kommenden zwölf Monaten auf die Entwicklung eines innovativen Rahmenkonzepts für die Trauerarbeit im Vereinskontext konzentrieren, allen voran für Fans und Mitglieder:innen.

Die Idee: Eine professionelle Struktur für die Trauerarbeit im Fußball zu schaffen, die über den Tod hinausreicht. Denn die Treue zum Lieblingsklub gehe über den Tod hinaus, sagt Carmen Mayer vom Projekt „Trauer und Fußball“.

Vorlage für andere Clubs

„Für viele Fans endet die Verbindung zu ihrem Herzensverein auch nach dem Tod nicht.“ Das Projekt soll systematisch Organisationsstrukturen für die Trauerkultur von verstorbenen Fans und Mitgliedern in ihren Klubs aufzubauen, heißt es in einer Pressemitteilung von Hertha. Eine entsprechende Webseite soll die Aktivitäten von Vereinen und Fanprojekten zum Thema Trauerkultur im Fußball auflisten.

Hertha BSC engagiert sich als Modellverein besonders stark in diesem Projekt. Die entstehenden Konzeptbestandteile sollen später als Vorlage für andere Clubs dienen und individuell an deren Bedürfnisse angepasst werden können.

Das Projekt wird vom „Pool zur Förderung innovativer Fußball- und Fankultur“ (PFiFF)„ der DFL gefördert und von der „BBAG e.V. - KickIn!“ in Kooperation mit dem Projekt „Trauer und Fußball“ und Hertha BSC durchgeführt. Wenn Fans sterben, rollt der Ball zwar weiter und das Flutlicht bleibt an, aber die Trauer auf den Rängen soll nicht im luftleeren Raum bleiben. Dafür soll das Projekt sorgen.

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